Berlin/Hamburg. RTL plant im Zeitschriftensegment um den Tochterverlag Gruner + Jahr den Wegfall von rund 700 Stellen. 23 Titel sollen wegfallen.

Schlechte Nachrichten aus dem Hamburger Traditionsverlag Gruner + Jahr. Wie die Muttergesellschaft RTL Deutschland (gehört zum Bertelsmann-Konzern) am Dienstag erklärte, wolle sie sich zukünftig mehr auf die "Kernmarken" ihres Verlagsgeschäfts konzentrieren. RTL erklärte: "Im Zuge der Neuaufstellung werden die Kosten in allen Bereichen gesenkt. Dabei werden rund 500 Stellen am Standort Hamburg abgebaut." Laut der Mitteilung gehen 200 weitere Jobs durch Verkauf an neue Eigentümer über.

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Zu den Kernmarken gehören laut RTL zum einen die Magazine "Stern", "GEO", "Capital" und "Stern Crime". Die Zeitschriften und ihre Digitalversionen würden "aufgrund der großen Synergien mit den RTL-TV-Redaktionen“" künftig der Tochterfirma RTL News zugeordnet und zudem "massiv ausgebaut".

Bei Gruner + Jahr Deutschland verbleiben demnach lediglich die weiteren Kernmarken "Brigitte", "Gala", "Schöner Wohnen", "Häuser", "Couch", "GEOlino", "GEOlino mini" sowie die Online-Portale Eltern.de und Chefkoch.de. Bei den Beteiligungen an der Deutschen Medien-Manufaktur (DMM) und dem Magazin "11 Freunde" werden Verkäufe geprüft.

RTL: 23 Titel von Gruner + Jahr sollen eingestellt werden

Wie RTL weiterhin verkündete, sollen alle weiteren Titel und Ableger ("Line Extensions") verkauft oder eingestellt werden. Das sind vor allem die Titel, die Ableger der Kernmarken sind, die RTL behalten möchte: "Geo Epoche" und "Geo Wissen", "Brigitte Woman" und "View" ("Stern"). Auch die Magazine "Guido" um den Designer Guido Maria Kretschmer und "Barbara" um TV-Moderatorin Barbara Schöneberger werden eingestellt. Insgesamt umfasst die Liste 23 Titel.

Bertelsmann-Geschäftsführer Thomas Rabe erklärte: "Wir haben entschieden, uns auf die Kernmarken zu konzentrieren und sie mit Investitionen von etwa 80 Millionen Euro bis 2025 weiterzuentwickeln." Das Geld entfalle "insbesondere auf digitale Bezahlinhalte sowie digitale Dienstleistungen", vor allem beim „Stern“ (30 Millionen Euro). Weitere 30 Millionen Euro gehen auf die übrigen Kernmarken über. Die verbliebenen 20 Millionen Euro seien für "neue Räumlichkeiten" eingeplant.

Gruner + Jahr: Gewerkschaft fürchtet weitere Verkäufe

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sieht in der Ankündigung von Rabe "einen verheerenden Aderlass für den renommierten Medienstandort Hamburg". Die Entscheidung sei "durch nichts begründet als durch gewissenlose Profitmaximierung", kritisierte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Dies komme der Abwicklung des renommierten Medienhauses Gruner + Jahr gleich. Es sei zu befürchten, dass sich RTL mittelfristig doch von den verbleibenden Titeln trennen wolle und bis dahin nicht mehr investiere.

Scharfe Kritik am Management kommt von der Gewerkschaft Verdi. Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz sagte: "Aus Unfähigkeit, ein profitables und europaweit beachtetes Zeitschriftenhaus in die digitale Transformation zu führen, zerschlägt Bertelsmann nun den Magazinverlag RTL in Hamburg. Die fehlgeleitete Strategie aus Gütersloh schneidet dem Medienstandort Hamburg und der Presselandschaft ein großes Stück Vielfalt heraus." Schmitz fügte hinzu: "Ohne Rücksicht auf die Leistungen und den Wert der Verlagsbelegschaft werden nun Hunderte Menschen ihre Arbeit verlieren, die bis jetzt noch zu den Gewinnen in der Bilanz des Konzerns beigetragen haben." (fmg/dpa)