Saint-Louis-du-Sud/Berlin. 1297 Tote, Tausende Verletzte: Die Lage in Haiti ist nach dem Erdbeben dramatisch. Nun nähert sich ein Tropen-Tief dem Karibikstaat.

Nach dem Erdbeben in Haiti steigt die Zahl der Todesopfer weiter stark an. Die Suche nach Vermissten könnte nun durch heftigen Regen und Sturm zusätzlich erschwert werden: Bereits am Montag könnte das tropische Tief "Grace" das Katastrophengebiet erreichen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach den Menschen in der betroffenen Region ihr "tief empfundenes Beileid" aus. "Mein besonderes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer und all jenen, die ihr Hab und Gut verloren haben. Den Verletzten wünsche ich eine schnelle Genesung", hieß es in einer Mitteilung vom Sonntag.

Erdbeben in Haiti: Das ist aktuell über die Opfer bekannt

Am Sonntagabend (Ortszeit) meldete der Zivilschutz von Haiti via Twitter 1297 Tote. Weil Tausende Gebäude zerstört wurden, rechnen allerdings viele mit einer höheren Opferzahl. Menschen wurden nicht nur unter eingestürzten Wohnhäusern verschüttet - auch in den Trümmern von Hotels, Schulen und Kirchen werden noch Vermisste vermutet. Bergungsarbeiten und Hilfsmaßnahmen sind angelaufen.

Der Leiter des Zivilschutzes, Jerry Chandler, hatte zuvor von mindestens 724 Toten berichtet. Mehr als 5700 Menschen wurden verletzt, wie die Zeitung "Le Nouvelliste" unter Berufung auf den Zivilschutz mitteilte. Rund 13.700 Häuser wurden demnach zerstört und ebenso viele beschädigt.

Sturm "Grace" könnte heftige Unwetter bringen

In Haiti bleibt die Lage angespannt, denn nun wappnen sich die Bewohnerinnen und Bewohner gegen die nächste Gefahr: Das Nationale Hurrikan-Zentrum in Miami stufte Tropensturm "Grace", der sich Haiti näherte, zwar herab. Es sagte aber heftigen Regen für die Dominikanische Republik und Haiti am Montag vorher. Ein Unwetter könnte die Rettungsarbeiten weiter beeinträchtigen.

Ein Haitianer hält das Foto seines bei dem Erdbeben ums Leben gekommenen Bruders in den Händen.
Ein Haitianer hält das Foto seines bei dem Erdbeben ums Leben gekommenen Bruders in den Händen. © dpa

Erdbeben mit Stärke 7,2 und zahlreiche Nachbeben

Die US-Behörde USGS gab die Stärke des Erdbebens mit 7,2 angegeben. Das Beben hatte sich am Samstagmorgen rund zwölf Kilometer von der Gemeinde Saint-Louis-du-Sud in rund zehn Kilometern Tiefe ereignet. Bei vielen teils starken Nachbeben verbrachten zahlreiche Menschen nach Berichten in sozialen Medien die Nacht auf Sonntag im Freien. Nach Erdrutschen waren viele Straßen versperrt.

Die Krankenhäuser haben mit Überlastung zu kämpfen. Im Innenhof eines Hospitals in Jérémie, einer der am meisten betroffenen Städte, warteten Verletzte in Zelten auf ihre Behandlung, wie in einem Video in sozialen Netzwerken zu sehen war. Nach Angaben des Zivilschutzes wurden inzwischen fast 3200 Verletzte in Krankenhäuser gebracht.

Mehr als 250 kubanische Ärzte, die das Land bereits im Kampf gegen die Corona-Pandemie unterstützen, bereiteten ein Covid-Krankenhaus in Porte-au-Prince für die Behandlung schwer verletzter Opfer vor. Internationale Hilfsorganisationen, darunter I.S.A.R. Germany und der Bundesverband Rettungshunde, kündigten ebenfalls Unterstützung an.

Verheerendes Erdbeben erschütterte Haiti 2010

Teile des Landes waren bereits im Jahr 2010 von einem schweren Erdbeben verwüstet worden. Das Zentrum des Bebens befand sich damals in Haitis dicht besiedelte Hauptstadt Port-au-Prince. 222.000 Menschen starben, mehr als 300.000 wurden verletzt. Mehr als eine Million Menschen verloren ihr Zuhause.

Die Lage in dem armen Karibikstaat ist äußerst angespannt. Anfang Juli war Staatspräsident Jovenel Moïse in seiner Residenz ermordet worden. Seine Frau hatte den Anschlag schwer verletzt überlebt.

(dpa/afp/raer)