Berlin. Laufen ist in der Corona-Krise eine gute Idee. Dennoch bleibt auch beim Joggen ein Restrisiko. Wir erklären, wie man es minimiert.

Individueller Sport an der frischen Luft bleibt weiterhin erlaubt. Alleine oder aber zu zweit, so besagt es das Kontaktverbot der Bundesregierung, das bis mindestens 3. Mai verlängert wurde. Die Jogging-Runde oder die Runde mit dem Fahrrad wird in der Corona-Krise für viele Menschen ein wichtiger Ausgleich zu Homeoffice, sozialer Isolation und Stubenhockerei.

Doch gerade in den Städten kommen bei Sonnenschein viele Sporttreibende und Spaziergänger in Parks zusammen. Können keuchende Sportler, die mit dem Coronavirus infiziert sind, aber selbst keine Symptome haben, das Virus im Vorbei-Joggen oder -Radeln im Freien übertragen?

„Es kann davon ausgegangen werden, dass die hauptsächliche Übertragung über Tröpfchen erfolgt“, schreibt das Robert Koch-Institut (RKI) auf seiner Internetseite. Um sich davor zu schützen, empfiehlt das RKI deshalb, mindestens anderthalb Meter – besser aber zwei Meter – Abstand von seinen Mitmenschen zu halten. Das dürfte normalerweise auch beim Joggen oder Radfahren machbar sein. Doch aktuelle Studien erheben allerdings eine Gegenthese.

Coronavirus-Studie: Draußen höhere Sicherheitsabstände nötig als gedacht

Wissenschaftler der Universitäten in Eindhoven (Niederlande) und Leuven (Belgien) haben in einer neuen Studie die Aerosole, also die Tröpfen in der Luft, sichtbar gemacht. Die Ergebnisse zeigen, dass ein wesentlich größerer Abstand als die bisher empfohlenen anderthalb Meter sinnvoll sei, um eine Ansteckung auch draußen zu minimieren.

Die Forscher ließen Sportler hinter- und nebeneinander sowie diagonal versetzt laufen und Rad fahren. Das Ergebnis: Im Windschatten haben Sportler ein erhöhtes Risiko, die Aerosole ins Gesicht zu bekommen und sich anzustecken. Nebeneinander oder diagonal versetzt zueinander sei die Gefahr wiederum geringer.

Niemand müsse beim Überholen einen großen Bogen um andere machen, so die Forschenden. Dennoch empfehlen sie einen Abstand von fünf Metern zwischen zwei Spaziergängern, zehn Metern zwischen Joggern und 20 Metern zwischen Radfahrern – wenn man sich dabei direkt hintereinander bewegt.

Sportwissenschaftler gibt Tipp: Kopf beim Überholen abwenden

„Ich empfehle Sportlern, beim Überholen den Kopf einfach vom anderen Sportler abzuwenden“, sagte Prof. Wilhelm Bloch, Leiter der Abteilung Molekulare und zelluläre Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln, dem WDR. Er hält die durch die Studie herausgefundenen Abstandsgebote von fünf bzw. zehn und 20 Metern für Sportler für sinnvoll.

Zwar sei die Gefahr, dass die Aerosole lange in der Luft ständen, gerade im Freien gering, „das Problem ist aber, wenn ein Sportler sie doch einatmet“, erklärt Bloch. „Unter Belastung atmen wir nicht nur viel mehr, wir ziehen die Luft auch viel tiefer in die Lunge, wo sich viel sensibleres Gewebe befindet.“

Studie: Coronaviren können bis zu drei Stunden in der Luft schweben

Auch eine Studie, die Forscher im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten, belegte, dass Sars-CoV-2 bis zu drei Stunden in Aerosolen überdauern kann. Aerosole sind feste und/oder flüssige Teilchen, die in der Luft schweben – also nicht sofort zu Boden sinken.

Theoretisch wäre demnach denkbar, dass jemand den Erreger ausatmet und jemand anderes ihn wieder einatmet. Auch auf der Kleidung könnte der Virenschauer eines Ausatmers niedergehen. Es sei zumindest nicht auszuschließen, dass es möglich ist, sich auch über die Luft anzustecken. Doch dazu geforscht, ob das wirklich passiert, hat bisher noch niemand.

Die Wissenschaftler der Studie schlussfolgern, dass ein Übertragungsweg über Aerosole zwar plausibel sein könnte, es komme jedoch auch darauf an, wie hoch die Viruslast in den Aerosolen ist und ob diese ausreiche, um einen anderen Menschen zu infizieren. Auch dazu gibt es noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Coronavirus: Tröpfcheninfektion erfolgt meist von Mensch zu Mensch

Laut RKI sinken Tröpfchen normalerweise direkt nach dem Ausscheiden zu Boden. Bei einer Tröpfcheninfektion wird der Krankheitserreger über Speichel- oder Schleimtröpfchen beim Husten, Niesen oder Sprechen ausgeschieden und kann von einem anderen Menschen eingeatmet werden.

Die Tröpfchenübertragung erfolgt in den meisten Fällen direkt von Mensch zu Mensch, wenn Virus-haltige Tröpfchen an die Schleimhäute der Atemwege gelangen. Möglich ist zudem auch, dass Coronaviren eine ganze Zeit lang auch auf verschiedenen Oberflächen überleben.

Die Lebensdauer von Coronaviren auf verschiedenen Oberflächen.
Die Lebensdauer von Coronaviren auf verschiedenen Oberflächen. © Berliner Morgenpost | Berliner Morgenpost

Virologe Drosten: Partikel in der Luft eher eine Frage in Innenräumen

Der Chefvirologe der Berliner Charité, Christian Drosten, weist im Podcast „Coronavirus-Update“ des NDR zudem darauf hin, dass sich die Virusmenge, die jemand mit Corona-Infektion ausatmet, an der frischen Luft schnell verdünnt, etwa durch den Wind. Ob sich Viren auch über Partikel in der Luft verbreiten, sei also eher eine Frage in Innenräumen.

Dennoch gilt: Es gibt auch beim Joggen ein Restrisiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Dieses lässt sich bestmöglich reduzieren, indem man Abstand hält. Auch sollte man sich nicht überanstrengen, da der Körper nach hoher Intensität anfälliger ist. Sport generell stärkt das Immunsystem und hält den Körper fit.

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