Berlin/Düsseldorf/Tübingen. Gesundheitsminister Spahn erwartet eine Corona-Epidemie in Deutschland. Die Entwicklung belastet zunehmend die Wirtschaft. Einige Sportveranstaltungen wie Olympia in Tokio stehen auf der Kippe.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rechnet hierzulande mit einer Ausbreitung des Coronavirus. „Wir befinden uns am Beginn einer Corona-Epidemie in Deutschland“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. „Die Infektionsketten sind teilweise – und das ist eine neue Qualität – nicht nachzuvollziehen.“ Vor diesem Hintergrund sei es fraglich, ob die bisherige Strategie zum Eingrenzen des Virus und zum Beenden der Infektionsketten weiter aufgehe.

In Deutschland waren seit Dienstagabend bis zum frühen Mittwochabend sieben Infektionen bekannt geworden. Die Epidemie schlägt zunehmend auch auf die Wirtschaft durch. Sportveranstaltungen wie das Formel-1-Rennen in Vietnam und die Olympischen Spiele in Tokio sind ungewiss.

Spahn sagte, noch sei Deutschland in der Phase, mögliche Infektionen frühzeitig zu erkennen und Kontaktpersonen zu isolieren. Es könne aber die Phase eintreten, in der nicht alle Kontakte ermittelt werden könnten.

Nicht bei jedem Husten zum Arzt – Server überlastet

Der Minister rief die Bevölkerung auf, nicht bei jedem Husten zum Arzt zu gehen. Aber die Bürger sollten ihren Hausarzt anrufen, wenn sie innerhalb von 14 Tagen nach einer Reise in ein Risikogebiet Fieber, Husten oder Atemnot hätten. Bei vorhandener Symptomatik und einem Verdacht solle besser einmal mehr auf das Virus getestet werden als einmal zu wenig.

Angesichts der Entwicklung stieg die Sorge der Bundesbürger, wie Zugriffszahlen auf Webseiten deutscher Gesundheitsbehörden zeigen. Vor dem Hintergrund des Coronavirus seien die Server überlastet, hieß es am Mittwoch auf Anfrage bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin schrieb auf Twitter: „Der Zugriff auf die RKI-Internetseite ist derzeit eingeschränkt, wegen stark erhöhter Zugriffszahlen.“ Auch das Bundesgesundheitsministerium hatte auf Twitter von der eingeschränkten Verfügbarkeit der Web-Startseite berichtet.

Touristenmesse in Berlin verbietet Verdachtspersonen Zutritt

Die Epidemie beeinträchtigt auch zunehmend die Wirtschaft. Die weltgrößte Tourismusmesse ITB in Berlin verschärft wegen der Ausbreitung des Virus auf Anweisung der Gesundheitsbehörden die Vorgaben. Aussteller, die innerhalb der vergangenen 14 Tage in den jeweiligen Risikogebieten in China, Iran, Italien oder Südkorea waren, Kontakt zu einer infizierten Person hatten oder Anzeichen typischer Symptome wie Fieber, Husten oder Atembeschwerden haben, erhalten keinen Zutritt zum Messegelände, wie die Betreiber mitteilten.

Die EU-Kommission rechnet mit negativen Folgen des Coronavirus: „Wir werden Auswirkungen haben“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. Für eine seriöse Vorhersage sei es aber noch zu früh.

Formel 1und Olympia vor Absage

Auch der Sport bekommt die Folgen der Epidemie zu spüren: Eine Absage des Formel-1-Rennens in Vietnam rückt näher. Ein Funktionär der Gastgeber-Stadt Hanoi schloss eine Streichung der Premiere der Motorsport-Königsklasse in dem Land nicht aus. „Wenn die Situation im März kompliziert wird, wenn es gestoppt werden muss, dann müssen wir es absagen“, sagte der Präsident von Hanois Volkskomitee, Nguyen Duc Chung Chung. Die Premiere auf dem rund 5,6 Kilometer langen Kurs ist für den 5. April vorgesehen.

Auch eine Absage der Olympischen Spiele in Tokio könnte unter Umständen möglich sein. In diesem Fall wären die Veranstalter laut IOC-Mitglied John Coates finanziell ausreichend aufgestellt. „Die Spiele werden nicht abgesagt“, sagte das australische Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees dem „Sydney Morning Herald“. „Aber wenn die Spiele abgesagt werden, ist das IOC in der Lage, den Mitgliedersport und die NOCs (die Nationalen Olympischen Komitees) weiter zu finanzieren.“ Coates ist Teil des IOC-Koordinierungsteams für die Tokio-Spiele.