Berlin. Aufgrund der Omikron-Variante verschärfen viele europäische Länder ihre Maßnahmen. In den Niederlanden gilt bereits ein neuer Lockdown.

Immer mehr europäische Länder verschärfen ihre Corona-Maßnahmen, um die rasante Ausbreitung der hochansteckenden Omikron-Variante abzubremsen. Seit Sonntag gilt in den Niederlanden ein neuer Lockdown, der bis Mitte Januar andauern soll. Österreich verschärfte die Einreisebestimmungen, Spanien hat eine Krisensitzung einberufen. Und in Großbritannien, wo die Omikron-Variante die bisher vorherrschende Delta-Variante schon überholt hat, rief der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan den Katastropenfall aus. So ist die Situation in Europa.

Niederlande verhängt neuen Lockdown

„Um es in einem Satz zusammenzufassen: Die Niederlande werden ab morgen wieder in den Lockdown gehen“, verkündete Regierungschef Mark Rutte am Samstagabend nach Beratungen mit einem Expertengremium. Bis zum 14. Januar müssen fast alle Geschäfte, Gaststätten, Kultur- und Sporteinrichtungen, Schulen und Friseure geschlossen bleiben. Ausgenommen sind nur lebensnotwendige Geschäfte wie Supermärkte und Apotheken. Auch die Schulen sollen mindestens bis zum 9. Januar nicht vor Ort unterrichten.

„Ich stehe hier heute Abend in düsterer Stimmung“, leitete Rutte seine Pressekonferenz ein. Omikron breite sich „noch schneller aus als befürchtet“. Der erneute Lockdown sei daher „unvermeidbar“. Rutte räumte ein, dass die Maßnahmen der Bevölkerung die Feiertage vermiesen könnten. „Ich kann jetzt die ganzen Niederlande seufzen hören“, sagte er. In den Niederlanden darf jeder Haushalt nur noch zwei Besucher empfangen. Nur über Weihnachten und den Jahreswechsel sind bis zu vier Gäste erlaubt.

Menschen in den Niederlanden enttäuscht

Kurz vor Ruttes Ankündigung waren in Großstädten wie Rotterdam am Samstag Menschenmassen in die Innenstädte geströmt. Weil die Medien schon über den bevorstehenden Lockdown berichtet hatten, machten viele Menschen noch schnell letzte Weihnachtseinkäufe. Viele Bürger und Bürgerinnen reagierten enttäuscht über den erneuten Lockdown.

Vor allem Unternehmer und Gastwirte klagten bereits über Einnahmeverluste. Sie forderten Kompensation für das Wegfallen des Weihnachtsgeschäftes. Gewerkschaften sprachen von „erneut einem schweren Schlag“ für Arbeitnehmer in der Gastronomie und im Einzelhandel. Besorgt äußerten sich auch Schulen über die Folgen für die Schüler.

Zu schaffen macht vielen Menschen in den Niederlanden auch, dass große Feiern mit der Familie an Weihnachten und Silvester nun nicht mehr möglich sind. Einige Städte hatten sich auf Unruhen vorbereitet, doch die blieben aus. Vor einigen Wochen hatte es in mehreren Städten zum Teil heftige Krawalle gegeben.

Großbritannien: Londoner Bürgermeister ruft Katastrophenfall aus

In Großbritannien, wo die Omikron-Variante in der vergangenen Woche für mehrere neue Höchstwerte bei der Zahl der Neuinfektionen gesorgt hatte, rief der Londoner Bürgermeister am Samstag den Katastrophenfall aus. Der Anstieg der Omikron-Fälle in der Hauptstadt sei „sehr besorgniserregend“, erklärte Khan. Daher müssten die Behörden nun „eng zusammenarbeiten, um vor allem das „lebenswichtige Impfprogramm“ aufrechtzuerhalten.

Deutschland stuft Großbritannien wegen der Omikron-Ausbreitung ab Montag als Virusvariantengebiet ein und schränkt Einreisen damit bis auf wenige Ausnahmen drastisch ein.

Österreich verschärft Einreisebedingungen

In Österreich dürfen ab Montag nur noch Geimpfte und Genesene einreisen, die nach Angaben des Innenministeriums zusätzlich eine Auffrischungsimpfung oder einen aktuellen PCR-Test nachweisen müssen. Andernfalls müssen sie in Quarantäne, die erst durch einen negativen PCR-Test beendet werden kann.

Das Land hat gerade einen dreiwöchigen Lockdown hinter sich. Mit Blick auf die sich verbreitende Omikron-Variante des Coronavirus wollte sich Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein allerdings nicht festlegen, ob es erneut zu einem Lockdown für alle kommen werde. Er werde für Januar gar nichts ausschließen, meinte der Minister am Freitag in Wien.

Die Sieben-Tage-Inzidenz ist mittlerweile auf rund 270 Fälle pro 100.000 Einwohner gesunken und liegt damit unter dem deutschen Wert. Weiterhin gilt ein Lockdown für Ungeimpfte, der auch über den 21. Dezember hinaus um zehn Tage verlängert werden soll. Nur über die Feiertage sollen die Regeln gelockert werden, so dass auch ohne 2G-Nachweis Treffen mit bis zu zehn Personen möglich sind.

Dänemark verhängt neue Corona-Maßnahmen

In Dänemark, wo die Infektionszahlen wegen der Omikron-Variante seit Tagen rapide ansteigen, sind seit Sonntag Kinos und andere Veranstaltungsorte geschlossen. Auch in Irland müssen Pubs und Restaurants schon um 20.00 Uhr schließen.

Frankreich führt 2G-Regel im öffentlichen Leben ein

Die französische Regierung will nun in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens die 2G-Regel einführen. Dazu soll der bisher notwendige Gesundheitspass in einen Impfpass umgewandelt werden, wie Premierminister Jean Castex ankündigte.

Der Gesundheitspass, der darüber Auskunft gibt, ob jemand geimpft, genesen oder kürzlich negativ getestet ist, wird in Frankreich unter anderem in Restaurants, Einkaufszentren, Veranstaltungsorten und Museen verlangt. Bald soll wegen der drohenden Omikron-Welle ein negativer Test nicht mehr ausreichen, wie Castex erklärte. Nur wer eine Auffrischungsimpfung erhalten habe oder genesen sei, werde noch einen Pass bekommen.

Ab Ende Januar soll in Frankreich zudem eine Pflicht zur Drittimpfung für das Pflegepersonal und die Feuerwehr gelten. Bisher müssen die 2,7 Millionen Beschäftigten von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Pflege- und Rettungsdiensten sowie der Feuerwehr zwei Mal geimpft sein. Die Hauptstadt Paris sagte angesichts der Infektionslage das Silvester-Feuerwerk ab.

Spanien beruft Krisensitzung ein

Spaniens Regierungschef Pedro Saánchez hat wegen schnell steigender Corona-Zahlen eine Krisensitzung für diesen Mittwoch einberufen. Bei der Videokonferenz mit den Präsidenten der autonomen Gemeinschaften, die in etwa Ministerpräsidenten in Deutschland entsprechen, solle es um Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gehen, sagte Sánchez bei einer am Sonntag landesweit ausgestrahlten TV-Ansprache. Die hoch ansteckende Omikron-Variante des Virus zirkuliert auch in Spanien und dürfte nach Einschätzung von Experten schon bald vorherrschend sein.

Die Gefahr durch das Virus sei auch in Spanien trotz der hohen Impfquote von 90 Prozent aller Bürger über zwölf Jahre „real“, warnte Sánchez. Die Infektionszahlen sind in der mittlerweile sechsten Corona-Welle des zu Beginn der Pandemie schwer getroffenen Landes rapide auf eine Sieben-Tage-Inzidenz von nun fast 320 gestiegen. „Diese Inzidenz können wir nicht hinnehmen. Wir müssen unsere Anstrengungen erhöhen“, betonte der Regierungschef.

Ein neuer Notstand oder andere drastische Maßnahmen wie ein Lockdown wurden jedoch nicht erwartet, weil die Lage in den Krankenhäusern nicht so dramatisch wie im vergangenen Jahr ist. Derzeit liegen gut 1300 Corona-Patienten auf Intensivstationen und belegen damit 14 Prozent der Kapazitäten. (csr/dpa)