Jena. Medizinerin Jutta Hüber hat den Onko-Kreis für Thüringer Krebspatienten und deren Angehörige initiiert. Ein Gespräch über die drängenden Fragen der Betroffenen.

Die Thüringische Krebsgesellschaft lädt regelmäßig zum Onko-Kreis, das ist eine Vortrags- und Gesprächsreihe für Krebspatienten und deren Angehörige. Wir sprachen mit Initiatorin Jutta Hübner, Professorin für Integrative Onkologie am Universitätsklinikum in Jena, anlässlich des Starts des zweiten Halbjahresprogramms.

Frau Hübner, welche Themen treiben Krebspatienten um?

Am meisten beschäftigt sie das, was bei der Therapie passiert, die Nebenwirkungen und was man dagegen tun kann, bis hin zur eigenen Lebensführung – von Ernährung und Bewegung bis zu Naturheilverfahren. Wir erklären ihnen aber auch, was Krebs genau ist, was da im Körper passiert.

Was passiert da genau?

Zellen entwickeln eine Fehlsteuerung, dadurch wachsen sie vermehrt, teilen sich unkontrolliert. Aus solchen einzelnen Zellen entstehen immer mehr, die die Nachbarzellen angreifen und zerstören und damit alle Merkmale der Bösartigkeit aufweisen.

Würden gutartige Tumore andere Zellen nicht zerstören, sondern nur wuchern?

Genau.

Was raten Sie den Menschen, die wissen wollen, wie sie Einfluss auf ihre Krebserkrankungen nehmen können?

Tatsächlich ist die allerbeste Antwort: Bewegen bis hin zum Sport. Alles, was Spaß macht, ist erlaubt – von der Gartenarbeit über das Gassi gehen mit dem Hund bis zu richtigen Sportarten. Für die, die noch nicht so kräftig sind, empfiehlt sich Reha-Sport. Genauso wichtig ist die ausgewogene, gesunde Ernährung; keine einseitigen Krebsdiäten und ähnliches! Man darf sich auch mal etwas Gutes gönnen, die Ernährung soll ja Spaß machen. Für einzelne Nebenwirkungen kann man auch auf klassische Naturheilverfahren wie die Pflanzenheilkunde zurückgreifen.

Helfen Bewegung und Ernährung bei der Heilung oder mindern sie die Nebenwirkungen?

Bei der Bewegung sind wir uns mittlerweile recht sicher, dass sie einen ausgesprochen positiven Effekt auf die Prognose hat. Bei der Ernährung gibt es gute Hinweise. Bei den Naturheilverfahren müssen wir ein bisschen bescheidener sein. Aber selbst wenn wir nur die Nebenwirkungen vermindern, bedeutet das ja, dass unsere Patienten die Therapien besser durchstehen. Damit können die wiederum besser wirken. Wir haben also einen indirekten Effekt.

Was wären Nebenwirkungen, die man mit Naturheilverfahren mildern kann? Hautreaktionen?

Wir können tatsächlich bei trockener Haut naturheilkundlich helfen. Oft bieten wir aber Kombinationen aus schulmedizinischen Nebenwirkungstherapien und naturheilkundlichen Verfahren an. Ein Beispiel: Bei Übelkeit und Erbrechen haben wir inzwischen sehr effektive Medikamente. Aber wir können noch Ingwer dazu geben, der die ganze Sache noch einmal verbessert.

Was sagen Sie einem Patienten, der damit hadert: Warum gerade ich?

Die meisten Menschen, die sich für diese Frage interessieren, haben erstaunlicherweise ziemlich risikoarm gelebt, haben in der Regel nicht geraucht, nicht viel Alkohol getrunken, sich gesund ernährt und bewegt. Sie muss man darauf hinweisen: Es ist etwas Schicksalhaftes. Die positive Botschaft ist, wenn man vorher schon alles richtig gemacht hat, fällt es einem nicht so schwer, jetzt weiterhin alles richtig zu machen.

Frau Hübner, Sie offerieren sogar Tanzkurse für Krebspatienten. Wie sind Sie darauf gekommen?

Wir wissen, Bewegung ist gut. Ich selbst habe vor ein paar Jahren wieder angefangen zu tanzen, und habe gedacht: Das ist eigentlich eine tolle Bewegungsart. Wir machen Paartanz, das heißt, wir nehmen die Angehörigen ganz bewusst mit dazu. In Jena wird regelmäßig mittwochs getanzt. Wir bieten aber auch kompakte Workshops an, in denen es abwechselnd Vorträge gibt und getanzt wird. Nächstes Jahr haben wir vor, mit einem Flashmob auf das Thema aufmerksam zu machen „Krebs ist nicht unbedingt ein Todesurteil“ beziehungsweise „Lebensfreude hilft auch Krebspatienten“.

Häufigste Arten von Krebs

  • Bei Männern: Prostata (21 Prozent), Lunge (13 Prozent), Darm (13 Prozent)
  • Bei Frauen: Brustdrüse (29 Prozent), Darm (13 Prozent), Lunge (6 Prozent)

Programm des Onko-Kreises bis Jahresende

Die Veranstaltungen finden in der Thüringischen Krebsgesellschaft in der Jenaer Paul-Schneider-Straße 4, jeweils von 16 bis 17 Uhr, statt.

  • 16. September: Ernährung für Patienten mit einer Krebserkrankung
  • 30. September: Nebenwirkung der Krebsbehandlung und deren Therapie
  • 21. Oktober: Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll – Krebs und Psyche
  • 28. Oktober: Engagement in eigener Sache – Selbsthilfe hilft
  • 11. November: Clever vorsorgen – Testamentsgestaltung
  • 25. November: Patientenverfügung – Wichtig aber Richtig!
  • 2. Dezember: Wie kann mir eine Rehabilitation helfen?

Die Jenaer Tanzschule „Führbar“ bietet jeden Mittwoch von 17.30 bis 18.30 Uhr Am alten Güterbahnhof 1 einen Tanzkurs für Krebserkrankte und Angehörige an. Der Einstieg ist jederzeit möglich; die Kosten belaufen sich auf zwei Euro pro Person und Stunde. Ansprechpartner ist Ronny Pietsch, unter Telefon 03641-4799960.