Berlin. Erleichtern viele Kanäle das Kommunizieren? Eher nicht, findet unser Kolumnist Hajo Schumacher, der den ganzen Tag Postfächer leert.

Früher, als die Welt übersichtlich war, hatte jede Wohnung einen Briefkasten. Bei uns kam die Post einmal am Tag, gegen elf. In digitalen Zeiten trägt jeder Mensch mindestens ein Dutzend Briefkästen bei sich, die nach dem Überraschungsprinzip gefüllt werden und rund um die Uhr kontrolliert werden müssen.

Wie Hütehunde auf Kokain kreisen wir unentwegt um die Apps. Mein hypernervöses Alarmsystem schreit: „Könnte etwas Wichtiges sein“, während die Lebenserfahrung seufzt: „Ist es aber nicht.“ Leider gewinnt meistens der Alarm.

Das Internet soll das Leben erleichtern, sorgt aber nur für Chaos

„Stell doch auf Push“, rät das naseweise Kind, also jene Funktion, die mich benachrichtigt, sobald ich benachrichtigt worden bin. Kann man machen, denkt der datensensible Vater, aber das heißt, dass ich permanent alle Apps geöffnet halten muss, womit ich lückenlos überwacht und ausgesaugt werde. Andererseits: Wer sich nicht pushen lässt, hechelt der eigenen Verpassenspanik hinterher, auf zu vielen Kanälen.