Venedig. Immer weniger Italiener leben in Hotspots wie Venedig. Der Bürgermeister plant jetzt, Vermietung von Ferienunterkünften einzuschränken.

Es ist ein ungleicher Kampf: In Venedig treffen pro Jahr 33 Millionen Touristen auf 49.000 Einheimische. In der Lagunenstadt leben fast keine Venezianer mehr. Die meisten von ihnen haben Venedig längst verlassen und vermieten ihre Wohnungen gewinnbringend an Touristen. Dass Portale für Ferienwohnungen wie Airbnb hier riesige Geschäfte machen, ist altbekannt. Doch der Bürgermeister von Venedig will die Vermietung von Ferienwohnungen jetzt stark einschränken.

Um in Venedig eine Ferienwohnung zu vermieten, reicht es, einen Vordruck auszufüllen und eine geringe Verwaltungsgebühr zu zahlen. Inzwischen wird praktisch jede vierte Wohnung an Touristen vermietet. Kontrollen? Kaum. Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro will dies ändern und dafür sorgen, dass Wohnungseigentümer, die für kurze Zeiträume vermieten, dies nur für maximal 120 Tage im Jahr tun können. Ziel ist es, langfristige Mieten und das Wohnen im Stadtkern zu fördern. Damit soll gleichzeitig das historische, kulturelle und ökologische Erbe der Stadt geschützt werden.

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„Wer für längere Zeit vermieten will, muss seine Wohnung bei der Gemeinde eintragen lassen und unterliegt genauen Regeln. Betten, Zimmer, Anwesenheit der Gäste: Alles muss genau überprüft und in einem einzigen System zentral verwaltet werden, was organisatorische, steuerliche und sicherheitstechnische Vorteile mit sich bringt“, sagt der Bürgermeister. Wer sich dagegen entscheide, nur für 120 Tage zu vermieten, müsse wissen, dass er an den anderen 245 Tagen des Jahres die Polizei zur Kontrolle vor der Tür haben werde.

Venedig will Lebensqualität für Einheimische verbessern

Seit vergangenem Sommer kann die Gemeinde unter besonderer Berücksichtigung des Stadtkerns und der Inseln die Höchstgrenze für die Nutzung von Wohnungen zur Kurzzeitvermietung festlegen. „Unsere Lagune ist einzigartig. Aber Venedig steht im Zentrum aller zeitgenössischen Notlagen: vom Klima bis zur Entvölkerung des Stadtzentrums. Wir wollen nicht, dass die Stadt und die Lagune nur noch Orte für Touristen sind, das werden wir nicht zulassen. Venedig muss auch die Stadt der Einwohner, der Studenten und derjenigen sein, die hier das ganze Jahr über leben“, so Brugnaro.

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Zahl der Bewohner Venedigs von 175.000 auf ein Rekordtief von 49.000 Menschen gesunken, wie aus Angaben der Gemeinde hervorgeht. Noch im Jahr 2000 zählte die Lagunenstadt 66.386 Einwohner. Die Stadt der Kunst-Biennale und des Filmfestivals am Lido setzt seit einiger Zeit verstärkt auf neue Megaprojekte in der Kultur und Infrastruktur, doch der Einwohnerschwund ist kaum zu bremsen.

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Viele Venezianer flüchten aufs Festland, wo das Leben einfacher und billiger ist. Die steigenden Preise machen den Bewohnern immer mehr zu schaffen. Der tägliche Einkauf wird in der beinahe autolosen Stadt zu einer Herausforderung und ist aufgrund des Transports mit einer Menge an zusätzlichen Kosten verbunden. Auch das Zusammenleben zwischen den Bewohnern Venedigs und den Millionen Touristen gestaltet sich oft schwierig.

„Die Entvölkerung des Stadtkerns ist eine Tragödie, doch niemand hat wirklich etwas unternommen, um sie zu bremsen“, beklagt das Stadtratsmitglied Marco Gasparinetti. Man müsse das Leben in der Stadt der 175 Kanäle und 400 Brücken für Einheimische annehmbarer und bezahlbarer machen, unter anderem mit einer effizienten Wohnungspolitik.

Auch Rom plant Einschränkungen bei Touristen-Unterkünften

Während Italien einem Sommer mit einer Rekordzahl an Ankünften entgegensteuert, will auch die Hauptstadt Rom Maßnahmen gegen den Massentourismus ergreifen und die Zahl der Wohnungen im Stadtkern, die an Touristen vermietet werden dürfen, einschränken. Aktuell werden dort rund 25.000 Ferienwohnungen vermietet, 10.000 davon schwarz.

Die Gemeinde überlegt, die Vergabe neuer Lizenzen für Ferienwohnungen und „Bed and Breakfast“-Unterkünfte stark zu reduzieren. Damit will der Stadtrat vermeiden, dass Hotels Kunden verlieren und auch jenen Betrieben Schranken setzen, die unzählige Wohnungen aufkaufen, um sie an Touristen zu vermieten. Dies vertreibt immer mehr Bewohner aus den Stadtkernen. Das Wachstum der Internet-Anbieter müsse in geordnete Bahnen gelenkt werden, lautet das Mantra von Bürgermeister Roberto Gualtieri.

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„Die übertriebene Zahl von Ferienwohnungen hat gravierende Folgen. Roms Zentrum verliert seine Seele“, kritisiert die Tourismusbeauftragte der Gemeinde, Lorenza Bonaccorsi. Das Geschäft mit der Vermietung von Ferienwohnungen bringt in Italien laut Schätzungen 16 Milliarden Euro ein. Ein Riesengeschäft, auf das viele nicht verzichten wollen.