Frankfurt/Main. Zunehmende Gewalt im Amateur-Fußball wird zum Problem für den DFB. Einige Schiedsrichter haben sich nun für ein Video zusammengetan.

Ein Schiedsrichter zieht die rote Karte – und wird daraufhin von einem Spieler so brutal zusammengeschlagen, dass er mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden muss. Die Nachricht von einem Kreisliga-Spiel im hessischen Dieburg sorgt vor einigen Tagen für Entsetzen.

Es ist kein Einzelfall, die Gewalt bei der Begegnung des FESV Münster gegen den TV Semd hätte auf vielen anderen Plätzen im Land auch geschehen können. Die Entwicklung nimmt der Deutsche Fußball-Bund ausgesprochen ernst. Nach einem offenen Brief wurde nun auch auch eine Video-Kampagne gestartet.

Die Elite der deutschen Fußball-Schiedsrichter ruft in dem Zweiminüter zu mehr Respekt auf und stellt sich gegen Gewalt. „Wir Schiris stehen zusammen. Egal, in welcher Klasse“, heißt es in dem Video auf dfb.de, für das mehr als 30 Spitzenreferees und deren Assistenten Botschaften einsprachen: „Gewalt gehört ins Abseits. Egal, ob passiv oder aktiv. Zeigt Gewalt die Rote Karte! Ohne Schiedsrichter rollt der Ball nirgendwo.“ Motto der Kampagne ist „Wir stellen Gewalt ins Abseits“. Oder, ganz Social-Media-tauglich: #wirstellengewaltinsabseits.

DFB veröffentlich Schiri-Video: Gewalttaten „schockieren uns“

„Die zahlreichen Gewalttaten, Respektlosigkeiten und Übergriffe gegen Schiedsrichter auf den Amateurplätzen schockieren auch uns, wir sind bestürzt, fassungslos und betroffen. Jeder Vorfall ist einer zu viel, jede Form von Gewalt ist nicht akzeptabel“, hieß es in einem Brief an die Schiedsrichter, der von DFB-Präsident Fritz Keller, den Vize-Präsidenten Rainer Koch und Ronny Zimmermann sowie Generalsekretär Friedrich Curtius unterschrieben war.

In dem zuvor veröffentlichten Schreiben sichert die Führung des Deutschen Fußball-Bundes den ehrenamtlichen Unparteiischen volle Unterstützung zu. „Die zahlreichen Gewalttaten, Respektlosigkeiten und Übergriffe gegen Schiedsrichter auf den Amateurplätzen schockieren auch uns, wir sind bestürzt, fassungslos und betroffen“, heißt es in einem von Präsident Fritz Keller, den Vizepräsidenten Rainer Koch und Ronny Zimmermann sowie Generalsekretär Friedrich Curtius unterzeichneten offenen Brief.

Gewalt gegen Schiedsrichter: DFB appelliert an staatliche Institutionen

Jeder Vorfall „sei einer zu viel, jede Form von Gewalt sei nicht akzeptabel“, schrieb die DFB-Spitze weiter. „Angriffe auf den Schiedsrichter sind Angriffe auf den Fußball. Und das muss, da gibt es keine zwei Meinungen, aufhören!“

Es müsse alles dafür getan werden, die Schiedsrichter in den unteren Spielklassen zu schützen. „Wir als Dachverband werden die Landesverbände und die Schiedsrichter-Ausschüsse uneingeschränkt bei allem unterstützen, was dazu dient, dass möglichst alle Fußballspiele in Deutschland wieder gewaltfrei stattfinden“, kündigte der DFB an und versicherte den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern: „Wir lassen Sie nicht allein!“

Zugleich appellierten Keller und Co. an die staatlichen Institutionen, gegen die zunehmende Gewalt mit aller Schärfe vorzugehen. „Gefragt ist nicht nur die Sportgerichtsbarkeit, sondern vor allem Polizei, Justiz und auch die Politik. Fußballplätze sind keine rechtsfreien Räume“, hieß es. Und weiter: „Von den Staatsanwaltschaften und der Polizei wünschen wir uns mitunter einen größeren Ermittlungseifer, wenn es um Straftaten auf dem Fußballplatz geht.“

Schiedsrichter wird mit Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht

Anstoß zu dem Brief und dem Video gab auch eine erneute Gewalt-Eskalation im Amateur-Fußball am vergangenen Wochenende. Bei der Kreisliga-Partie zwischen der FSV Münster und dem TV Semd zeigte der 22 Jahre alte Schiedsrichter Gelb-Rot. Ein 28 Jahre alter Spieler des Münsteraner Vereins schlug den Referee daraufhin nieder. Der Schiedsrichter verlor zunächst das Bewusstsein, wurde später mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht. Er Erlitt eine Gehirnerschütterung und klagte über starke Schmerzen am Kiefer.

Der Spieler des FSV Münster hat mittlerweile ein lebenslanges Hausverbot von seinem Verein erhalten, die gesamte Mannschaft wurde vom laufenden Spielbetrieb abgemeldet.

Der aktuelle Fall ist nur ein trauriger Höhepunkt in einer zunehmenden Gewaltspirale im Amateurfußball. Nach immer wieder neuen Vorfällen waren etwa in Berlin am Wochenende Schiedsrichter in den Streik getreten und hatten den Berliner Fußball nahezu lahmgelegt. Ab der 6. Liga fand keine Partie statt, weit mehr als 1000 Spiele waren betroffen.

Berliner Verein schützt Schiedsrichter mit Bodyguards

Wie dringend Handlungsbedarf besteht, lässt sich auch am Berliner Landesligisten Friedenauer TSC ablesen. Der Verein lässt seine Schiedsrichter einem Bericht der „Bild“ zufolge ab sofort von Bodyguards schützen. Die Sicherheitsfirma soll an Sonntagen alle fünf Männer-Mannschaften bei Heimspielen schützen. Bis zum Ende der Hinrunde sollen die Kosten für die Sicherheitsfirma rund 5000 Euro betragen.

In den Berliner Amateur- und Jugendklassen hat es allein in dieser Saison schon 109 Vorfälle von Gewalt und Diskriminierung gegeben, bei denen in 53 Fällen Referees als Opfer gezählt wurden. Für Aufsehen sorgten auch ein Spiel in der Fußball-Kreisliga, bei dem ein 71-jähriger Schiedsrichter in Herscheid nach einer Gelben Karte krankenhausreif geschlagen wurde. Im Juni endete ein Streit bei einem Kinder-Fußballturnier in Solingen mit einer Messerstecherei. Bei einer Kreisliga-Partie in Moers mussten nach regelrechten Jagdszenen auf dem Platz gleich zwei Schiedsrichter ins Krankenhaus gebracht werden. (jkali/dpa)