Berlin. Wenn alles klappt, ist Bahnfahren eine tolle Sache. Doch viel zu oft streikt die Technik. Klar ist: Die Bahn muss besser werden.

Ein ICE, der im Thüringer Wald aus einem Tunnel kommt: Das ist ein tolles Motiv, das sofort Lust macht auf einen Trip mit dem neuen Sprinter von Berlin nach München; und zwar in knapp vier Stunden. Reisen kann so schön sein und auch so schnell.

So weit die Theorie. In der Praxis gleicht es einem Griff in die Los-Kiste, ob die Reise per ICE oder IC stressfrei abläuft oder im Chaos endet.

Wer viel reist, ist es gewohnt, vorher bange auf sein Handy zu blicken, wo vor Zugausfällen und Verspätu ngen gewarnt wird. Der souveräne Bahnkunde weiß zudem, dass er sich nicht auf Bordgastronomie („Heute gibt es nur Sandwiches und Kaltgetränke“), Reservierungen („Datenbankfehler“, „Ausfall des elek­tronischen Systems“, „nicht vorhandene Waggons“) oder funktionierende Toiletten verlassen kann.

Und er stellt sich darauf ein, dass er regelmäßig Formulare ausfüllen muss, um sein Geld wiederzubekommen für vergebliche Reservierungen und Ausfälle.

Hintergrund: Deutsche Bahn – Warum günstige Tickets alleine nicht reichen

Bahnfahren ist: Wenn auch der Ersatzzug streikt

Wer viel reist, hat auch viel zu erzählen. Von unschönen Szenen etwa im Bahnalltag, wenn treue Bahn-Comfort-Kunden auf ihr Recht pochen und Reisende von Sitzen vertreiben, die ohnehin schon genervt sind, weil ihr gebuchter Zug samt Reservierung „aus technischen Gründen“ ausgefallen ist. Oder wenn Züge so überfüllt sind, dass Reisende ohne Platz mit ihrem Gepäck die Gänge blockieren.

Es kommt auch vor, dass ein Ersatzzug für einen defekten Triebwagen ebenfalls defekt ist. Dann ist das Chaos an den Bahnhöfen perfekt.

Es gibt auch nagelneue ICE, in denen noch nicht mal Kaffee verkauft werden kann („technischer Defekt“). Und auch das kommt vor: Kunden, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, werden gebeten, einen anderen Zug zu nehmen. Im Waggon mit der Behindertentoilette sei die Klimaanlage ausgefallen (die Klimaanlage ist ohnehin ein Dauerbrenner bei den Defekten). Hinzu kommt das Wetter, die Hitze, die Kälte, der Schnee, das Laub.

Nun läuft bei der größten Konkurrenz, den Billigfliegern, auch nicht alles rund. Wer viel fliegt, erzählt ebenso viel wie der Bahnkunde von ausgefallenen Verbindungen und Chaos. Doch der Kunde von Eurowings, Ryanair und Easyjet zahlt wenigstens weniger.

Wenn etwa die Verbindung Berlin–Bonn hin und zurück nur 60 Euro kostet, der Trip mit der Bahn trotz Bahncard 160, dann muss man schon finanziell ziemlich unabhängig sein, um sich davon nicht beeinflussen zu lassen.

Bahnfahren ist: Besser als auf der Autobahn im Stau

Dass die Züge trotz all dieser Schwierigkeiten vor allem auf den Hauptstrecken so voll sind, zeigt: Die Menschen in Deutschland haben Lust auf den Zug. Tatsächlich ist das Reisen vergleichsweise umweltfreundlich und unkompliziert: Ticket kaufen – einsteigen – aussteigen. Noch schlimmer als eine dicke Verspätung ist es – so die pragmatische Haltung –, irgendwo auf der Autobahn im Stau festzusitzen.

Die Bahn ist wohl – zumindest für Inlandsreisen – das Verkehrsmittel der Zukunft. Nicht nur die Grünen, auch die Union hat endlich erkannt, dass sie mit einer bahnfreundlichen Politik in diesen klimabewegten Flugscham-Zeiten einen Wählernerv treffen können.

So wollen die Parteien auf niedrigere Preise etwa durch geringere Mehrwertsteuersätze hinwirken. Sollte die Bahn – zumindest finanziell – konkurrenzfähig mit dem Flugzeug sein, werden die Fahrgastzahlen mutmaßlich noch einmal gewaltig ansteigen. Dabei ist die Bahn jetzt schon ein riesiger, oft völlig überlasteter Apparat.

Bahnfahren ist: Manchmal unschlagbar

Die Bahn soll fit werden für die Zukunft: Es gibt wohl kaum unternehmerische Herausforderungen, die größer sein können. Bis es so weit ist, sei den Kunden gesagt: Es gibt sie, die perfekte Zugfahrt, die einfach nur funktioniert. Und dann ist die Bahn unschlagbar.