Röblitz. Nah dran: Vier Röblitzer Familien laden in ihre Gärten ein – zum Bestaunen, Fachsimpeln, Genießen und Kunst

Hier der „Sprücheklopfer“, ein Holzhammer über Schiefertafeln mit allerlei mehr oder minder erbaulichen Sätzen. Dort die Musiker-Ecke, wo Grün über Notenständer und Trommel wuchert. Die Rügen-Nische mit grün-weißem Leuchtturm, Treibholz- und Hühnergott-Pyramiden, der Träumer-Tisch mit blindem Spiegel, die Wand aus lauter offenen alten Holztoren, der Flaschenbaum und die Hochbeet-Armada aus Zinkbadewannen. Ein Garten voller Verwandlungen und Mysterien, ein Hort des Bewahrens, ein Platz zum Schweben.

Hinterm Haus mit der Nummer 31 an der Langenschader Straße in Unterwellenborns Ortsteil Röblitz liegt das Reich von Diana Arnold-Querengässer und Jens Arnold. Gut 1500 Quadratmeter, reich an Grün natürlich, an duftender Farbenpracht. Reich aber auch und vor allem an blühender, wuchernder Phantasie, um am Ende des normalen Lebens von alltäglichen Dingen ein zweites zu inszenieren: der alte DDR-Briefkasten als Hülle fürs Weidestromgerät, eine Leiter als Blumentopfregal, alte Ansaat-Töpfe, die sich zur wankenden Stele erheben oder ein Beet umkränzen.

„Ich kann einfach nichts wegwerfen“, gesteht Diana Arnold-Querengässer, „und was andere aussortieren, landet auch noch bei mir.“ Wie etwa die Sandstein-Fenstersimse aus einem Bamberger Schloss, die nach der Sanierung übrig waren und nun als Sitzbänke ein Rasen-Rund umkreisen. Oder die alten Fensterläden, die auf antiken Nähmaschinengestellen zu Blumentischen werden. Im Jahr 2000 hatte das Paar Haus und Hof in Röblitz gekauft, damals war der Garten noch mehr oder minder eine Pflaumenbaum-Versammlung in wilder Wiese, erinnert sich Jens Arnold. Inzwischen breitet sich hier eine Welt aus, von der schwer zu sagen ist, ob sie ein planvoll überwuchertes Antiquariat oder ein Park mit eingebauten Gerätschaften und Kunst ist. Dessen Bild sich zudem ständig wandelt: „Nichts ist für die Ewigkeit, das Leben ist ein Fluss, der Garten auch“, findet Arnold-Querengässer. Der Mensch formt den Garten – und umgekehrt. „Unkraut zupfen, im Beet arbeiten – ich liebe das“, erklärt sie. Gelernt hat sie Schneiderin, den eigentlichen Traum vom Gärtnern als Beruf hatte die Mutter als brotlos ihr ausgeredet. Nun aber, nach dem Abschied von Nadel und Faden, ist sie seit ein paar Jahren selbstständige Gärtnerin, mit ihrem postgelben Gefährt unterwegs in der ganzen Region, derweil Jens Arnold, ehedem zum Kfz-Mechaniker ausgebildet, für einen Energiedienstleister arbeitet – und deshalb bevorzugt für das Technisch-Handwerkliche im Garten verantwortlich zeichnet.

Seit 2001 gibt es die „Offenen Gärten Thüringen“, veranstaltet von den Verbänden der Landschaftsarchitekten und der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur. Seit etwa 2008 waren die Röblitzer dabei. Denn geteilte Freude ist – mindestens – ein doppeltes Vergnügen, der Austausch mit anderen Grün-Enthusiasten, das Fachsimpeln, das Plaudern. „Ich kann eigentlich zu jedem Stück hier und zu jeder Pflanze eine Geschichte erzählen, und ich mag es, wenn die Leute sich darauf einlassen“, meint Diana Arnold-Querengässer. Was ihr und auch anderen Röblitzer Teilnehmern allerdings zunehmend unschön aufstieß, waren die Vorgaben der Veranstalter: die sogenannten Eingangsgärten, die gegen einen Obolus allein den Zugang gewährten zu den Teilnehmern in der jeweiligen Region; das strenge Verbot, irgendetwas den Besuchern verkaufen zu wollen. Auch die nur spärlichen Vorab-Informationen störten Arnold-Querengässer. „Die Leute wollen doch wissen, was sie so erwartet, bevor sie sich auf den Weg machen“, meint sie. Und wenn sie Freude am Gebotenen haben, etwa an Malerei oder Grafik, dann sollten sie auch kaufen dürfen.

Und so gibt es nun zum zweiten Mal die „Röblitzer Garteneinblicke“ als eigene Veranstaltung, nach der erfolgreichen Premiere im vorigen Jahr, als ungefähr 450 Besucher durch die grünen Oasen der Familien Arnold-Querengässer, Zobel, Schlegel und Grötzsch streiften, sämtlich auch im Verein Röblitzer Rundling verbandelt, dessen kleines, feines Dorf-Rockfestival längst mehr als ein Geheimtipp ist. Am kommenden Sonntag von 9 bis 17 Uhr öffnen die vier Familien ihre nur wenige Schritte voneinander entfernten Höfe und Gärten. Neben allerlei Blumenpracht, Strauch und Baum sind diverse Mitbringsel, Fund- und Altsachen in ihrer Verwandlung zum Garten-Interieur zu bestaunen. Dazu gibt es richtig schottische Dudelsack-Klänge und andere Musik, präsentieren regionale Künstler ihr Schaffen von Malerei bis zu gehäkelten Tierfiguren. Verhungern oder verdursten wird auch niemand, verspricht Arnold-Querengässer. Und wer mag, darf auch bei ihr überschüssige Pflanzen mitnehmen – denn wegwerfen kann sie ja nichts.