Paris. Paris lässt den Eiffelturm neu streichen. Der Zustand des Bauwerks ist schlecht, es wird über einen drohenden Einsturz spekuliert.

Seit 133 Jahren reckt der Eiffelturm sein markantes Eisengerippe in den Pariser Himmel. Eigentlich, so sollte man annehmen, dürfte dem weltberühmten Pariser Wahrzeichen nichts und niemand etwas anhaben können. Aber das stimmte noch nie.

Schon der Erbauer der „Dame de fer“ (Eiserne Dame), der Ingenieur Gustave Eiffel, hatte gewarnt, dass das Denkmal sorgfältig gewartet werden müsse, um jede Rostbildung zu vermeiden. Regelmäßig sei es daher mit einer neuen und schützenden Farbschicht zu versehen.

Tatsächlich hat man sich stets an diese Anweisung gehalten. Derzeit erhält der Eiffelturm – wie alle sieben Jahre – einen neuen Anstrich. Doch das reicht womöglich nicht mehr, um das Wahrzeichen vor dem Verfall zu retten.

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Eiffelturm von Einsturz bedroht?

Das französische Wochenmagazin „Marianne“ schlägt bereits Alarm. „Wir haben Notre Dame brennen sehen, werden wir den Eiffelturm einstürzen sehen?“, fragte die Zeitschrift unlängst unter Berufung auf unter Verschluss gehaltene Expertenberichte, in denen von „mittlerweile besorgniserregenden Mängeln“ die Rede ist.

In Frankreich tobt eine engagierte Diskussion über die Zukunft des Turms: Schon vor Jahren hatte die Betreibergesellschaft angekündigt, ihn für 300 Millionen Euro umfassend sanieren zu wollen. Bis zu den 2024 in Paris stattfindenden Olympischen Spielen sollte alles fertig sein. Doch dann kam Corona und wirbelte den Zeitplan durcheinander.

Am Eiffelturm nagt der Zahn der Zeit.
Am Eiffelturm nagt der Zahn der Zeit. © Getty Images | saiko3p

Mittlerweile ist von einer Totalerneuerung keine Rede mehr, der Eiffelturm wird nur wieder mal frisch angestrichen.

Paris streitet über Eiffelturm

Dabei hätte er eine Verjüngungskur nötig. Der Zahn der Zeit nagt am Besuchermagneten. Schon 2010 haben Experten der Betreibergesellschaft eine neue Instandhaltungspolitik sowie eine gründliche Sanierung nahegelegt, berichtet „Marianne“. Eine zweite Expertise aus dem Jahr 2014 konstatierte demnach, dass der Turm Risse aufweise und stellenweise starken Rostbefall. Das Architekturbüro SLH Ingénerie stellte später 884 Mängel fest, von denen 68 als ein Risiko für die „Haltbarkeit“ der Struktur eingestuft wurden.

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Der Umstand, dass derzeit lediglich das Make-up der Eisernen Dame erneuert wird und eine Grundsanierung nicht mehr vorgesehen ist, sorgt für Streit bis hinein in den Stadtrat. Die Opposition fordert vehement „Aufklärung über den wahren Zustand des Eiffelturms“ von der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo und von Sete, der zu 99 Prozent der Stadt Paris gehörenden Betreibergesellschaft.

Zumal SLH Ingénerie kritisiert, dass der neue Anstrich die Korrosion darunter sogar noch beschleunigen werde. Andere Spezialisten meinen hingegen, die neue Farbschicht schütze sehrwohl gegen Umwelteinflüsse. Derweil wird Patrick Branco Ruivo, der Chef der Betreibergesellschaft, nicht müde, die Solidität des Bauwerks zu betonen.

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Arbeiter verpassen dem Eiffelturm einen neuen Anstrich.
Arbeiter verpassen dem Eiffelturm einen neuen Anstrich. © AFP | Getty Images

Er versichert, dass man die auftretenden Mängel selbstverständlich behebe. Zum ersten Mal in der Geschichte des Turms, sagt Ruivo, habe man an beschädigten Stellen sogar alle 19 alten Farbschichten entfernt und dabei festgestellt, dass das Material darunter so gut wie gar nicht angegriffen sei: „Mit diesem guten Eisen bleibt der Eiffelturm weiter stehen.“ Eine Generalüberholung sei „keineswegs nötig“.

Eiffelturm als Touristenmagnet

Der Eiffelturm, den pro Jahr bis zu sieben Millionen Menschen besuchen, müsste dafür wohl geschlossen werden. Ein wegen Bauarbeiten gesperrter Eiffelturm, das möchte sich vor den Olympischen Spielen niemand vorstellen.

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Ursprünglich war überhaupt nicht vorgesehen, dass er ein solches Alter erreicht. Die gewagte, 324 Meter hohe und 7300 Tonnen schwere Eisenkonstruktion war anlässlich der Pariser Weltausstellung 1889 aufgebaut worden. Gustave Eiffel errang damals nur mit größter Mühe die Genehmigung, sie 20 Jahre lang stehen zu lassen. Spätestens 1909 also sollte der Turm, der zunächst als „Giraffenkäfig“ oder „tragische Stehlampe“ verunglimpft wurde, wieder abgerissen werden. Doch da hatte er bereits den Status der Unantastbarkeit errungen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.