Berlin. Wo sind die Einsteins und Newtons unserer Zeit? Das hat sich auch eine Studie gefragt. Und kam zu einem überraschenden Ergebnis.

Hat es sich ausgeforscht? Ist der letzte Meeresboden ausgeleuchtet, der Welthunger besiegt und jede Krebs-Erkrankung heilbar? Eigentlich nicht, genug Anreize für Forschungen gibt es demnach schon. So überraschen die Ergebnisse der im Fachmagazin "Nature" erschienenen amerikanischen Studie sehr: Demzufolge ist neuere Forschung um 90 Prozent weniger innovativ als noch vor rund 80 Jahren.

Für die Studie wurden 45 Millionen Fachartikel und 3,9 Millionen Patente aller Wissenschaftsbereiche untersucht, die zwischen 1945 und 2010 veröffentlicht wurden. Moderne Wissenschaft "steht nicht nur auf den Schultern von Riesen", sie hat es sich auch auf ihnen gemütlich gemacht, heißt es in den Studienergebnissen.

Auch interessant: Leonardos Paradoxon“ – Forscher lösen 500 Jahre altes Rätsel

Studie: Wie misst man "Innovationen"?

Was ist eine Innovation? Muss man erst das Internet erfinden oder reicht es schon, den Duschvorhang mit Panzertape zu befestigen? Die Forscher hinter der Studie haben einen sogenannten Innovationsscore benutzt, um zu bestimmen, wie viel Neues in einer Studie oder einem Patent steckt.

Indem die verwendeten Verben in den Fachartikeln untersucht wurden, konnten für den Innovationsscore viele Jahre der Forschung aus verschiedenen Themengebieten vergleichbar gemacht werden. Wird beispielsweise mehr von "verbessern" statt "produzieren" gesprochen, sei dies ein Hinweis darauf, dass die Untersuchungen keinen bahnbrechenden Forschungsinhalt haben.

Wie oft ein Artikel von anderen Studien zitiert wurde, also welchen Einfluss er auf die Forschungswelt genommen hat, ist ein weiterer Faktor für den Innovationsscore. So sei, obwohl die Wissenschaftsressourcen in den letzten Jahrzehnten um ein Vielfaches gewachsen sind, die Zahl der großen Erfindungen dennoch zurückgegangen.

Wissenschaft arbeitet anders als vor 70 Jahren

"Die Daten deuten darauf hin, dass sich etwas ändert", erklärt Co-Autor und Soziologe Russel Funk im Wissenschaftsmagazin "Nature". "Es gibt nicht mehr dieselbe Intensität bahnbrechender Entdeckungen wie früher".

Woran das liegt, kann bisher nur gemutmaßt werden. So könnte ein Grund die veränderten Arbeitsbedingungen innerhalb vieler Wissenschaftsbereiche sein. Die größere Zahl an Forschenden führt zu einer größeren Konkurrenz, aus der sich nicht zwangsläufig Innovationen ergeben.

Eher wollen Wissenschaftler offenbar kein Risiko eingehen. Sie strukturieren sich deshalb oft in großen Teams. Die sind laut einer anderen Studie allerdings weniger innovativ als kleine Teams. (os)

Unglaubliche Entdeckungen: Mehr zum Thema