Berlin. Die vierte Corona-Welle rollt an. Jens Spahn legt nun einen Fahrplan für den Herbst vor: Ungeimpfte müssen mit härteren Regeln rechnen.

  • An diesem Dienstag beraten Bund und Länder bei der Neuauflage des Corona-Gipfels
  • Ein Streitpunkt werden die Freiheiten für Ungeimpfte sein
  • Was könnte ihnen drohen?

Deutschland befindet sich im zweiten Pandemie-Sommer und die Sorge vor einem Corona-Déjà-vu im kommenden Herbst ist groß. Schon im vergangenen Jahr folgte auf unbeschwerte Sommermonate eine bleischwere Zeit mit hohen Infektionszahlen, hartem Lockdown und Schulschließungen. Die Politik will angesichts der grassierenden, hoch ansteckenden Delta-Variante und steigender Inzidenzen verhindern, dass Deutschland demnächst in eine ähnliche Lage gerät.

Vergangene Woche hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Maßnahmenpapier vorgelegt, das aufzeigt, wie die Regierung das Land durch den Corona-Herbst steuern will. Neue Einschränkungen sind dabei nicht ausgeschlossen – zumindest für den ungeimpften Teil der Bevölkerung. Der Druck auf ihn wird wohl wachsen. An diesem Dienstag beraten Bund und Länder, wie es in der Pandemiebekämpfung nun weitergehen soll.

Corona: Welche Sorgen treiben die Regierung um?

Auch wenn sich mit der Delta-Variante derzeit vor allem Jüngere infizieren, die selten einen schweren Krankheitsverlauf haben, besteht doch die Befürchtung, dass es bald wieder vermehrt zu Fällen kommt, die im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Die Regierung will verhindern, dass es wieder zu einem starken Anstieg kommt und das Gesundheitssystem an die Belastungsgrenze gerät. Nachlassende Impfwirkung vor allem bei Älteren und mehr Impfdurchbrüche könnten die Lage weiter verschärfen. Daneben sollen Schließungen von Schulen, Kitas und Universitäten verhindert werden.

Hohe Delta-Welle: Was gilt für Ungeimpfte?

Generell soll ab Herbst der Zugang zu Innengastronomie, Großveranstaltungen, körpernahen Dienstleistungen und anderen Dingen beschränkt sein auf diejenigen, die geimpft, genesen oder negativ getestet sind. Je nach Entwicklung der Impfquote, der Inzidenz nach Altersgruppen und der Rate schwerer Klinikfälle könnten Getestete aus dieser Liste aber herausfallen. Ab bestimmten, im Papier nicht genau definierten Grenzwerten sind demnach neue Einschränkungen für nicht geimpfte Menschen denkbar. Auf sie könnten Kontaktbeschränkungen und der Ausschluss von Veranstaltungen und Gastronomie zukommen.

Auch wenn das Infektionsgeschehen sich so entwickelt, dass ein Test für den Zugang zu Restaurants und anderen öffentlichen Räumen weiterhin reicht, wird der Druck auf Ungeimpfte aber wohl wachsen: Denn die Tests, die bislang kostenlos waren, sollen schon ab Mitte Oktober kosten. Ausgenommen wären Menschen, die nicht geimpft werden können oder für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliegt, zum Beispiel Kinder.

Gesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler vor dem Robert Koch-Institut in Berlin.
Gesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler vor dem Robert Koch-Institut in Berlin. © dpa

Welche Corona-Regeln sollen weiterhin für alle gelten?

Unabhängig vom Impfstatus werden auch im Winter weiterhin die AHA+L-Vorsichtsmaßnahmen gelten – Abstandhalten, Händewaschen, regelmäßiges Lüften und das Tragen einer Maske bleiben wichtig. Vor allem den letzten Teil betont das Spahn-Ministerium in dem Papier: Aus den Fakten ergebe sich, dass das Tragen medizinischer Schutzmasken im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel für alle notwendig bleibe – "bis ins Frühjahr 2022".

In bestimmten Bereichen soll es außerdem weiterhin regelmäßige Tests geben, auch für Geimpfte. Konkret nennt das Gesundheitsministerium Kitas, Schulen und Alten- und Pflegeheime.

Corona-Regeln: Wie sind die Reaktionen?

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) befürwortet ein Ende der kostenlosen Tests. "Die Allgemeinheit sollte aus meiner Sicht nicht mehr auf Dauer für Testkosten aufkommen müssen, wenn Menschen, für die eine Impfung empfohlen wird, ihre Impfangebote nicht wahrnehmen", sagte die SPD-Politikerin unserer Redaktion.

Kritik an den Plänen kam von der Linken. Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler nannte die Abschaffung kostenloser Tests "im höchsten Maße unsozial". Solange es Testpflichten gebe, müsse es kostenlose Tests geben. Die Teilnahme am öffentlichen Leben dürfe niemals vom Geldbeutel abhängen.