Berlin/London. Nach Englands verlorenem EM-Finale wurden auf Twitter Schlafplätze für bedrohte Frauen angeboten. Auch Studien widmen sich dem Thema.

Ein Teil der britischen Fußballfans reagierte auf das verlorene EM-Finalspiel alles andere als sportlich: Nach verschossenen Elfmetern schwarzer Spieler kursierten rassistische Beschimpfungen in den sozialen Netzwerken. Doch nicht nur das: Auf Twitter war auch zu sehen, wie Frauen Übernachtungsmöglichkeiten angeboten wurden - für den Fall, dass sie häusliche Gewalt nach dem verlorenen Spiel befürchteten. Dass es einen Zusammenhang zwischen Fußball, Alkohol und Missbrauch gibt, beweist auch eine aktuelle Studie.

"In UK haben gestern Abend Menschen massenhaft Schlafplätze für Frauen angeboten, die Angst vor der Rückkehr ihrer betrunkenen & frustrierten Männer hatten", machte eine Nutzerin am Morgen nach dem verlorenen EM-Spiel auf den traurigen Twitter-Trend aufmerksam, der die ganze Nacht über zu beobachten war.

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Großbritannien: Frauen bieten Schlafplätze auf Twitter an

In dem Thread, den eine Nutzerin aus London gestartet hatte, meldeten sich zahlreiche Frauen zu Wort und boten Schlafplätze für Betroffene von häuslicher Gewalt mit der Angabe ihrer jeweiligen Wohnorte an. Er wurde bereits mehr als 11.400 Mal geteilt (Stand: 12.7., 14.00 Uhr).

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Dass der Bedarf tatsächlich vorhanden gewesen sein dürfte, beweist die Wissenschaft: Anfang Juli veröffentlichte ein Forschungsteam der London School of Economics and Political Science eine Studie zu häuslicher Gewalt nach Fußballspielen. In der dazu herausgegebenen Pressemitteilung wird hervorgehoben, dass entsprechende Taten besonders nach Spielen verzeichnet würden, die tagsüber stattfinden - offenbar wegen des früh beginnenden Alkoholkonsums. Bei Spielen, die nach 19 Uhr beginnen, sei im Rahmen der Studie kein Anstieg zu erkennen gewesen.

Nach Fußballspielen: Anstieg häuslicher Gewalt um 8,5 Prozent

Während eines zweistündigen Fußballspiels sei zunächst ein Rückgang häuslicher Gewalt um fünf Prozent zu verzeichnen, heißt es weiter in der Pressemitteilung. Nach Spielende aber sei ein gegenläufiger Trend zu verzeichnen: Es komme zu einem Anstieg entsprechender Fälle, die rund zehn Stunden nach Ende der Partie 8,5 Prozent häufiger auftreten würden als im Durchschnitt.

Für die Studie wurden Polizeidaten der Greater Manchester Police nach knapp 800 Fußballspielen in den Jahren zwischen 2012 und 2019 ausgewertet und mit Daten von Tagen verglichen, an denen keine Partien stattfanden.

Gewalttaten nach Fußballspielen sind kein neues Phänomen

Das Wissenschaftsportal The Conversation machte 2018 anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft auf ähnliche Fälle aufmerksam: Demnach gab es etwa in der nordenglischen Grafschaft Lancashire nach den WM-Spielen 2002, 2006 und 2010 einen Anstieg von Meldungen häuslicher Gewalt um 26%, wenn England ein Spiel gewann oder unentschieden spielte, und einen Anstieg um 38%, wenn England verlor.

(raer)