Berlin. Forschenden gelang es erstmals, einen Blitz mithilfe eines Laserstrahls zu lenken. Die Technik soll zukünftig vor Unwettern schützen.

Unwetter sind für die einen faszinierend und für die anderen angsteinflößend, doch sie gehören zum Wetter dazu. Forschende haben mithilfe von Satellitendaten die weltweite Gesamtblitzrate auf 40 bis 120 Blitze pro Sekunde geschätzt. Jährlich kommen dadurch über 4000 Menschen ums Leben, und es werden Schäden in Milliardenhöhe verursacht, heißt es in ihrer Studie.

Wissenschaftler arbeiten deshalb an besseren Schutzmethoden. Bislang waren solche Versuche gescheitert. Nun zeigt ein Team von Forschenden, dass Laser Blitze in eine gewünschte Richtung leiten können. Damit ließen sich künftig etwa Flughäfen, Startrampen und große Infrastruktureinrichtungen vor Unwettern schützen. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift "Nature Photonics" veröffentlicht.

Schutz vor Unwetter: Laser kann als Blitzableiter fungieren

In der Studie beschreiben die Forschenden die Verwendung eines Laserstrahls, der vom Gipfel eines Schweizer Berges aus abgeschossen wird und einen Blitz über mehr als 50 Meter lenken kann. Theoretisch könne die Technik sogar eingesetzt werden, um Blitze überhaupt erst auszulösen, erklärte das Team um Aurélien Houard vom Laboratoire d’Optique Appliquée in Palaiseau bei Paris. Es sei dadurch möglich, wichtige Einrichtungen vor Unwetter zu schützen, indem Blitze zu einem gewählten Zeitpunkt gezündet werden.

Schutzmethode bei Unwetter: Forschenden entwickeln eine Technik, mithilfe derer Blitze durch Laserstrahlen gelenkt werden. Hochgeschwindigkeitskameras haben den Blitz sowie die gelenkte Flugbahn des Lasers aufgezeichnet.
Schutzmethode bei Unwetter: Forschenden entwickeln eine Technik, mithilfe derer Blitze durch Laserstrahlen gelenkt werden. Hochgeschwindigkeitskameras haben den Blitz sowie die gelenkte Flugbahn des Lasers aufgezeichnet. © Houard et al./Nature Photonics

Ein Blitz ist eine Entladung statischer Elektrizität, die sich in Gewitterwolken oder zwischen Wolken und dem Boden aufgebaut hat. Der Laserstrahl erzeugt ein Plasma, in dem geladene Ionen und Elektronen die Luft erhitzen. Die Luft wird "teilweise leitfähig und daher ein bevorzugter Weg für den Blitz", erklärt Houard, der Hauptautor der Studie.

Richtiges Verhalten im Katastrophenfall

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    Laser als Blitzableiter: Nicht der erste Forschungsversuch

    Bereits 1974 wurde vorgeschlagen, Laserstrahlen zum Unwetterschutz zu verwenden. Im Labor wurde die Führung von Blitzen durch Laser Ende der 1990er Jahre nachgewiesen. Doch Versuche im Freien scheiterten 2004 im US-Bundesstaat New Mexico und 2011 in Singapur.

    Den bislang besten Schutz bot deshalb der Franklinstab, ein einfacher Blitzableiter, den der US-Universalgelehrte Benjamin Franklin 1749 entwickelt hatte. Ein Team von Wissenschaftlern aus sechs Forschungseinrichtungen arbeitet seit Jahren daran, die gleiche Idee zu nutzen, aber den einfachen Metallstab durch einen Laserstrahl zu ersetzen.

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    Unwetterschutz: Darum war die Forschung dieses Mal erfolgreich

    Den Erfolg der Experimente am Berg Säntis führen die Forschenden darauf zurück, dass die Laserpuls-Wiederholungsrate um zwei Größenordnungen höher war als bei den früheren Versuchen. Der eingesetzte Laser strahlte Licht von etwa einem Mikrometer (Tausendstel Millimeter) Wellenlänge und mit einer Wiederholungsrate von 1000 Hertz aus.

    Zudem profitierten die Forschenden davon, dass der Turm auf dem Säntis in den vergangenen Jahren immer wieder für Messungen an Blitzen genutzt wurde. "Dieser Turm, der etwa 100 Mal im Jahr vom Blitz getroffen wird, ist mit mehreren Sensoren ausgestattet, die den Blitzstrom, elektromagnetische Felder in verschiedenen Entfernungen, Röntgenstrahlen und Strahlungsquellen der Blitzentladungen aufzeichnen", schreiben die Forschenden. Sie installierten weitere Messgeräte und zwei Hochgeschwindigkeitskameras, die Blitzeinschläge mit bis zu 24.000 Bildern pro Sekunde aufzeichneten.

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    "Die Ergebnisse der Säntis-Versuchskampagne im Sommer 2021 liefern Indizienbeweise dafür, dass Filamente, die durch kurze und intensive Laserpulse gebildet werden, Blitzentladungen über beträchtliche Distanzen leiten können", lautet das Fazit der Forschenden. Sie hoffen, dass die Technik zum Schutz vor tödlichen Blitzen eingesetzt werden kann. Die vorläufigen Ergebnisse sollten jedoch durch weitere Versuchsreihen mit neuen Konfigurationen bestätigt werden. Lesen Sie auch: Gewitter im Anmarsch? Diese Rechnung kann Leben retten (she/AFP/dpa)