Essen. Die Arte-Doku „Dick, dicker, fettes Geld“ geht den Ursachen der weltweiten Fettleibigkeit auf den Grund. Und überrascht mit Lösungen.

Mediziner prognostizieren, dass 2030 zwei Milliarden Menschen an Fettleibigkeit leiden werden. Adipositas verursacht einen massiven Anstieg bei Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs – und führt weltweit zu schwersten Belastungen des Gesundheitssystems. Doch auch heute schon sterben in manchen Teilen Amerikas mehr Menschen an vermeidbaren Zucker-Krankheiten als durch Kriminalität.

Gerade dort, wo der amerikanische Traum nicht mehr nach Freiheit, sondern nach Cola und Toast schmeckt, sind die Krisenzeichen alarmierend. Aus Nord-, Mittel- und Südamerika stammen denn auch die meisten Beispiele, die Thierry de Lestrade und Sylvie Gilman für ihren Film zusammengestellt haben.

Übergewicht: Marketingtrick ersetzte Fette durch Zucker

Zwar braucht ihre erhellende Dokumentation, die Arte am Dienstagabend zeigt, fast eine Stunde, um zum interessantesten Teil zu kommen – zu der Lösung, wie die tickende Kalorienbombe entschärft werden könnte. Aber ihr Film sei jedem empfohlen, der sich über die Zukunft unserer Welt Gedanken macht, erst recht Julia Klöckner, der bei uns aktuell zuständigen Bundesministerin für Ernährung.

Statt Haushaltszucker – das sind fünf Alternativen

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    Zunächst noch erklärt „Dick, dicker, fettes Geld“ anschaulich und anhand alter Reklamespots, wie es zu der globalen Fehlentwicklung gekommen ist. Wie also durch einen Marketingtrick in den 70er-Jahren Fette in Nahrungsmitteln plötzlich als Dickmacher verdammt und durch billigen Zucker und Geschmacksverstärker ersetzt wurden.

    Wie das Hormon Insulin durch überhöhte Zuckerzufuhr, zum Beispiel aus gesüßten Getränken, ein ständiges Hungergefühl verursacht und letztendlich die Darmflora dauerhaft schädigt. Und also wodurch Junkfood uns allmählich vergiftet.

    Industrie dominiert unsere Ernährung – und verdient fett daran

    Fettleibigkeit ist demnach kein individuelles Problem, sondern ein kollektives Versagen, ein soziales Problem: Gerade Arme haben keine Chance, sich zu entscheiden, was sie essen – solange Wasser im Supermarkt teurer ist als Limonade oder ein Apfel gar nicht erst im Angebot.

    Eine Handvoll multinationaler Lebensmittelkonzerne dominiert unsere Ernährung durch industriell produzierte Nahrungsmittel voller Zucker, Salz und Fett. Eine machtvolle Industrie, die sehr fett daran verdient und sich mit Milliarden-Etats für Lobbyarbeit und Marketing gegen jede Veränderung sträubt.

    Familie Hamilton lebt in einer der ärmsten Gegenden Washingtons, in einer Lebensmittelwüste, in der es meilenweit keine frischen Produkte gibt. Auch ihre Probleme werden in der Arte-Doku „Dick, dicker, fettes Geld“ behandelt.
    Familie Hamilton lebt in einer der ärmsten Gegenden Washingtons, in einer Lebensmittelwüste, in der es meilenweit keine frischen Produkte gibt. Auch ihre Probleme werden in der Arte-Doku „Dick, dicker, fettes Geld“ behandelt. © © Nilaya Productions | Handout

    Ein schlichtes Gesetz zeigt in Chile Erfolge

    Ausgerechnet aus Südamerika, aus Chile, kommt nun ein Lösungsvorschlag, der so mutig wie effektiv ist. Trotz enormen Drucks brachte dort ein Senator 2016 ein schlichtes Gesetz auf den Weg: Alle Fertigprodukte, auch die internationalen, werden hinsichtlich ihrer Zucker-, Salz- und Fettgehalte gut lesbar gekennzeichnet. Produkte mit einem Warnaufdruck dürfen nicht mehr beworben werden. Im Unterricht lernen schon Grundschulkinder, was die Symbole bedeuten und welche Folgen sie mit sich bringen.

    So konnte binnen 18 Monaten der Verbrauch an gesüßten Getränken um 25 Prozent gesenkt werden. Ein enormer Aufklärungserfolg – wo doch jetzt Kinder ihren Eltern erklären, was sie nicht mehr kaufen sollen. Uruguay und Mexiko wollen noch in diesem Jahr folgen – während Europa und Deutschland noch über eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie und den bunten Nutri-Score diskutiert.

    • Dienstag, 14. April, 20.15 Uhr, Arte: „Dick, dicker, fettes Geld“