Berlin. Sirenen heulen, Handys klingeln, TV und Radio machen Alarmmeldungen. Am 8. Dezember um 11 Uhr werden bundesweit Warnmittel getestet.

Am 8. Dezember um 11 Uhr wird es laut in Deutschland. Zum bundesweiten Warntag werden die Warnsysteme getestet: Sirenen ertönen, Lautsprecherwagen fahren umher, Durchsagen in der Bahn, im Radio und im TV. Der Aktionstag soll Systemschwächen aufzeigen und die Bevölkerung für die Katastrophenwarnung sensibilisieren. Es geht um Vorbereitung auf einen Ernstfall.

Beim letzten Testlauf am 10. September 2020 lief einiges schief: Sirenen funktionierten nicht und Warnmeldungen wurden zu spät versendet. Es fiel auf, dass die Bevölkerung nicht flächendeckend gewarnt werden konnte. In einem Katastrophenfall kann das Leben kosten. Diesmal will das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mehr Menschen erreichen.

Katastrophenwarnung aufs Handy: Cell Broadcast

Möglich soll das eine Katastrophenwarnung via Cell Broadcast machen. Eine Meldung mit den Informationen wird ans Handy gesendet. Sie ähnelt einer SMS: Sie erscheint als Pop-Up auf dem Display und löst einen Alarm aus – auch wenn das Handy auf stumm geschaltet ist.

So funktioniert Cell Broadcast

Jedes Handy ist normalerweise mit einer Funkzelle verbunden. Sie deckt den Bereich eines Sendemasts ab und sichert den Netzempfang. Über den Verteiler einer Funkzelle kann Cell Broadcast Meldungen an die Handys, die sich im Funkzellen-Sendebereich befinden, schicken. Dabei werden keine Telefonnummern benötigt. Menschen bleiben so anonym und können trotzdem benachrichtigt werden. Der geringe Datenaustausch schon die Netzkapazität, weshalb auch bei Überlastung oder fehlender Stromversorgung, die Menschen informiert werden können.

Es gibt allerdings Einschränkungen für Cell Broadcast:

  • Das Handy braucht Netzempfang: Ohne Akku oder im Flugzeugmodus kann die Nachricht nicht zugestellt werden.
  • Es können ausschließlich Textnachrichten versendet werden – Fotos, Videos oder Karten nicht.
  • Bisher konnten nur neuere Modelle so erreicht werden. Ob inzwischen auch ältere Handys die Katastrophenmeldungen empfangen, wird sich bei der Übung herausstellen.

In anderen EU-Ländern ist der Cell Broadcast schon gängig. In Deutschland soll er Ende Februar 2023 den regulären Betrieb aufnehmen. Damit wird sollen andere Warn-Apps wie Nina oder KatWarn ergänzt werden. Inwiefern die Zustellung der Testwarnmeldung der höchsten Warnstufe klappt und ob so mehr Menschen erreicht werden, wird nun erstmals getestet.

Am 8. Dezember um 11 Uhr schrillen die Sirenen bundesweit
Am 8. Dezember um 11 Uhr schrillen die Sirenen bundesweit © Rolf Vennenbernd/dpa

Immer mehr Klimakrisen in Deutschland

Der Ausbau der Warnsysteme in Deutschland ist überfällig. Wetterextreme nehmen von Jahr zu Jahr zu. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärt: „Wir müssen uns für die Zukunft besser für Krisenlagen wie Wetterextreme, Waldbrände oder Hochwasser wappnen.“

Was passiert, wenn der Katastrophenschutz versagt, zeigte die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021. Schon Tage vor der Katastrophe war dem Wetterdienst bekannt, dass ein großes Unwetter auf die Menschen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein Westfalen zu kommt. Dennoch wurden sie nicht ausreichend informiert.

Zu wenig Radio- und Fernseh-Warnungen, kaum Meldungen per App – für einen Großteil der Bevölkerung kamen die Wassermassen überraschend. Besonders schlimm traf es Ahrweiler in der Eifel. Dort starben 133 Menschen. Insgesamt verloren in der Flutkatastrophe 180 Menschen ihr Leben.

Leben, die womöglich mit einem ausgebauten Warnsystem gerettet werden könnten. Moderne Technik soll helfen, Menschen schnell und zielgerichtet zu warnen. „Neue Systeme müssen wir testen, um sie später präzise einsetzen zu können“, erklärt Faeser. Inwiefern das dieses Jahr klappt, wird sich zeigen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.