Jena. Zunächst war der 76-jährige Tatverdächtige aus der U-Haft entlassen worden; mittlerweile wurde aber nun erneut Haftbefehl beantragt. Er wird verdächtigt, 1996 die zehnjährige Ramona in Jena umgebracht zu haben.

Ermittler der Kriminalpolizei Jena haben am Freitag gegen 5.30 Uhr den Tatverdächtigen im Mordfall Ramona Kraus wieder festgenommen. Das Amtsgericht Zwickau prüft nun, ob er vorerst hinter Gittern bleibt.

Hintergrund ist, dass der Mann 1999 nach Sexualverbrechen an Kindern zu einer langjährigen Gefängnisstrafe und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden war. Anfang 2016 hatte das Landgericht Regensburg diese unter Bewährungsauflagen aufgehoben. Der Tatverdächtige soll gegen verschiedene Auflagen verstoßen haben. So durfte er keine Kraftwagen führen, sollte den Kontakt zu Mädchen meiden und keinen Alkohol trinken. Gegenüber den verdeckten Ermittlern soll er sich aber verraten haben, einzelne Auflagen missachtet zu haben.

Somit war der Tatverdächtige nur eine gute Woche auf freiem Fuß. Die Ermittlungen im Mordfall Ramona laufen weiter gegen ihn. Die Kriminalisten versuchen nun, objektive Beweise zu finden. Unter anderem wird Kleidung aus dem Jahr 1996 von Spezialisten mit neuesten Methoden erneut auf Genspuren ausgewertet. Ein DNA-Treffer könnte das Verfahren retten, weil zahlreiche belastende Beweise aus der verdeckten Ermittlung nach einem Entscheid des Oberlandesgerichtes Jena nicht verwertet werden dürfen.

Unter anderem hatte der Tatverdächtige einen Spezialknoten vorgeführt, was die Ermittler per Video dokumentiert hatten. Sie wandten jedoch eine verbotene Legende an, wonach ein krebskranker Mann das Verbrechen gegen eine Geldzahlung auf sich nehmen werde.

Im September 2018 hatte die Polizei bereits eine Festnahme im Fall Ramona vermeldet. Diese war nicht fingiert, sondern gab es tatsächlich, wie es heute aus Ermittlerkreisen heißt. Die Kriminalisten steuerten die zugehörige Pressemitteilung im Zeitpunkt so gezielt, dass sie die Reaktion des Tatverdächtigen darauf beobachten konnten. Der wurde nach der Meldung in den Hörfunknachrichten plötzlich still, beantwortete aber keine weitergehenden Fragen der verdeckten Ermittler, die mit dem Mann gemeinsam im Auto unterwegs waren.

Der Chefredakteur von MDR-Thüringen, Matthias Gehler, weist ausdrücklich eine Zusammenarbeit mit der Polizei zurück, um Täter dingfest zu machen. Die Veröffentlichung der Pressemitteilung sei nicht in Absprache mit der Polizei geschehen, reagierte er auf einen Bericht unserer Zeitung.

Ramona verschwand auf dem Weg von der Schule nach Hause

Prinzipiell darf die Polizei verdeckte Ermittler unter Legenden in Organisationen einschleusen. Dort dürfen sie beobachten, sollen sich aber möglichst passiv verhalten. Im konkreten Fall nahmen sie aber eine sehr aktive Rolle ein, was letztlich zum Beweisverwertungsverbot durch das Oberlandesgericht im Nachgang der turnusmäßigen Haftprüfung führte.

Die zehnjährige Ramona war im August 1996 auf dem Weg von der Schule nach Hause in Jena-Winzerla verschwunden. Ihre Leiche wurde Anfang 1997 in Westthüringen gefunden.

Beweise nicht verwertbar: Tatverdächtiger im Mordfall Ramona frei