Stockholm. In Dänemark werden immer mehr Patienten zu Hause behandelt. Das spart Krankenhausbetten und Kosten. So funktioniert das neue Modell.

Dänemarks Krankenhäuser – oder zumindest ein Teil seiner Leistungen – ziehen bei den Dänen zuhause ein. Denn vieles, was derzeit nur im Krankenhaus gemacht wird und Bettenbelegungsquoten und Kosten in die Höhe treibt, kann eigentlich auch daheim in den vertrauten vier Wänden durchgeführt werden.

Deshalb können in ganz Dänemark Patienten beispielsweise ihre Antibiotika am Tropfständer nachhause geschickt bekommen. Das erspart ihnen tagelanges Herumliegen in einem Krankenhausbett. Den chronischen Mangel an Krankenhausbetten und entsprechenden Wartezeiten bekämpft das Land damit erfolgreich.

Im eigenen Bett fühlen sich viele Patienten weniger krank

Eigentlich hätte Rikke Starup lange in einem Krankenhausbett liegen müssen. Doch stattdessen wird sie zu Hause mit Antibiotika am Tropf behandelt. Rikke Starup ist nur eine von vielen Patienten, die inzwischen zu Hause statt im Krankenhaus behandelt werden. Sie hat eine Infektion in ihrem Becken und erhält Antibiotika über einen Schlauch in ihrem Arm. Dabei tut sie das, was sie immer daheim tut. So ist gerade ihre Nähmaschine eingeschaltet, den knallbunten Stoff lässt sie gekonnt hindurchrattern.

In Dänemark werden immer mehr Patienten zu Hause behandelt. (Symbolbild)
In Dänemark werden immer mehr Patienten zu Hause behandelt. (Symbolbild) © imago/Westend61 | imago stock

An den Schlauch hat sie sich gewöhnt. „Das bedeutet mir viel, denn zu Hause fühle ich mich nicht so krank, und ich glaube, man erholt sich schneller, wenn man in einer vertrauten Umgebung ist", sagt sie dem öffentlich-rechtlichen dänischen Rundfunk DR. Sie ist oft krank. Bei ihren früheren Krankenhausaufenthalten musste Rikke Starup alle sechs Stunden Antibiotika über Infusionen verabreicht werden. „Und es gab sonst nicht viel zu tun. Es ist klüger, Geld zu sparen, indem man nicht in einem Krankenhausbett liegt“, sagt sie. Lesen Sie auch: 90 Patienten pro Jahr wurden unnötig ein Bein amputiert

Heimbehandlung gegen die Bettenüberbelegung

Im vergangenen Jahr hat die Abteilung für Infektionskrankheiten des Universitätskrankenhauses Aalborg durch solche Behandlungen zuhause mehr als 500 Tage Krankenhausaufenthalt eingespart, berichtet der öffentlich rechtliche Sender DR. Aber die Möglichkeiten der Behandlung zu Hause sind noch umfangreicher, haben die Dänen festgestellt.

Nicht nur, wenn es um die Behandlung mit Antibiotika geht. Manche Menschen können auch Flüssigkeiten über Infusionen, Dialyse oder bestimmte Formen der Chemotherapie zuhause erhalten, ohne ins Krankenhaus zu müssen. Im vergangenen Jahr waren in der Region Midtjylland fast 3.000 Patienten auf Antibiotika oder Infusionen angewiesen. Sie wurden zu Hause oder ambulant behandelt, was mehr als 19.000 Krankenhaustagen einsparte.

Insgesamt verzeichnet das Universitätskrankenhaus Aalborg etwa 260.000 stationäre Tage pro Jahr. Aber mit mehr häuslicher Behandlung könnten es deutlich weniger sein, sagt Jesper Smit, Arzt in der Abteilung für Infektionskrankheiten am Universitätskrankenhaus Aalborg gegenüber DR. „Wenn wir einen Teil der Patienten, die sonst bis zu sechs Wochen hier wären, zu Hause behandeln können, werden Betten für Patienten frei, die einen echten stationären Aufenthalt benötigen", sagt er.

Oft müssen Krankenschwestern bei der Behandlung zu Hause helfen

Heute haben mehrere Krankenhäuser des Landes Probleme mit Überbelegung und Patienten auf den Fluren. „Selbst wenn die frei werdenden Bettenplätze nicht alle Probleme der Überbelegung lösen, können sie doch etwas bewirken“, sagt auch Jes Sögaard, Professor für Gesundheitsökonomie gegenüber DR. „Es gibt hier sozusagen viele Tropfen auf den heißen Stein, daher ist jeder Beitrag, der den Druck auf die Krankenhäuser verringern kann, willkommen“, sagt er.

Das Universitätskrankenhaus Aalborg bietet seit vielen Jahren Behandlungen zuhause an. Bislang war es ein Erfolg, und nach Angaben des Krankenhauses hat keiner der Patienten, denen es angeboten wurde, es abgelehnt. Während die Behandlung zu Hause in einigen Krankenhäusern bisher freiwillig war, haben sich nun alle Regionen verpflichtet, sie anzubieten. Mehr zum Thema Pflege: Lage pflegender Eltern dramatisch verschärft

Wenn das Ziel, mehr Patienten zu Hause zu behandeln, erreicht werden soll, müssen die Gemeinden und Regionen jedoch gut zusammenarbeiten. Denn manchmal ist es notwendig, dass eine Krankenschwester von der kommunalen Hauspflege bei der Behandlung zu Hause hilft, sagt Jes Sögaard. „Man muss dafür sorgen, dass in den Gemeinden genügend Personal vorhanden ist, wenn eine Krankenschwester zum Patienten nach Hause kommen muss“, unterstreicht er allerdings. Patienten bräuchten doch hin- und wieder Hilfe.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.