Erfurt. In den vergangenen Monaten gab es mehrfach Kritik an der Polizei, die bestehenden Corona-Regeln bei sogenannten Hygienespaziergängen nicht ausreichend durchzusetzen. Auch aus Sicht des Innenministeriums lief nicht immer alles optimal.

Vertreter des Thüringer Innenministeriums haben im Landtag Probleme bei der Durchsetzung von Corona-Auflagen in den vergangenen Monaten eingeräumt. Bei sogenannten Hygienespaziergängen und ähnlichen Protesten seien mehrfach zu wenig Polizisten vor Ort gewesen, um diese Regeln effektiv durchzusetzen, sagte Innenstaatssekretär Udo Götze nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag im Innenausschuss des Landtages. Aus dem selben Grund sei es der Polizei wiederholt nicht möglich gewesen, solche Kundgebungen trotz offensichtlicher Verstöße etwa gegen die Maskenpflicht oder Abstandsregeln aufzulösen.

Den Informationen zufolge argumentierte Götze, bei der Entscheidung über eine etwaige Auflösung von Veranstaltungen des Querdenker-Milieus gelte es stets, die Risiken solcher Maßnahmen gegen den mutmaßlichen Nutzen abzuwägen. Stünden nicht ausreichend Polizeikräfte zur Verfügung, sei man unter Umständen gezwungen, deren Teilnehmer laufen zu lassen.

In der Vergangenheit hatte es immer wieder teils scharfe Kritik daran gegeben, dass die Thüringer Polizei bei offenkundigen Verstößen gegen die Corona-Regeln nicht konsequent eingeschritten war. Beispielsweise waren im November 2020 Hunderte Menschen unter den Augen von Polizisten durch die Innenstadt von Hildburghausen gezogen, ohne sich an die geltenden Hygiene-Auflagen zu halten. Der südthüringische Landkreis war seinerzeit bundesweiter Corona-Hotspot.

Während der nicht-öffentlichen Innenausschusssitzung machte Götze nach dpa-Informationen auch Angaben zur Querdenker-Szene in Thüringen. Zum inneren Zirkel der Bewegung gehörten demnach nur etwa 75 bis 100 Personen. Allerdings habe sich gezeigt, dass dieser Personenkreis es schaffe, deutlich mehr Menschen zu mobilisieren - vor allem über das Internet. Das Mobilisierungspotenzial der Szene werde in Thüringen auf bis zu 10 000 Menschen geschätzt. Die Schwerpunkte des Querdenker-Protests in Thüringen lägen in Erfurt und Südthüringen. Zudem habe sich Weimar zuletzt zu einem weiteren Protestschwerpunkt der Querdenker entwickelt.

Nach Angaben Götzes vor den Abgeordneten liegen den Sicherheitsbehörden zum Kern der Szene bereits seit längerem Erkenntnisse vor. Diese Personen hätten eindeutig Bezüge zu Reichsbürgern, Selbstverwaltern und Rechtsextremen. Die Szene werde von einem tiefen Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen und Verschwörungsmythen zusammengehalten. Eine weitere Radikalisierung der Szene sei nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden nicht auszuschließen.