Berlin. Für Kinder gibt es sehr klare Empfehlungen für Impfungen – aber wann sollten sich Erwachsene gegen welche Krankheiten impfen lassen?

Der Schutz gegen Tetanus ist vielleicht noch selbstverständlich. Aber was ist mit Polio, Masern oder Grippe? Ob die Menschen überhaupt wissen, gegen was sie geimpft waren, hängt von mehreren Faktoren ab. Einschließlich Gesundheit, Alter und Reiselust einer Person.

Zunächst ist es wichtig, den eigenen Impfstatus festzustellen. „Im Idealfall besitzen Patienten einen Impfpass, in dem alle erhaltenen Impfungen verzeichnet sind“, sagt Jens Wagenknecht, Hausarzt in Varel und Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Hausärzteverbandes.

Aktuell sind gelbe Hefte der Standard. Das sind die internationalen Impfausweise. „Die Überschriften darin zeigen Impfungen so an, dass sie auch im Ausland leicht verstanden werden.“ Manche Menschen besitzen im Laufe der Jahre mehrere Dokumente: Entweder die alten Faltimpfpässe aus der Kindheit oder auch Impfkarten. Vor allem Männer haben mitunter Impfdokumente von der Bundeswehr.

Wie weiß ich, gegen was ich geimpft wurde?

Wer keins dieser Dokumente zur Hand hat, sollte sich einen Überblick verschaffen: „Meistens kann man sich gut daran erinnern, bei welchem Hausarzt man früher in Behandlung war“, sagt Wagenknecht. „Praxen sind verpflichtet, die Dokumente über Impfungen aufzubewahren.“ Dort kann man sich also informieren, wann man in der Vergangenheit wogegen geimpft wurde.

Hinzu können Impfungen kommen, die beispielsweise nach akuten Verletzungen in Krankenhäusern durchgeführt wurden. Auch dort kann man als Patient nachfragen und die Impfung nachträglich eintragen lassen. „Bei vielen Erkrankungen lässt sich die Immunität auch im Blut messen“, sagt Wagenknecht. In akuten Fällen wird das allerdings selten gemacht. Stattdessen gibt es sofort eine Auffrischungs-Impfung – zum Beispiel gegen Wundstarrkrampf.

Überprüfen und nachimpfen

Wer alle Informationen über den eigenen Impfstatus vorliegen hat, kann entscheiden, wo eventuell Handlungsbedarf besteht. „Erwachsene sollten einen aktuellen Schutz gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis aufweisen“, sagt Judith Koch von der Abteilung für Infektionsepidemiologie des Robert-Koch-Instituts. „Angesichts der Häufung von Masern-Fällen weltweit, aber auch in Deutschland, sollten alle nach 1970 Geborenen ihren Masern-Impfstatus überprüfen und sich - falls nötig - nachimpfen lassen.“

Auch das Alter spielt eine Rolle. So rät das RKI Senioren ab 60 Jahren zu weiteren Standardimpfungen, unter anderem gegen Influenza. Neu im Programm der Standard-Impfungen für Menschen ab 60 ist der Schutz gegen Herpes Zoster, auch Gürtelrose genannt: Das RKI empfiehlt diesen seit Dezember 2018, künftig zahlen die gesetzlichen Krankenkassen dafür.

Dazu gibt es Berufsgruppen, für die besondere Impfungen notwendig sind, sagt Koch. Das gilt vor allem für jene, die bei der Arbeit ständig Gefahr laufen, mit Erregern in Kontakt zu kommen. „So werden beispielsweise die Masern-Mumps-Röteln-Impfung und die Hepatitis-B-Impfung für medizinisches Personal empfohlen.“

Für die Reisenden: Urlaubsland und Reiseart

Vor einer Reise sollte man sich gezielt informieren, welche Impfungen für das Urlaubsland empfohlen werden. Das hängt nicht nur vom Ziel ab - sondern vor allem auch von der eigenen Reiseart. „Wer einen Pauschalurlaub in einem Hotel verbringt, muss sich weniger Sorgen um Infektionen machen als Reisende, die mit dem Rucksack eine Trekkingtour durch das gleiche Land machen“, sagt Wagenknecht.

Und auch der eigene Gesundheitszustand entscheidet darüber, welcher Schutz ratsam ist: „Bei bestimmten Erkrankungen, wie zum Beispiel einer chronischer Lungenerkrankung oder Rheuma, werden die Impfungen gegen Influenza und Lungenentzündung schon im früheren Lebensalter empfohlen“, sagt Prof. Michael Freitag von der Abteilung Allgemeinmedizin an der Universität Oldenburg. „Das Gleiche gilt für Patienten nach einer Milzentfernung.“

Nebenwirkungen: nichts zu befürchten

Jede Impfung hat auch mögliche Nebenwirkungen. Davor sollte sich aber niemand fürchten, raten die Experten. „Die Impfrisiken sind sehr gering und in allen Fällen im Vergleich zu den durch die Impfungen vermiedenen Erkrankungen das wesentlich geringere Übel“, sagt Freitag. Impfschäden würden über die Gesundheitsämter an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldet und dort ausgewertet. „Von den gemeldeten Verdachtsfällen sind die meisten zufällige Phänomene, bei denen sich kein ursächlicher Zusammenhang nachweisen lässt.“

• Hintergrund: Impfpflicht bei Masern: Das sagt Gesundheitsminister Spahn

Hintergrund: Diese Kita nimmt nur geimpfte Kinder auf

Hintergrund: Anstieg der Masern-Fälle lässt EU gegen Impfgegner vorgehen

Man sollte jedoch damit rechnen, dass kurz nach der Impfung Symptome auftreten können: „Typische Nebenwirkungen sind leichte Schmerzen und Schwellungen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen“, sagt Freitag. Auch eine etwas höhere Körpertemperatur könne auftreten. „Man sollte sich jedenfalls etwas schonen, also ein bis zwei Tage keinen Sport machen und nicht in die Sauna gehen“, rät der Professor. Erwachsene reagieren aber eher weniger stark auf Impfungen als Kinder. (dpa/cvdv)