Paris. Erstmals seit Jahren sucht die ESA neue Astronauten. Bei einer Pressekonferenz spricht Alexander Gerst über wichtige Voraussetzungen.

  • Mit einer Stellenausschreibung sucht die europäische Raumfahrtagentur ESA nach neuen Astronauten
  • Explizit fordert sie junge Frauen auf, sich zu bewerben
  • Die ESA setzt auf Diversität: Auch Menschen mit körperlicher Behinderung können sich im Rahmen eines neuen Programms bewerben
  • Wie genau der Bewerbungsprozess aussieht, hat die Raumfahrt-Agentur jetzt auf einer Pressekonferenz erklärt
  • Auch der deutsche Astronaut Alexander "Astro-Alex" Gerst war dabei

Wie wäre es, die Corona-Krise zur beruflichen Neuorientierung zu nutzen und Kindheitsträume wahr werden zu lassen? Die europäische Raumfahrtagentur ESA sucht zum ersten Mal seit elf Jahren neue Astronautinnen und Astronauten. Wer sich wie bewerben kann, verriet die ESA am Dienstag auf einer Online-Pressekonferenz.

„Viele Leute bewerben sich gar nicht, weil sie denken, die nehmen mich sowieso nicht“, sagte der als „Astro-Alex“ bekannte deutsche Astronaut Alexander Gerst bei der Pressekonferenz. Davon sei er bei seiner Bewerbung damals auch ausgegangen. Aber Gerst dachte, er sei es seinem 80-jährigen Selbst schuldig, es zumindest zu versuchen. Die ESA will nun besonders Frauen ermutigen, sich zu bewerben. Und zum ersten Mal sucht sie auch nach Menschen mit körperlichen Einschränkungen.

ESA sucht bis zu sechs Karriere-Astronauten - besonders Frauen

Gerst zufolge waren bei der letzten Bewerbungsrunde nur rund ein Sechstel Frauen. „Vielleicht auch deshalb, weil wir als Zielgruppe junge Frauen nicht erreicht haben“, so der 44-Jährige, der seit seiner Rückkehr von der Raumstation ISS im Dezember 2018 der Deutsche ist, der am längsten im Weltraum war. Auf eine Quote will die ESA allerdings nicht setzten. „Nein, wir werden keine Frauenquote einführen. Wir werden grundsätzlich keine Quoten reinbringen“, stellte Chiara Manfletti, Leiterin der Abteilung für Politik- und Programmkoordinierung, klar.

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Insgesamt sucht die ESA vier bis sechs sogenannte Karriere-Astronauten. Sie werden als festangestellte ESA-Mitarbeiter eingestellt und für die Weltraummissionen eingesetzt. Außerdem sucht die Organisation bis zu 20 Astronautinnen und Astronauten als Reserve. Sie können für spezifische Missionen ausgewählt werden. Im Rahmen dieses Reservepools ist die ESA auch explizit auf der Suche nach einer Astronautin oder einem Astronauten mit einem bestimmten Grad an körperlicher Behinderung.

"Parastronaut" soll Menschen mit körperlichen Einschränkungen fördern

Das Programm heißt „Parastronaut“. Die ESA will untersuchen, unter welchen Umständen der Kandidat oder die Kandidatin zur ISS fliegen kann. „Wir haben dazu viele unbeantwortete Fragen“, sagte David Parker, ESA-Direktor für Astronautische und Robotische Exploration.

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Aber wenn man diese Fragen nicht stelle, bekomme man auch keine Antworten. Offen ist, ob der oder die Auserwählte am Ende wirklich an einer Mission im Weltraum teilnehmen wird. Gerst lobte das Projekt. Es sei wichtig, dass Menschen bei Missionen dabei seien, die andere Erfahrungen gemacht hätten als man selbst.

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Gerst hatte sich damals unter mehr als 8000 Bewerberinnen und Bewerbern durchgesetzt. So auch die Italienerin Samantha Cristoforetti - sie war damals die einzige Frau unter den sechs neuen Astronauten. „Ich hab gedacht, das ganze Universum steht jetzt still und lächelt mir zu“, sagte sie nun über den Moment, als sie von der Zusage erfahren hatte.

Bewerbung folgt ein sechsstufiges Auswahlverfahren

Wenn man selbst denke, man sei nicht gut genug, bewerbe man sich häufig nicht. „Und das wollen wir nicht“, so die 43-Jährige. „Bewerbt euch und lass uns bei der ESA entscheiden, ob ihr der Richtige oder die Richtige seid.“

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Wer sich bewerben will, sollte einen Masterabschluss haben - etwa in Naturwissenschaften, Informatik, Ingenieurwissenschaften oder Medizin - und einige Jahre Berufserfahrung mitbringen. Die Bewerber müssen fließend Englisch und eine weitere Fremdsprache sprechen und eine Bescheinigung eines Flugmediziners vorlegen, dass sie ausreichend fit sind. Abgesehen von einem umfangreichen Fragebogen gehört auch ein Motivationsschreiben zu der Online-Bewerbung.

Gerst: Ausbildung ist "lang und hart"

Der neue ESA-Chef Josef Aschbacher sagte, die Ausbildung zum Astronauten sei „natürlich zeitaufwendig“. Dafür hätten die Bewerber die Chance, an einer der vielen derzeit geplanten interessanten Raumfahrt-Missionen teilzunehmen.

Gerst verhehlte nicht, dass auf die Raumfahrt-Azubis auch schwierige Zeiten zukämen. Die Ausbildung sei „lang und hart“ und bei der Vorbereitung von Raumflügen gebe es „schon Momente, in denen einem Zweifel kommen“ - etwa wenn man beim Training unter Schlafmangel leide oder „bei minus 20 Grad im Wald ohne Schlafsack und ohne Zelt“.

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Wer also vom Weltraum träumt, kann sich vom 31. März bis 28. Mai online bewerben. Es folgt ein sechsstufiges Auswahlverfahren, das im Oktober 2022 abgeschlossen sein soll.

(dpa/afp/te/raer/msb)