Pointe-à-Pitre. Ein Riesenbakterium überrascht die Wissenschaft. Es ist 5000-mal größer als der Durchschnitt und hat eine bemerkenswerte Struktur.

„Großartige Schwefelperle“ – oder im Original: „Thiomargarita magnificaso“. So hat ein Forscherteam um den französischen Biologen Olivier Gros ein in den Mangroven der südlichen Karibik entdecktes Riesenbakterium getauft. Der Fund stelle das bisherige Wissen über Bakterien auf den Kopf, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science“

Die Entdeckung, die nun von unabhängiger Seite begutachtet worden ist, ist dabei nicht ganz neu: Gesichtet wurde „Thiomargarita magnificaso“ bereits 2009. Doch ursprünglich hielt Gros, Biologieprofessor an der Universität der Antillen, die von ihm beobachteten Fäden für Pilze.

Erst Jahre später stellten sich diese unter dem Mikroskop im Labor als Riesenbakterium heraus. Ein größeres war zuvor noch nie gefunden worden. Bereits im Februar hatte Gros seine Erkenntnisse der Öffentlichkeit als sogenanntes Preprint zur Verfügung gestellt. Lesen Sie auch:Ärzte verschreiben weniger Antibiotika bei Erkältungen

Riesenbakterium ist 5000-mal größer als der Durchschnitt

„Thiomargarita magnificaso“ hat den Angaben zufolge die Form einer Wimper. Es ist bis zu zwei Zentimeter groß und damit 5000-mal größer als durchschnittliche Bakterien. Das Bakterium lasse sich „mit bloßem Auge erkennen“ und sogar „mit einer Pinzette greifen“, sagte Gros der Nachrichtenagentur AFP.

Darüber hinaus besitzt das Bakterium in seiner langgezogenen Zelle zwei Membransäcke, von denen einer mit Wasser gefüllt ist. Das dürfte für die enorme Größe sorgen. Der andere Membransack enthalte das für ein Bakterium umfangreiche Erbgut.

Beides sei in dieser Form bisher noch nie beobachtet worden, heißt es in der Studie. Die von einer Membran umhüllte DNA ist eigentlich für viel komplexere Zellen wie die des menschlichen Körpers charakteristisch. Auch interessant:Nanopartikel als Hoffnung im Kampf gegen Keime

„Thiomargarita magnificaso“ könnte „ein fehlendes Glied in der Evolution komplexer Zellen sein“, sagte Computerbiologe Kazuhiro Takemoto vom Kyushu Institute of Technology (Japan) im Februar gegenüber „Science“. Und Petra Levin, Mikrobiologin an der Washington University in St. Louis, ergänzte: „Es ist eine supercoole Geschichte.“

Bildbeweis fehlte lange, dann kam Jean-Marie Volland

Eine Kollegin von Gros fand im Laufe der wissenschaftlichen Arbeit mit dem Riesenbakterium heraus, dass dieses zur Familie der Thiomargarita gehört, einer bereits bekannten Gattung der Schwefelbakterien. Diese nutzen Sulfide für ihr Wachstum. Weitere Funde einer Wissenschaftlerin des Forschungszentrums CNRS in Paris deuteten dann darauf hin, dass es sich um „eine einzige Zelle“ handelt, erklärte Gros weiter.

Dass die Erkenntnisse nach Jahren jetzt in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht worden sind, hat einen Grund: Lange Zeit hätten überzeugende Bildbeweise gefehlt. Erst Gros Forscher-Kollegen Jean-Marie Volland, der mittlerweile an der Universität von Kalifornien arbeitet, ist die Darstellung des Riesenbakteriums gelungen - mittels finanzieller Unterstützung und 3D-Mikroskopie.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de