Essen. Das Mutterland des Fußballs sehnt sich nach dem ersten großen Titel seit 1966. Top-Stürmer Harry Kane soll es diesmal richten.

Geschichte hatte Harry Kane schon in der Qualifikation zu dieser Europameisterschaft geschrieben. Nie war es einem englischen Nationalspieler gelungen, in zwei aufeinanderfolgenden Länderspielen im Wembley-Stadion drei Tore zu erzielen. Beim 7:0 gegen Montenegro im November 2019 traf der Kapitän nach Belieben: zweimal mit dem Kopf, einmal mit rechts, mülleresk aus der Drehung. In der Qualifikation stand der 27-Jährige an der Spitze der Torjägerliste (12) vor Cristiano Ronaldo (36 / Portugal) und Eran Zahavi (33 / Israel), die je elfmal trafen.

Harry Kane mit 34 Treffern in 53 Länderspielen

Natürlich Kane. 34 Treffer in 53 Partien für die Three Lions stehen auf seinem Konto. Ein waschechter Mittelstürmer, einer, den sie auf der Insel schon lange nicht mehr hatten. Und jemand, der der Fußballnation mit langer Tradition, die jüngst so erfolglos war, in diesem Sommer endlich den langersehnten Titel sichern soll.

So waren die Engländer, die mit nur einer Niederlage durch die Qualifikation zur paneuropäischen EM marschiert sind, ja auch schon in die Weltmeisterschaft 2018 gestartet. Mit großen Hoffnungen – und am Ende wenig Ertrag. Kane wurde in Russland zwar mal wieder bester Torjäger, in den wichtigen Partien in der K.o.-Runde allerdings ging ihm die Puste aus.

Blamage zwang die Engländer 2008 zum Umdenken

Nationaltrainer Gareth Southgate (50) will aus dem vierten WM-Platz gelernt haben: „Wir hatten uns taktisch vorbereitet, wir hatten das Team physisch vorbereitet, aber trotzdem war der physische Aspekt ein Schritt ins Unbekannte.“ Regeneration und kluge Auswechslungen sollen nach der intensiven Premier-League-Saison – die Kane, na klar, als bester Schütze abschlossen hat – nun der Schlüssel zum Erfolg sein.

Es gibt auch gute Gründe dafür, dass die Engländer womöglich endlich wieder jubeln dürfen. Viel hängt mit dem Turnier von 2008 zusammen – für das die Three Lions gar nicht qualifiziert waren. Und diese Blamage sorgte für ein Umdenken im Verband, die Nachwuchsarbeit wurde nach französischem Vorbild zentralisiert.

Jadon Sancho, Phil Foden und Mason Mount auf der Bühne

Die Juniorennationalmannschaften versammeln sich seit dem Jahr 2012 regelmäßig im Trainingszentrum St. George’s Park, wo auch die Trainerausbildung reformiert wurde. Nationaltrainer Southgate etwa sammelte bis zu seiner Beförderung einschlägige Erfahrungen mit U-Teams.

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Das Resultat: England holte die Titel bei U17- und U20-Weltmeisterschaften und brachte jede Menge Top-Talente wie Jadon Sancho (21) von Borussia Dortmund hervor, die nun ihr erstes großes Turnier spielen werden. Nur drei Profis im vorläufigen Aufgebot sind älter als 28 Jahre. Zwei prägende Spieler der englischen Champions-League-Finalteilnehmer Manchester City und FC Chelsea waren Phil Foden (21) und Mason Mount (22).

Auch bei den anderen Top-Klubs der Premier League gehören – anders als in den vergangenen Jahren – junge englische Spieler zum Stammpersonal. Einzig auf der Torhüterposition hat Trainer Southgate nicht die Möglichkeiten anderer Nationen.

Kane steht vor dem Abschied aus Tottenham

Nicht so natürlich im Sturmzentrum mit Harry Kane. Der Noch-Stürmer von Tottenham Hotspur dürfte eine prägende Figur dieser EM werden – und darüber hinaus. Kane hat bei seinem Jugendklub einen Wechselwunsch hinterlegt, ein Transfer aber soll erst nach dem Turnier verkündet werden. Ein entscheidendes Mitwirken am möglichen Titel dürfte seine Verhandlungsposition bei Gehalt und Co. noch einmal verbessern.