Jena. Der erste Baby-Notarztwagen des Freistaates startet in Jena. Warum es in Zukunft mehr solcher Fahrzeuge brauchen wird.

„Die Situation war unbefriedigend, weil die Arbeitsbedingungen ineffizient waren“, sagt Sebastian Lang, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Jena. Deshalb ergriff er im September 2017 die Initiative und trat das Projekt Baby-Notarzt los. Am Donnerstag konnte nun endlich das Fahrzeug „Felix 22-Thüringen“ an das Perinatalzentrum des Universitätsklinikums Jena übergeben werden.

Der Baby-Notarztwagen ermöglicht einen schonenden und sicheren Transport von Frühchen und kranken Säuglingen. „Felix“ ist zukünftig in ganz Thüringen unterwegs und befördert Babys in die Krankenhäuser. Hauptgrund für die Idee sei gewesen, dass Rettungswagen normalerweise nicht für einen derartigen Transport ausgelegt seien, erklärt Lang. Zudem habe man die Fahrzeuge nicht so warm wie benötigt bekommen, und das Personal habe die komplette Fahrt über stehen müssen.

Johannes Müller übernimmt gemeinsam mit Kollegen des Rettungsdienstes „Pro Life Ambulance“ den Transport von Frühchen und kranken Säuglingen in ganz Thüringen.
Johannes Müller übernimmt gemeinsam mit Kollegen des Rettungsdienstes „Pro Life Ambulance“ den Transport von Frühchen und kranken Säuglingen in ganz Thüringen. © Funke Medien Thüringen | Tobias Leiser

Festes Personal und großer Inkubator

Damit ist nun Schluss: Neben zwei Sitzen in der Fahrerkabine finden im hinteren Teil drei weitere Personen Platz. „Felix“ geht noch einen Schritt weiter, denn der Notarztwagen wird nicht vom regulären Rettungsdienst, sondern von unabhängigem Personal des Rettungsdienstes „Pro Life Ambulance“ (PLA) besetzt. So müssen Notärzte nicht erst das Fahrzeug wechseln, wenn sie dringend gebraucht werden.

„Kurze Realisationszeiten sind sehr wichtig“, betont Hans Proquitté, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Jena. Neben zwei Mann von PLA, die vor allem für den schweren Inkubator gebraucht werden, rücken im Notfall auch ein spezialisierter Arzt mit Intensiverfahrungen sowie eine Krankenschwester aus. Der Inkubator ist extra groß ausgelegt, um ebenso den Transport größerer Säuglinge sowie Kleinkinder zu gewährleisten.

„Die Koordinierung beginnt bereits vor der Geburt“, sagt Sebastian Lang. Als erstes wird Rücksprache mit dem Universitätsklinikum Jena gehalten und das Vorgehen abgestimmt; dann kommt „Felix“ ins Spiel. Weil der Arzt sowie die Krankenschwester erst von der Kinderklinik abgeholt werden müssten, sei die Ausrückzeit etwas länger, so Lang. „Bei so einem Einsatz kommt es nicht auf ein paar Minuten an – aber auf eine halbe Stunde schon“, sagt der Leiter des Rettungsdienstes.

Notfallsänitäterin Britta Grunert demonstriert an einem Inkubator, in welchem eine Puppe liegt, die Behandlung eines Säuglings.
Notfallsänitäterin Britta Grunert demonstriert an einem Inkubator, in welchem eine Puppe liegt, die Behandlung eines Säuglings. © dpa | Bodo Schackow/dpa

Dem Rettungsdienst werden rund 200 Fahrten im Jahr abgenommen

„Nach Hessen ist Thüringen das zweite Bundesland, das den Baby-Notarzt in den Regelrettungsdienst aufnimmt“, sagt Pierre-Enric Steiger, Präsident der Björn-Steiger-Stiftung. Diese stellte 200.000 Euro für die Anschaffung des Fahrzeuges zur Verfügung. Die Kosten für den Inkubator in Höhe von 100.000 Euro übernahm die Kinderklinik.

Pro Jahr wird „Felix“ dem Rettungsdienst rund 200 Fahrten im ganzen Freistaat abnehmen, schätzt Sebastian Lang. Er geht davon aus, dass wegen der sinkenden Geburtenrate immer mehr Geburtshäuser schließen müssten, wodurch auch der Bedarf am Baby-Notarzt steigen werde. „Ziel ist es“, so Lang, „dass jedes Level-1-Krankenhaus in Thüringen so ein Fahrzeug hat.“ Neben der Uniklinik Jena zählen dazu das Helios-Klinikum Erfurt und das SRH-Zentralklinikum Suhl.

Weitere Nachrichten zum Thema: