Berlin. Ein Hartz IV-Bezieher sollte 74.000 Euro zurückzahlen, weil das Jobcenter sein Haus für zu groß hielt. Nun wurde er freigesprochen.

Die Forderung eines Jobcenters in Höhe von 74.000 Euro sorgt derzeit für Wirbel. So viel sollte ein Arbeitsloser bezahlen, weil er wegen eines zu großen Hauses zu viel an Leistungen bezog – das meinte zumindest das Jobcenter und verdonnerte ihn zu Rückzahlung. Am Ende ging die Sache nochmal gut für den Mann aus.

Der Fall zeigt: Wer Hartz IV bezieht und gleichzeitig seine Wohnung vermietet, sollte vorsichtig sein – besonders, wenn man sich mit den Gesetzen nicht so auskennt. Grund für die Verwirrungen waren zwei Urteile aus der Vergangenheit. Sie hatten zu unterschiedlichen Interpretationen geführt. Was war geschehen? Das Jobcenter befand, dass die Wohnung des Mannes zu groß sei.

Nach Ansicht der Behörde habe er Leistungen zu unrecht bezogen. Doch ein Gericht urteilte nun anders und sprach den Mann frei. Damit kann er aufatmen.

Lange wurde er wegen der Angelegenheit als „Hartz-IV-Betrüger“ bezeichnet. Jetzt ist er freigesprochen worden. Er darf nicht nur das Geld behalten, das Jobcenter muss nun auch alle anderen in dem Prozess entstandenen Kosten bezahlen.

Hartz-IV-Empfänger freigesprochen – Das Wichtigste in Kürze:

  • Ein Hartz-IV-Empfänger sollte mehr als 74.000 Euro zurückzahlen, weil er nach Ansicht des Jobcenters unrechtmäßig Leistungen bezogen hatte.
  • Doch der Entscheidung lag ein Missverständnis über eine vermeintlich zu große Wohnung zugrunde.
  • Am Ende wurde der Mann freigesprochen.

Das Sozialgericht Koblenz hatte ihn vor zwei Jahren zu einer Rückzahlung von erhaltenen Leistungen in Höhe von 74.163,62 Euro verurteilt. Diese Entscheidung hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz nun gekippt.

Deutschlands drängendste Probleme

Was sind die drängendsten Aufgaben der neuen Bundesregierung? Nach einer Umfrage von Kantar Emnid im Auftrag unserer Redaktion auf Platz 1: Sicherung der Rente. 95 Prozent der Befragten finden, dass die neue Bundesregierung die Rentenentwicklung rasch thematisieren sollte. Nur 4 Prozent halten das für unwichtig oder völlig unwichtig.
Was sind die drängendsten Aufgaben der neuen Bundesregierung? Nach einer Umfrage von Kantar Emnid im Auftrag unserer Redaktion auf Platz 1: Sicherung der Rente. 95 Prozent der Befragten finden, dass die neue Bundesregierung die Rentenentwicklung rasch thematisieren sollte. Nur 4 Prozent halten das für unwichtig oder völlig unwichtig. © dpa | Julian Stratenschulte
Platz 2: Auch die Einbruchskriminalität beschäftigt die Deutschen. 91 Prozent wünschen sich, die große Koalition möge sie eindämmen. Für 7 Prozent ist das Problem irrelevant.
Platz 2: Auch die Einbruchskriminalität beschäftigt die Deutschen. 91 Prozent wünschen sich, die große Koalition möge sie eindämmen. Für 7 Prozent ist das Problem irrelevant. © dpa | Frank Rumpenhorst
Platz 3: Seit drei Jahren gibt es die Mietpreisbremse, doch eine Mehrheit der Deutschen hält sie offenbar nicht für wirksam. 85 Prozent gaben in der Umfrage an, es sei sehr wichtig oder wichtig, die Mietpreisentwicklung zu bremsen. 12 Prozent sehen das nicht so.
Platz 3: Seit drei Jahren gibt es die Mietpreisbremse, doch eine Mehrheit der Deutschen hält sie offenbar nicht für wirksam. 85 Prozent gaben in der Umfrage an, es sei sehr wichtig oder wichtig, die Mietpreisentwicklung zu bremsen. 12 Prozent sehen das nicht so. © dpa | Frank Molter
Platz 4: Vor allem in den sozialen Medien wimmelt es von Hasskommentaren. Diese zu bekämpfen halten 84 Prozent der Deutschen für sehr wichtig oder wichtig, 12 Prozent hingegen für unwichtig oder völlig unwichtig.
Platz 4: Vor allem in den sozialen Medien wimmelt es von Hasskommentaren. Diese zu bekämpfen halten 84 Prozent der Deutschen für sehr wichtig oder wichtig, 12 Prozent hingegen für unwichtig oder völlig unwichtig. © imago/photothek | Thomas Trutschel/photothek.net
Platz 5: 78 Prozent der Bürger sehen die Entlastung von Steuern und Abgaben als eine wichtige oder sehr wichtige Aufgabe der neuen Regierung. Für 18 Prozent ist das unwichtig bis völlig unwichtig.
Platz 5: 78 Prozent der Bürger sehen die Entlastung von Steuern und Abgaben als eine wichtige oder sehr wichtige Aufgabe der neuen Regierung. Für 18 Prozent ist das unwichtig bis völlig unwichtig. © dpa-tmn | Robert Günther
Platz 6: Im Mittelfeld der drängendsten Probleme landet der Ausstieg aus der Kohlenergie. 69 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihn für wichtig bis sehr wichtig halten, 27 Prozent halten das Problem für (völlig) unwichtig.
Platz 6: Im Mittelfeld der drängendsten Probleme landet der Ausstieg aus der Kohlenergie. 69 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihn für wichtig bis sehr wichtig halten, 27 Prozent halten das Problem für (völlig) unwichtig. © dpa | Julian Stratenschulte
Platz 7: 67 Prozent der Deutschen möchten, dass die Regierung die Bundeswehr schnell besser ausstattet. Für 28 Prozent ist das kein drängendes Thema.
Platz 7: 67 Prozent der Deutschen möchten, dass die Regierung die Bundeswehr schnell besser ausstattet. Für 28 Prozent ist das kein drängendes Thema. © REUTERS | POOL
Platz 8: Die Begrenzung der Zuwanderung hat für 66 Prozent der Bundesbürger Priorität, 32 Prozent sehen sie als weniger drängendes Problem.
Platz 8: Die Begrenzung der Zuwanderung hat für 66 Prozent der Bundesbürger Priorität, 32 Prozent sehen sie als weniger drängendes Problem. © dpa | Carsten Rehder
Platz 9: 56 Prozent der Befragten finden, dass die große Koalition Diesel-Fahrverbote dringend abwenden sollte. Für 39 Prozent ist das überhaupt nicht relevant.
Platz 9: 56 Prozent der Befragten finden, dass die große Koalition Diesel-Fahrverbote dringend abwenden sollte. Für 39 Prozent ist das überhaupt nicht relevant. © imago/Arnulf Hettrich | imago stock&people
Platz 10: 52 Prozent der Deutschen ist es wichtig bis sehr wichtig, dass die Hartz-IV-Sätze erhöht werden, 40 Prozent gaben an, eine Erhöhung sei (völlig) unwichtig.
Platz 10: 52 Prozent der Deutschen ist es wichtig bis sehr wichtig, dass die Hartz-IV-Sätze erhöht werden, 40 Prozent gaben an, eine Erhöhung sei (völlig) unwichtig. © dpa | Oliver Berg
Platz 11: Die Rundfunkgebühren sollen weg – das halten 50 Prozent der Deutschen für wichtig bis sehr wichtig. 46 Prozent sind entgegengesetzter Meinung.
Platz 11: Die Rundfunkgebühren sollen weg – das halten 50 Prozent der Deutschen für wichtig bis sehr wichtig. 46 Prozent sind entgegengesetzter Meinung. © dpa | Arno Burgi
Platz 12: Höhere Investitionen in Europa steht bei den Deutschen an letzter Stelle der drängendsten Probleme. 42 Prozent halten das für wichtig bis sehr wichtig, 52 Prozent hingegen für unwichtig bis völlig unwichtig.
Platz 12: Höhere Investitionen in Europa steht bei den Deutschen an letzter Stelle der drängendsten Probleme. 42 Prozent halten das für wichtig bis sehr wichtig, 52 Prozent hingegen für unwichtig bis völlig unwichtig. © imago/Manngold | imago stock&people
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Hartz IV: Wohnraum muss angemessen sein

Wie kam es genau dazu? Wie die „Rhein-Lahn-Zeitung“ berichtet, lebte der Mann in einem Einfamilienhaus. Teile des Hauses hatte er vermietet. Es kam zu einem Streit mit dem Jobcenter, in dem es um die Angemessenheit des Hauses ging.

Wer Hartz IV bezieht, erhält vom Jobcenter eine Kostenerstattung für Ausgaben für Unterkunft und Heizung.

  • Dies gilt jedoch nur, wenn der Wohnraum angemessen ist.
  • Angemessen ist er dann, wenn Größe und Kosten den örtlichen Vorgaben entsprechen.
  • Die Grenzen unterscheiden sich regional.

Das Jobcenter schätzte die Gesamtfläche der Immobilie als unangemessen ein. Der Mann hatte im Jahr 2004 100 Quadratmeter Gesamtwohnfläche angegeben, von der er 73,72 Quadratmeter selbst bewohnte und 25,15 Quadratmeter vermietet hatte.

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Zwei unterschiedliche Urteile sorgten für Verwirrung

2005 bezeichnete die Bundesagentur für Arbeit eine Wohnfläche bei Einfamilienhäusern bis zu 130 Quadratmetern als angemessen. 2007 lautete ein Urteil des Bundesgerichtshof jedoch, dass für Einfamilienhäuser mit bis zu zwei Bewohnern eine Wohnfläche von nur noch 90 Quadratmetern angemessen sei.

Jobcenter schickt Hartz-IV-Empfänger auf den Campingplatz

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    Das Sozialgericht Koblenz hatte sich bei seinem Urteil auf die Regelung aus dem Jahr 2007 bezogen und den Mann zu einer Rückzahlung der über die Jahre zu Unrecht erhaltenen Leistungen in Gesamthöhe von 74.163,62 Euro verurteilt.

    Zwei Jahre später erklärte das Landessozialgericht im Berufungsverfahren, dass von dem Leistungsbezieher nicht zu erwarten sei, dass er „die fehlende Übereinstimmung des Verwaltungsaktes mit dem geltenden Recht erkennt“, wie hartziv.org berichtete. Demnach sei dem Mann keine grob fahrlässige Unkenntnis zu unterstellen und er müsse die 74.163,62 Euro nicht zurückzahlen.

    Hartz IV steht oft in der Diskussion

    Hartz IV ist seit Jahren ein Reizthema. Eine neue Erhebung kam vor kurzem zu dem Schluss, dass jeder fünfte Hartz-IV-Bezieher nicht genug Geld für die Miete bekommt. 2018 forderten die Jobcenter von Hartz-IV-Empfängern fast 2,6 Milliarden Euro zurück.

    In der Kritik stehen vor allem Kürzungen: Sanktionen – Wenn das Jobcenter sogar Hartz IV kürzt.

    (msb)