Berlin. Fachleute haben offenbar ein Gen identifiziert, das für schwere Corona-Verläufe verantwortlich sein soll – auch bei jungen Menschen.

  • Bei einigen Menschen verläuft eine Erkankung mit Covid-19 mild, während andere mit schwerem Verlauf auf die Intensivstation müssen
  • Zwar gibt es einige Risikofaktoren, die einen schweren Verlauf begünstigen
  • Nun haben Forscher ein neues Risiko-Gen gefunden

Fachleute vom Berlin Institute of Health haben offenbar ein Gen ausfindig gemacht, das das Risiko für schwere Corona-Verläufe selbst bei jüngeren Menschen erhöhen könnte. Es handelt sich um das Gen ELF5, das in den Lungenalveolen und im Riech-Epithel aktiv ist. In diesen Bereichen greift das Coronavirus zuerst an. An der Untersuchung war auch der bekannte Charité-Forscher und Immunologe Leif-Erik Sander beteiligt.

Die Lungenalveole sind kleine Bläschen in der Lunge, in denen bei der Atmung der Gasaustausch zwischen Blut und Alveolarluft stattfindet. Beim Riech-Epithel handelt es sich um ein Gewebe in der Nasenschleimhaut, das auf die Wahrnehmung von Gerüchen spezialisiert ist.

Corona-Infektion: Mehrere Risikofaktoren bereits bekannt

Die Untersuchungen der Berliner Forscherinnen und Forscher werfen ein Schlaglicht auf acht verschiedene Proteine, die sich auf den Schweregrad der Corona-Infektion auswirken – darunter ELF5. Dieses beeinflusste den Verlauf und den Ausgang der Infektion am stärksten. Auch interessant: So gut schützt eine vierte Corona-Impfung mit Biontech

Bereits in der Vergangenheit wurden bestimmte Faktoren als Risiko identifiziert – darunter ein fortgeschrittenes Alter, männliches Geschlecht, Rauchen, Übergewicht und soziale Isolation. Auch Varianten der Blutgruppen A-B-0 gelten als Risikofaktoren. Menschen mit Blutgruppe A erkranken demnach häufiger als Menschen mit Blutgruppe 0. Wenn letztere aber erkranken, sind sie durch die Blutgruppen-Variationen nicht vor einem schweren Covid-Verlauf geschützt.

Unter den acht nun erforschten Proteinen steht ELF5 im Verdacht, einen schweren Covid-Verlauf mit Krankenhausaufenthalt oder gar Todesfolge um das Fünffache zu begünstigen. Es handelt sich bei ELF5 um einen sogenannten Transkriptionsfaktor, also um ein Protein, das die Ablesung (Transkription) von anderen Genen beeinflusst. ELF5 könnte nach Annahmen der Forschenden dem Coronavirus den Eintritt in die Zellen der Atemwege sowie die Ausbreitung des Erregers in diesen Zellen erleichtern. Auch die Abwehrreaktion des Körpers könnte durch das Protein beeinträchtigt sein.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

ELF5 wird in verschiedenen Bereichen der Nase und der Atemwege gebildet:

  • Im Riech-Epithel wird ELF5 von den Bowman-Drüsen und den sogenannten Stützzellen gebildet. Sind diese infiziert und zerstört, kommt es zum Geruchsverlust, der oft Begleiterscheinung einer Corona-Infektion ist.
  • In den Atemwegen wird ELF5 von wichtigen Zellen aktiviert: ACE2 ist der Rezeptor auf der Zelloberfläche, an den SARS-CoV-2 andockt. TMPRSS2 wiederum ist ein Enzym, das dem Virus schließlich den Eintritt in die Zelle ermöglicht.
  • In den Lungenalveolen wird ELF5 vor allem von den AT2-Zellen VERB gebildet. Bei einer Lungenentzündung sind es diese Zellen, die zuerst zerstört werden.

Welche Rolle dem Gen ELF5 genau zukommt, ist laut den Forschenden noch eindeutig geklärt. Plausibel scheine jedoch, dass sich das Vorhandensein des Gens auf die Infektion und den Krankheitsverlauf auswirkt und einen schwereren Verlauf begünstigt. Transkriptionsfaktoren wie ELF5 beeinflussen aber in der Regel die Aktivität mehrerer anderer Gene. Neue Corona-Impfstoffe müssten aber nicht entwickelt werden, schlussfolgert das Forscher-Team. Lesen Sie dazu auch: Biontech überrascht mit Termin von Omikron-Impfstoff (fmg)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.