Berlin. Die Pandemie könnte dank der Impfungen bald eingedämmt sein. Doch wie argumentiert man, wenn Bekannte die Spritze ablehnen wollen?

Impfungen sind seit langer Zeit das Mittel der Wahl, um die Ausbreitung gefährlicher Krankheiten einzudämmen. Die Immunisierungen per Spritze können verhindern, dass Menschen sich anstecken, teilweise lindern sie auch das Risiko Krankheitserreger weiterzuverbreiten. Das gilt auch für das Coronavirus.

Mithilfe der Impfungen könnte die Pandemie bald vorbei sein. Doch was, wenn sich Familie, Freunde oder Bekannte nicht impfen lassen wollen? Impfgegner fürchten, dass die Corona-Impfungen mehr schaden als nutzen. Dieser Überblick macht den Faktencheck – und trägt Gegenargumente für die Diskussion mit Skeptikern zusammen.

Impfungen wirken, das hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt. Auch diese Pandemie könnten sie beenden.

Lehnt der Gesprächspartner Impfungen generell ab, kann es helfen, erstmal Grundsätzliches klarzustellen. Denn um zu beweisen, dass Impfungen tatsächlich wirken, muss man keine klinischen Studien erklären. Es reicht eigentlich schon, sich vor Augen zu führen, wie in den letzten Jahrzehnten Krankheiten durch Impfungen ausgerottet wurden.

Dazu zählen beispielsweise die Pocken, seit über dreißig Jahren ist in Deutschland auch kein Polio mehr entdeckt. Auch die Zahl der Masernansteckungen und -erkrankungen, an denen im Schnitt immer noch eines von 1000 Kindern stirbt, ist drastisch gesunken. Wirksame Impfstoffe verhindern, dass sich Krankheiten weiter ausbreiten – so auch beim Coronavirus.

Corona-Impfung: Impfreaktionen sind nicht gefährlich, sondern normal.

Eine Impfung soll die körpereigene Abwehr anregen. Deshalb ist das Auftreten von Impfreaktionen völlig natürlich – unabhängig vom Krankheitserreger oder Impfstoff. Kopfschmerzen oder grippeähnliche Symptome sollten meist kein Anlass für Sorgen sein, sondern vielmehr als Zeichen dafür gewertet werden, dass der Körper auf die Impfung reagiert und Antikörper bildet.

Auch allgemeine Anzeichen von Krankheit wie zum Beispiel Fieber oder Gelenkschmerzen können gelegentlich auftreten. Meist klingen die Impfreaktionen schnell wieder ab und zeigen nur, dass das Immunsystem erfolgreich reagiert.

Die Corona-Impfstoffe sind sicher und haben die üblichen Zulassungsschritte durchlaufen.

Gegen das Coronavirus wurden innerhalb weniger Monate wirksame Impfstoffe entwickelt. Ging das nicht zu schnell? Denn normalerweise vergehen oft bis zu zwei Jahrzehnte bis Hersteller ein Vakzin bis zur Marktzulassung bringen.

Dass es diesmal sehr viel zügiger ging, liegt auch daran, dass die Biotechnologieunternehmen neue Verfahren genutzt haben und bei der Forschung auf Erkenntnissen aus anderen Impfstoffprojekten gegen verwandte Viren aufbauen konnten. Um die Pandemie eindämmen zu können, war es zudem wichtig, dass wirksame und sichere Impfstoffe schnell zugelassen wurden. Dafür wurden allerdings keine Schritte in den Zulassungsverfahren übersprungen.

Ein Impfstoff wird in Deutschland nur dann zugelassen, wenn er an ausreichend vielen Personen getestet wurde und bestätigt wurde, dass die gewünschte Wirkung gegenüber den aufgetretenen Nebenwirkungen deutlich überwiegt. Die Entwicklung wird von nationalen und EU-Behörden, wie der Europäischen Arzneimittel-Agentur, streng überwacht und geprüft. Dass der Zulassungsprozess beschleunigt ablief, kommt auch daher, dass Verfahrensschritte parallel ablaufen konnten. Das nennt man Rolling-Review-Verfahren – die Qualitätsstandards bleiben dabei aber unverändert hoch.

Corona: Die Impfung mit einem mRNA-Vakzin verändert nicht die Gene.

Die Behauptung, eine Impfung mit einem mRNA-basierten Vakzin manipuliere die eigenen Gene, ist falsch. Ein direkter Einbau von RNA-Bestandteilen in die DNA ist aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur nicht möglich. Die mRNA gelangt nur in das Zellplasma und nicht in den Zellkern, wo die DNA des Menschen gespeichert ist. Beide Strukturen kommen nicht miteinander in Kontakt – und die mRNA kann nicht einfach in die DNA des Menschen eingefügt werden.

Eine medizinische Mitarbeiterin bereitet den Wirkstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer für eine Impfung gegen das Coronavirus vor.
Eine medizinische Mitarbeiterin bereitet den Wirkstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer für eine Impfung gegen das Coronavirus vor. © dpa

Die Impfung ist sehr viel ungefährlicher, als wenn man sich direkt mit Corona infiziert.

Gerade in der zweiten und dritten Pandemie-Welle haben sich auch viele jüngere Menschen mit dem Coronavirus infiziert und erkrankten teilweise schwer. Andere haben noch Monate später mit den Langzeitfolgen der Covid-19-Infektion zu kämpfen.

Die Risikofaktoren und Komplikationen einer Infektion mit dem neuartigen Virus wiegen sowohl für Risikopatienten als auch für gesunde Menschen schwerer als die Impfreaktionen oder gar die sehr selten auftretenden Nebenwirkungen einer Corona-Impfung. Das Coronavirus gilt als Multiorganvirus, das neben der Lunge auch in zahlreichen anderen Organen auftritt, etwa in Niere, Herz, Leber oder Gehirn. Dementsprechend stark belastend und folgenreich ist auch die Erkrankung für den menschlichen Körper. Während die möglichen langfristigen Schäden einer Corona-Infektion real sind, sind die Folgen der Impfung in nahezu allen Fällen harmlos.

Trotz Impfung kann man sich noch mit dem Coronavirus infizieren. Die Chance zu erkranken ist nach der Immunisierung aber höchst gering.

Eine Corona-Impfung schützt nach jetzigem Stand mit einer extrem hohen Wahrscheinlichkeit vor einem schweren Krankheitsverlauf. Ob eine Ansteckung und Weitergabe mit Sars-Cov-2 auch bei Geimpften möglich ist, ist noch nicht abschließend geklärt.

Doch selbst wenn das passieren sollte: Alle der in Europa zugelassenen Impfstoffe verhindern verlässlich eine Covid-19-Erkrankung. Die Wirksamkeit des Vaxzervia-Impfstoffs von Astrazeneca zur Verhinderung einer Hospitalisierung liegt bei etwa 95%. Die Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu erkranken, liegt laut Studien bei den mit mRNA-Vakzinen geimpften Personen um etwa 95% geringer als bei den Ungeimpften.

Long Covid: Auch wenn man jung und fit ist, können die Folgen einer Corona-Infektion einen sehr lange belasten.

Bisher ist eine Impfung der einzige langfristig wirksame Schutz vor einer Corona-Infektion, die zur Covid-19-Erkrankung führt. Auch Monate nach der Krankheit haben vor allem Menschen mit schweren Verläufen oft mit Langzeitfolgen zu kämpfen. Long Covid kann aber auch Patientinnen und Patienten mit leichten Verläufen treffen.

Wissenschaftler und Ärzte gehen davon aus, dass etwa jeder Zehnte unter Long Covid leidet. Betroffen sind vor allem nicht nur ältere Menschen oder Risikopatienten – sondern auch jüngere Corona-Patienten. Die häufigste Spätfolge ist Fatigue, ein Zustand chronischer Erschöpfung. Um dies zu vermeiden lohnt es sich also auch, wenn man sich als junge und gesunde Person impfen lässt. Dass man objektiv ein geringeres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf hat, schützt bei einer Infektion mit dem Coronavirus nicht vor belastenden Spätfolgen.

Mit einer Corona-Impfung schützt man nicht nur sich selbst, sondern auch andere.

Wer sich impfen lässt, tut nicht nur etwas für sich selbst. Geimpfte Personen können Infektionsketten unterbrechen und so die Weitergabe des Coronavirus stoppen oder zumindest eindämmen. Je mehr Menschen geimpft sind, desto niedriger ist das Risiko jedes Einzelnen, sich anzustecken.

So können auch Mitglieder der Gesellschaft vor einer Corona-Infektion bewahrt werden, die sich selbst nicht schützen können und besonders vulnerabel sind – zum Beispiel Babys oder immungeschwächte Personen. Wird durch die Corona-Impfungen die sogenannte Herdenimmunität erreicht, kann die Ausbreitung des Coronavirus langfristig eingedämmt werden.

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Die Nebenwirkungen treten nur bei einer sehr kleinen Zahl der Geimpften auf.

Wie bei jeder Impfung, können auch nach der Spritze gegen Covid-19 Impfreaktionen und Nebenwirkungen auftreten. In Deutschland überwacht das Paul-Ehrlich-Institut die Sicherheit von Impfstoffen und prüft Meldungen von Verdachtsfällen.

Bis zum 30. April wurden 49.961 aus Deutschland gemeldete Fälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit den in Europa zugelassenen Corona-Impfstoffe gemeldet. Ins Verhältnis gesetzt bedeutet dass, dass es im Schnitt 1,7 Meldungen pro 1.000 verabreichte Impfdosen gibt. Meldungen über schwerwiegende Reaktionen haben nur einen Anteil von 0,2 pro 1.000 Impfdosen gesamt.

Die Häufigkeit der Nebenwirkungen – insbesondere von schwerwiegenden Verdachtsfällen wie Sinusvenenthrombosen oder Myokarditis – ist somit extrem gering. Aktuell werden in Deutschland um die eine Million Impfdosen pro Tag gespritzt.

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Bisher gibt es keinen Nachweis, dass Impfungen tatsächlich nicht kalkulierbare Folgen, beispielsweise für die Entwicklung von Kindern, bergen.

Immer wieder ist in den vergangenen Jahren darüber gestritten worden, ob Autismus, Diabetes oder selbst Multiple Sklerose durch Impfungen ausgelöst werden könnten. Einen Nachweis dafür gibt es allerdings bis heute nicht, vielmehr sprechen zahlreiche Studien gegen einen Zusammenhang zwischen Impfungen und den genannten Krankheiten. Diese Ansicht vertritt auch das Robert Koch-Institut, welches als Bundesbehörde für Infektionskrankheiten in Deutschland für Impfungen zuständig ist.

(bml)