Berlin. Markus Lanz verabschiedete 2022 mit vielen Gästen. Besonders bewegend waren die persönlichen Geschichten aus der Ukraine und dem Iran.

Der erste Gänsehautmoment des diesjährigen Jahresrückblicks passierte direkt zu Beginn. Neben Markus Lanz sitzt Banoo, eine iranische Frau, die vor zwei Wochen nach Deutschland geflohen ist. Aus Sicherheitsgründen will sie nur bei ihrem Vornamen genannt werden.

Sie war von der Sittenpolizei verhaftet worden, weil sie öffentlich gegen das Mullah-Regime demonstriert hatte. Zwölf Tage saß sie in Einzelhaft. Sie erzählte von Erniedrigungen und Schlägen durch die Sicherheitskräfte, von dunklen Räumen ohne Tageslicht und schreienden Kindern.

Iran bei „Markus Lanz“: „Das sind keine Proteste mehr, es ist eine Revolution.“

Dennoch kämpfte sie nach ihrer Entlassung weiter – auch in Deutschland. „Aus unserer Sicht ist das, das Ende der islamischen Republik“, spricht sie mit klarer Stimme in die Kamera und zerreißt ihren iranischen Pass. Davor erinnerten Dutzende Fotos an die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die bisher während der Proteste gegen das Mullah-Regime ermordet worden sind.

Die Menschen im Iran würden seit mehr als 40 Jahren unter einem Regime leiden, das tötet, foltert und den Menschen die Luft zum Atmen nimmt, erklärte auch die deutsch-iranische Journalistin Natalie Amiri. Was gerade geschehe, seien allerdings „keine Proteste mehr, es ist eine Revolution.“

Eine Frau steht während einer Demonstration nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini vor einem brennenden Autoreifen und zeigt das Victory-Zeichen.
Eine Frau steht während einer Demonstration nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini vor einem brennenden Autoreifen und zeigt das Victory-Zeichen. © Uncredited/AP/dpa

Trotz der eindrücklichen Bilder und Worte, moderierte Lanz die Erzählungen erschreckend routiniert weg: „Puh! Das wird nicht ohne Nachhall bleiben. Vielleicht ganz gut, dass wir jetzt über Sport reden“, sprach der Moderator – und begrüßte etwas holprig Fernsehmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein und Martina Voss-Tecklenburg, die Bundestrainerin der deutschen Frauennationalmannschaft.

Jahresrückblick bei „Lanz“: Ukraine-Krieg ist wichtiges Thema

Ein weiterer emotionaler Höhepunkt der Sendung war der Besuch der Ukrainerin Hanna Polonska. Sie hatte das Massaker von Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte getötete Zivilistinnen und Zivilisten aufgefunden wurden, überlebt, bei dem Angriff jedoch ihren Ehemann und ihr ungeborenes Kind verloren. „Ich habe nur noch meine Hündin“, erzählte sie unter Tränen im Studio.

Mittlerweile lebt die Deutschlehrerin in Berlin und kämpft sich dort zurück ins Leben. „Jeder Schritt fällt mir nicht so einfach", erzählte Polonska, die bei dem Angriff selbst schwer verletzt wurde, über ihren Gesundheitszustand.

Zerstörte Häuser rund 4 Wochen nach dem Angriff russischer Truppen auf Butscha.
Zerstörte Häuser rund 4 Wochen nach dem Angriff russischer Truppen auf Butscha. © Reto Klar / Funke Foto Services

Auch der ehemalige Innenminister Politiker Gerhart Baum äußerte sich zum Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und betonte: „Wir haben das Glück, in Freiheit zu leben. Jetzt müssen wir Verbündete aller Verfolgten auf der Welt sein, die nicht in Freiheit leben können.“

„Lanz“: Söder und Merz sprechen über "Letzte Generation"

Um über die aktuelle Lage in Deutschland zu sprechen, schalteten sich unter anderem CSU-Chef Markus Söder und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz ins Studio. Bereits am Mittwoch hatte Merz auf einen härteren Umgang mit den Klimaaktivisten der „Letzten Generation“, die Straßen und Flughäfen blockieren oder sich an Kunst kleben, gedrängt. Bei Lanz betonte er seine Forderung, da sonst die Gefahr einer Eskalation bestehe. „Eine Verharmlosung der Gewalt gegen Sachen führt uns am Ende des Tages auf Abwege.“

Zuspruch bekam er von seinem bayerischen Parteikollegen Markus Söder: „Wir haben in Bayern eigentlich das Motto „Leben und leben lassen“, deswegen würde ich sagen „Kleben und kleben lassen“. Doch anstatt sich auf Straßen zu kleben, würde er den jungen Menschen, die etwas Gutes für das Klima tun wollen, lieber raten, „Bäume zu pflanzen, Wälder zu säubern, Moore zu renaturieren. Da gibt es doch so viele tolle Dinge.“ Dass es eben nicht nur mehr Bäume, sondern auch konkrete Maßnahmen der Politik bräuchte, um das Klima vor dem Kollaps zu bewahren, ignorierte Söder in seinem zynischen Kommentar gekonnt.

Am Ende wurde es dann noch mal persönlich, als SPD-Politiker und Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Studio Platz nahm. Wie es für ihn sei, so viel Kritik abzubekommen, wollte der Moderator von Lauterbach wissen: „Ich muss damit leben“, erklärte dieser. „Es beeinträchtigt meinen Alltag. Doch als Gesundheitsminister ist es meine Pflicht, alle zu schützen, da ist jedes Selbstmitleid fehl am Platz.“

„Markus Lanz“ – So liefen vergangene Sendungen