Berlin/London. Eine Studie aus London weist nach, dass Covid-19 zu geistigen Defiziten führen kann. Besonders stark waren diese bei einer Gruppe von Patienten.

Die Sorge über geistige Einschränkungen als Folge von Covid-19 wächst. Viele Betroffene klagen über Konzentrationsstörungen, Gedächtnisverlust, Verwirrtheit. Bis zu 80 Prozent der in einem Krankenhaus behandelten Patientinnen und Patienten hatten laut einer im Fachjournal „Jama Open“ veröffentlichten Studie des internationalen Konsortiums GCS-Neuro-Covid über neurologische Auswirkungen ihrer Erkrankung berichtet.

Für Wissenschaftler vom Imperial College in London war die Datenlage dennoch zu dünn. „Es gibt nur wenige Informationen über Art und Kennzahlen kognitiver Probleme nach der Infektion und über die gesamte Ausbreitung und Schwere der Krankheit“, schreiben sie im Fachjournal „Eclinicalmedicine“, das zur „Lancet“-Gruppe gehört.

Ein Achtel der Patienten waren an Corona erkrankt

Also suchten die Forscher nach einem Zusammenhang und werteten dazu Daten von 81.337 Menschen aus, deren geistige Leistungsfähigkeit zwischen Januar und Dezember 2020 im Rahmen des „Great British Intelligence Test“ klinisch validiert bewertet worden war. Ergänzt wurden die Daten durch Umfragen und Selbstberichte. Ein Achtel der Probanden waren an Covid-19 erkrankt, einige Teilnehmer hatten sich auch erst im Laufe der Studie mit Sars-CoV-2 angesteckt. Lesen Sie auch: Drosten: So kann Deutschland eine vierte Welle verhindern

Die Ergebnisse der Analyse waren dem Bericht zufolge eindeutig: Personen, die sich von Covid-19 erholt hatten, einschließlich derer, die keine Symptome mehr meldeten, zeigten im Vergleich zu Kontrollpersonen signifikante kognitive Defizite. Herausgerechnet wurden Faktoren wie Alter, Bildungsniveau, Müdigkeit und bestehende medizinische Störungen wie Depressionen und Angstzustände.

Lauterbach spricht von Hirnalterung von zehn Jahren

Laut den Angaben waren die Defizite erheblich bei Personen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. „Intensivpatienten zeigen eine Hirnalterung von zehn Jahren“, kommentierte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.

Aber auch bei Menschen, die nicht in einem Krankenhaus behandelt werden mussten, habe es Defizite gegeben. „Die Analyse von Markern prämorbider Intelligenz haben bestätigt, dass diese Unterschiede vor der Infektion nicht vorhanden waren“, so die Studienautoren.

Die Ergebnisse stimmen mit Berichten über kognitive Symptome von Long Covid überein. Den Studienautoren zufolge sollten sie als deutlicher Aufruf zu weiterer Forschung verstanden werden, um auch die biologische Grundlage kognitiver Defizite bei Covid-19-Patienten zu identifizieren“.