Den Beruf des Stockmachers gibt es in Deutschland nur noch zwei Mal. Wir stellen den 51-jährigen Michael Geyer vor, der auf die Herstellung solcher Stöcke spezialisiert ist.

„Ich wandere ja so gerne …“ – in der Schule hast du vielleicht schon mal dieses oder ein anderes Wanderlied gesungen. Viele, die wandern gehen, ziehen sich ihre passenden Schuhe an, packen ihren Rucksack, und dann geht es los. Für den einen oder anderen Fußgänger darf dann aber noch ein weiteres Utensil nicht fehlen: der Wanderstock. Auf die Herstellung von solchen Stöcken ist Michael Geyer spezialisiert.

Der 51-Jährige ist eigentlich Tischler. Sein Opa und sein Vater waren Stockmacher, und von ihnen hat er gelernt, wie man Stöcke herstellt. Und von ihnen hat er auch die Firma übernommen. Jetzt gehört Michael Geyer die Stockfabrik in Lindewerra. Da ist ein kleiner Ort im Eichsfeld. Er liegt ganz im Westen von Thüringen, an der Grenze zu Hessen.

Lindewerra ist bekannt dafür, dass hier Stöcke hergestellt werden. Seit 1836 ist das so. Heute gibt es in dem Ort aber nur noch eine einzige Fabrik: die von Michael Geyer. Als Kind hat er schon in der Werkstatt bei seinem Vater und beim Großvater mitgeholfen. Das hat ihm gefallen. „Man durfte machen, was andere Kinder nicht machen“, sagt er.

Die Stöcke werden geflammt oder gebeizt.
Die Stöcke werden geflammt oder gebeizt. © Sibylle Klepzig

Heute arbeitet er mit zwei Mitarbeitern in seiner Werkstatt und stellt im Jahr 60.000 bis 70.000 Stöcke her. Dafür verwendet er Naturprodukte: Holz und Leder. „Jeder Stock ist ein Unikat“, sagt er. Das heißt, jeden Stock gibt es nur ein einziges Mal auf der Welt.

Die meisten Stöcke, die er herstellt, sind für Wanderer. Am häufigsten werden sie im Gebiet rund um die Alpen gekauft, sagt der Fachmann. Er stellt aber auch Stützstöcke mit Sitzfläche, Flanierstöcke, Jagd- oder Krankenstöcke her. Das ausgefallenste, was Michael Geyer einmal gemacht hat, ist den Oberschenkelknochen eines Kunden an einen Stock zu arbeiten.

Normalerweise bestehen die Stöcke aus Esskastanie. Aber auch Äste von Ahorn, Esche oder Schwarzdorn werden verwendet. Ein klassischer Stock kostet 20 bis 50 Euro. Gekauft werden sie von Leuten, die keinen Stock aus einer Massenanfertigung wollen.

Die Kunden sind dabei ganz bunt gemischt vom Alter her. „Vom Kind, das mit Opa los wandert, weil der auch einen Stock hat. Bis hin zu Wanderern, die eben keinen klassischen Stock wollen“, sagt der Stockmacher. Er betont, dass ein Stock kein Zeichen von Alter ist. Manche wollen einfach ein schönes Schmuckstück beim Spazieren. Manche machen auch Metallplaketten dran, um zu zeigen, wohin sie schon gewandert sind.

Ganz hochwertige Stöcke kosten auch mal 1000 Euro. Da ist dann viel Leder oder Metall dran.

Um seine Stöcke an den Handel zu bringen, fährt Michael Geyer selbst durch ganz Europa. Seine Kunden sind in der Schweiz, Südtirol in Italien oder in England. Aber auch in den USA oder China.

Außerdem geht er auf Handwerkermärkte, wo gezeigt wird, wie ein Stock entsteht. „Damit dieses alte Handwerk nicht in Vergessenheit gerät“, erklärt er. In Deutschland gibt es noch zwei Stockmanufakturen. Europaweit noch fünf, schätzt der Fachmann.

Vom Holzstab zum Wanderstock

  • Die unbehandelten Stöcke müssen gewaschen werden, damit zum Beispiel der Schmutz abkommt.
  • Dann werden sie etwa 20 Minuten gedämpft. So werden sie schön weich und können am Griff gebogen werden. Früher wurde das mit viel Armkraft gemacht. Heute hilft eine Maschine beim Biegen. Anschließend werden die Stöcke getrocknet.
  • Dann wird der Stab geflammt, damit er einen dunkleren Farbton bekommt. Mit einer Säge können individuelle Muster in den Stock gefräst werden.
  • An beiden Enden werden die Stöcke zurechtgeschnitten. Das obere Ende wird abgerundet. Manche bekommen noch einen ganz besonderen Griff oder eine Metallspitze an das untere Ende genagelt.

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