Frankfurt/Wiesbaden. Messenger-Dienste wie „Telegram“ werden immer mehr für Drogenhandel genutzt. Jetzt haben Ermittler eine Großrazzia gestartet.

Schnell ein paar Zeilen, eine Sprachnachricht oder ein nettes Foto zu Freunden oder Familie schicken und dann weiterarbeiten – Messenger-Dienste sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken und besonders in der Corona-Krise erleichtern sie unsere Kommunikation. Dass die Chat-Dienste aber auch im großen Stil für den Drogenhandel genutzt werden, haben jetzt wieder Durchsuchungsaktionen in verschiedenen Bundesländern gezeigt.

Wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln, gefälschten Dokumenten und gestohlenen Daten sind Ermittler gegen Administratoren des Messenger-Dienstes „Telegram“ vorgegangen. Bei einer Durchsuchungsaktion am Donnerstag sei die Kommunikation in insgesamt neun Chatgruppen mit rund 8000 Mitgliedern übernommen und sichergestellt worden, teilten das Bundeskriminalamt und die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Freitag mit.

„Telegram“ werde beim Handel mit illegalen Waren und Dienstleitungen als Alternative zu Handelsplattformen im Darknet verwendet, erklärten die Behörden. In teilweise öffentlich zugänglichen Kanälen und Chatgruppen erfolge die Anbahnung der illegalen Geschäfte, die Abwicklung dann in separaten Chats zwischen einzelnen Nutzern, sagte Oberstaatsanwalt Benjamin Krause. Seit Anfang Juni liefen die Ermittlungen im aktuellen Fall.

Drogen über Telegram: Gegen 28 Personen Ermittlungen aufgenommen

Es handele sich um den ersten größeren Einsatz gegen „Telegram“-Nutzer. Der Schwerpunkt der Durchsuchungen am Donnerstag habe in Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen gelegen. Ermittelt werde bislang gegen 28 Beschuldigte, sie waren den Angaben zufolge entweder Administratoren von Gruppen oder Verkäufer illegaler Waren. Insgesamt wurden 30 Objekte in sechs Bundesländern durchsucht.

Die Beamten stellten mehr als vier Kilogramm Betäubungsmittel, acht Waffen sowie 8000 Euro in bar, zudem Datenträger und Smartphones sicher. In Hessen wurde ein 25-Jähriger aus dem Landkreis Offenbach verhaftet, ein 19-Jähriger aus demselben Landkreis soll noch an diesem Freitag dem Haftrichter vorgeführt werden. Das ZIT werde die Ermittlungen gegen 13 Männer im Alter zwischen 18 bis 54 Jahren weiterverfolgen, da sie entweder aus Hessen stammen oder Aussicht bestehe, dass sie in dem Bundesland angeklagt werden. Mehr zum Thema: Kokain-Handel in Deutschland weiter auf dem Vormarsch

Kommunikation über Drogen in Messengerdiensten einfacher als im Darknet

Die anderen Verfahren führten die Staatsanwaltschaften vor Ort. Den 13 Männern wirft das ZIT unter anderem unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln in teils nicht geringer Menge vor. Beteiligt waren den Angaben zufolge auch die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg sowie die Staatsanwaltschaften in Bremen, Chemnitz, Essen, Hagen, Konstanz und Mannheim. Zudem habe es in Österreich durch die Staatsanwaltschaft Feldkirch mit der Polizei Vorarlberg Durchsuchungen gegeben.

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Die Chatgruppen heißen unter anderem „Silk Road“, „Marktplatz//Schwarzmarkt“, „GermanRefundCrew“ oder „Cracked Accounts Shop“. In den übernommenen Kanälen und Gruppen sei ein Sicherstellungsbanner veröffentlicht worden. Das ZIT beobachte seit ein bis zwei Jahren, dass die Kriminalität auch in Messengerdienste wie Telegram abwandere, sagte Oberstaatsanwalt Krause. Lesen Sie hier: Alkohol: Kinder und Jugendliche trinken immer exzessiver

Dort sei die Kommunikation viel einfacher und schneller als im Darknet, sie könne einfach über das Smartphone erfolgen. Verkäufer fänden viel schneller Käufer. Es sei davon auszugehen, dass alle neuen Kommunikationsplattformen irgendwann auch für kriminelle Zwecke verwendet würden.

Corona-Krise verändert den Drogenhandel

Mitte Oktober hatte der Beginn des „Cyberbunker“-Prozesses für Aufsehen gesorgt. Eine kriminelle Bande soll über Darknet-Server mehr als 200.000 Straftaten ermöglicht haben. Angeklagt sind acht Personen im Alter von 21 bis 60 Jahren. Der Vorwurf lautet auf Bilden einer kriminellen Vereinigung und Beihilfe zur Verbreitung von Drogen, Falschgeld und Aufnahmen von Kindesmissbrauch.

Nicht nur die vielen neuen Chatanbieter verändern den Drogenhandel. Auch Corona hat einen großen Einfluss auf den Rauschgiftmarkt in Europa. EU-Drogenbehörde befürchtet Kokain-Flut nach Corona-Krise. (msb/dpa)