Berlin. Eine Studie aus den Niederlanden macht Hoffnung: Trotz hoher Viruslast könnten sogenannte Impfdurchbrüche weniger ansteckend sein.

Mehr als 11.000 sogenannte Impfdurchbrüche hat das Robert Koch-Institut (RKI) seit Beginn der Impfungen gegen Covid-19 registriert. Dabei infizieren sich vollständig Corona-Geimpfte mit Sars-CoV-2. Angesichts von fast 50 Millionen vollständig Geimpften ist die Zahl der Durchbrüche überschaubar.

Dennoch stellt sich nach wie vor die Frage, welche Ansteckungsgefahr von Impfdurchbrüchen ausgeht. Hier gibt es widersprüchliche Erkenntnisse.

Im April hatte eine Studie aus Großbritannien gezeigt, dass bereits drei Wochen nach der ersten Corona-Impfung die Wahrscheinlichkeit, das Virus an jemanden weiterzugeben, um die Hälfte reduziert war. Die Nachricht wurde weit verbreitet, schließlich war damit die Hoffnung verbunden, dass das Impfen nicht nur die Schwere der Krankheitsverläufe beeinflussen kann, sondern auch das Infektionsgeschehen. Jeder Geimpfte, so die Annahme, würde die Verbreitung hemmen.

Durchbruchinfektion: Viruslast eventuell nicht entscheidend

Die Daten im April bezogen sich auf die damals vorherrschende Alpha-Variante des Virus. Dann aber kam Delta. Mittlerweile dominiert die zuerst in Indien entdeckte Variante, die nachweislich ansteckender ist. Und plötzlich verbreiteten Wissenschaftler aus Großbritannien und den USA andere Daten.

Die Forscherinnen und Forscher hatten unabhängig voneinander festgestellt, dass die Viruslast bei Geimpften innerhalb der ersten Tage einer Infektion so hoch ist wie jene bei Ungeimpften. „Oft ist das so interpretiert worden, dass Geimpfte genauso ansteckend sind wie Ungeimpfte“, twitterte Martin Moder, Autor populärwissenschaftlicher Bücher und Wissenschaftskabarettist aus Österreich.

Moder hält das für voreilig und verweist auf eine neue Studie aus den Niederlanden, die bisher noch nicht von Experten begutachtet worden ist. Diese Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die Viruslast von Geimpften womöglich gar nicht nicht vergleichbar ist mit der Viruslast von Ungeimpften.

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Corona trotz Impfung: Hohe CT-Werte zu Beginn der Infektion

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Rotterdam und Nijmegen haben 161 Impfdurchbrüche im niederländischen Gesundheitswesen untersucht, die zwischen April und Juli auftraten. Die Infektionen waren den Angaben des Preprints zufolge überwiegend durch die Delta-Variante verursacht worden. Durchgeführt wurden PCR-Tests zur Ermittlung der Viruslast sowie eine Analyse der Viruskultur als Nachweis für Infektiosität. „Die Infektionen waren mild und erforderten keine Krankenhauseinweisung“, berichten die Autoren.

Die Viruslast leiteten die Forscher vom Ct-Wert der PCR-Tests ab. Der Wert gibt an, wie viele Kopien der Virus-RNA beim Rachenabstrich gefunden werden. Tatsächlich waren die Ct-Werte bei Durchbruchinfektionen ähnlich hoch wie bei Infektionen von Ungeimpften. Dies galt zumindest zu Beginn der Erkrankung. Nach wenigen Tagen sank die Viruslast bei Geimpften deutlich.

Viren vermehren sich bei Geimpften wahrscheinlich schlechter

Die womöglich gute Nachricht verbirgt sich aber hinter den Aussagen zur Viruskultur. Hier stellte sich heraus, dass sich die Zellkultur die Viren in den Proben von Durchbruchinfizierten deutlich seltener vermehren ließen als die Viren von Ungeimpften. „Das legt nahe, dass Geimpfte bei gleicher Viruslast weniger ansteckend sein dürften als Ungeimpfte“, kommentiert Martin Moder. Dies könne mit der Wirkung der Impfstoffe zusammenhängen.

„Trotz ähnlicher Ct-Werte haben wir weniger infektiöse Viren in Atemwegsproben Geimpfter mit Durchbruchinfektionen im Vergleich zu Ungeimpften gefunden“, schreiben die Studienautoren. Was genau das bedeute, müsse noch untersucht werden. Es könnte sehr wohl sein, dass Durchbruchinfektionen weniger ansteckend sind.

(kai)