Berlin. Schläge, Tritte, Verbrennungen: Der ZDF-Film „Stumme Schreie“ behandelt das Thema Kindesmisshandlung ebenso einfühlsam wie packend.

„Menschen, die Kinder misshandeln, sind Serientäter“, erklärt der Rechtsmediziner Kurt Bremer (Juergen Maurer) der angehenden Kollegin Jana Friedrich (Natalia Belitski). Und legt ein wenig später gleich noch einen drauf: „Familie ist nicht immer der warme, kuschelige Ort, der dem Kind Schutz bietet.“

Es ist ein starkes Stück, das sich Drehbuchautor Thorsten Näter und Regisseur Johannes Fabrick mit ihrem Film „Stumme Schreie“ vorgenommen haben. Das ZDF zeigt das Drama am Montagabend um 20.15 Uhr.

Basierend auf dem Buch des renommierten Berliner Rechtsmediziners Michael Tsokos („Deutschland misshandelt seine Kinder“) haben sie eine Geschichte entwickelt, die den Zuschauer in Unruhe versetzen wird. Immerhin sind es 200.000 Schutzbefohlene, die jedes Jahr in der Familie Schlägen, Tritten oder Verbrennungen ausgesetzt sind.

ZDF-Drama über Kindesmisshandlung – auch die Ärztin ist betroffen

Eigentlich hatte Jana ja die herkömmliche Pathologie für ihre Facharztausbildung erwartet. Doch die Tatsache, dass ihr Mentor sich verstärkt um misshandelte Kinder kümmert, hat sie einfach mitgerissen. Der Professor wiederum hat in der angehenden Ärztin etwas entdeckt, dass sie selbst eigentlich längst vergessen wollte – diesen schlagenden Vater, der in ihren Träumen immer wieder auftaucht.

Schon von ihrem ersten Patienten, einem Jungen, der angeblich allein seine Hand auf eine glühende Herdplatte gelegt hat, kann sie lernen. Sie ist sofort bereit, den Vater dafür verantwortlich zu machen, muss schließlich aber erkennen, dass auch Mütter ihren Frust sehr wohl an ihren Kindern auslassen können.

Der Zuschauer wird anfangs etwas überfordert

Der Zuschauer mag sich anfangs ein wenig überrumpelt fühlen – es prasselt wirklich viel auf ihn ein. Schauspieler Juergen Maurer macht in diesen Momenten aus seinem Professor eine atemlose Erscheinung: Pausenlos gibt er seine Erkenntnisse in Sachen Kindesmissbrauch von sich. Aber das muss wohl sein, um zu begreifen, was hier zwischen Klinik, Polizei, Jugendämtern und freien Trägern ausgefochten wird.

Aber „Stumme Schreie“ will nicht nur informieren, sondern hält auch noch eine durchgängig packende Geschichte bereit. Die dreht sich um die völlig überforderte Dreifachmutter Nicole (Hanna Hilsdorf). Die hat gerade mal wieder in Ronnie (Julius Nitschkoff) einen neuen Partner daheim, der mit Kindern jedoch nicht viel anfangen kann.

Ein Tauziehen zwischen Ärzten, Mutter und Betreuern

Einmal mit den Kleinen allein gelassen, nimmt er in einem Wutanfall das schreiende Baby und schüttelt es kräftig. Als die Mutter schließlich mit dem Kind im Krankenhaus erscheint, ist alles schon zu spät. Anklagen kann man ihn nicht, weil die Mutter beteuert, dass sie bei diesem „Unglück“ anwesend war.

Was sich nun entwickelt, ist ein Tauziehen zwischen Erkenntnissen der Ärzte, dem Blocken der Mutter und den wenig kompetenten Betreuern der Familie, die hier immer nur das Gute sehen wollen.

Der Film lebt zweifellos von einem exzellenten Drehbuch, hat daneben aber auch zwei weitere starke Standbeine. Das eine ist der Kameramann Helmut Pirnat, der mit seiner Handkamera hin und wieder überraschende Bilder liefert. Das zweite ein Regisseur in Johannes Fabrick, der in seinen Filmen schon oft gezeigt hat, dass er umsichtig inszeniert und stark auf die Gefühle seiner Protagonisten setzt. Bei einem schockierenden Thema wie diesem ist er genau der richtige Mann.