Berlin. Satiriker Jan Böhmermann kündigt seine Sendung auf Twitter mit einer Fahndung an und setzt sogar ein Kopfgeld aus. Das steckt dahinter.

Der Satiriker Jan Böhmermann hat sich mit einem Fahndungsplakat auf Twitter teils heftige Kritik eingehandelt. Der 41-jährige Moderator des "ZDF Magazin Royale" hatte seine Sendung am Freitagabend mit einem Gesuch nach vermeintlich "linksradikalen Gewalttätern" angekündigt. Nur: Die Menschen auf dem Plakat sind weder für Verbrechen noch für besonders linke Ansichten bekannt. Was steckt dahinter?

Auf dem Fahndungsplakat im RAF-Stil hatten Böhmermann und sein Team die Köpfe mehr oder minder bekannter Personen des politisch liberalen Spektrums montiert – darunter jenen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), dessen Frau, der Politik-Journalistin Franca Lehfeldt, Wolfgang Kubicki (ebenfalls FDP) und Ulf Poschardt, dem Chefredakteur der "Welt"-Gruppe. Auch ein Pferd stand auf der Fahndungsliste.

"Für Hinweise, die zur Ergreifung der Gesuchten führen, ist eine Belohnung von 100.000 DM ausgesetzt", schrieb Böhmermann über das Bild. Weitere Informationen werde er um 20 Uhr in seiner Sendung bekanntgeben, so der Satiriker. Dazu schrieb er den Hashtag "rafdp" – eine Mischung aus RAF und FDP.

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Böhmermann: Heftige Kritik wegen "geschichtsvergessenem" Tweet

Doch bereits lange vor der Ausstrahlung der Sendung handelte sich Böhmermann mit seiner Ankündigung erhebliche Kritik auf Twitter ein. "Der Tweet ist geschmacklos, geschichtsvergessen und falsch", antwortete der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer und spielte damit auf den Vergleich zwischen den Liberalen und der terroristischen Vereinigung RAF an.

Tatsächlich hatte Hauer erst im Februar mehrere Klimaorganisationen auf Twitter als "Grüne RAF" bezeichnet und dazugeschrieben: "Wehret den Anfängen" – ein Satz, der heute gesellschaftlich als Warnung vor dem Nationalsozialismus bekannt ist.

Auch, dass das "ZDF Magazin Royale" eine gebührenfinanzierte Sendung des Öffentlich Rechtlichen Fernsehens ist, sorgte für Vorwürfe: Viele hinterfragten den Tweet besonders vor dem Auftrag des ÖRR und nutzten den Vorfall für eine grundsätzliche Kritik. "Mit diesem Mist stehst [sic] Jan Böhmermann für das Niveau des öffentlich rechtlichen Rundfunk", urteilte der FDP-Abgeordnete Lars Lindemann.

Will Böhmermann Liberale mit eigener Rhetorik schlagen?

Im Laufe des Tages setzte der Satiriker noch weitere Tweets unter dem Hashtag "rafdp" ab. Darunter machte er sich über Liberale lustig, indem er bekannte Vorwürfe und Forderungen des politischen Spektrums imitierte.

"Mit ihrer brandgefährlichen Cancel Culture werden diese Linksradikalen gegen das 'ZDF Magazin Royale' heute Abend nichts ausrichten können!", twitterte Böhmermann und griff damit die Debatte um eine vermeintliche gesellschaftliche Ächtung Andersdenkender auf. Die Botschaft: Liberale stehen nur dann für Meinungsfreiheit ein, wenn sich diese nicht gegen sie, sondern andere richtet.

Böhmermann löst auf: Darum ging es in dem Tweet

Tatsächlich löst Böhmermann seine Aktion am Abend in seiner Sendung auf: als Kritik an den vermeintlich überzogenen Vorwürfen an die Klimaaktivisten und der Behauptung, diese seien "Terroristen". Dazu spielte der Satiriker mehrere Einspieler-Sequenzen vor, in denen Persönlichkeiten aus der Politik vor einer "Klima-RAF" oder "Grünen RAF" warnen.

"Die Klima-RAF ist nur eine Suppe, nur einen Pritt-Stift davon entfernt, den Arbeitgeberpräsidenten zu erschießen!", mockiert sich Böhmermann. "Die wahren Staatsfeinde haben sich jahrelang hinter einer bürgerlichen Fassade versteckt." Aber warum teilte Böhmermann das Fahndungsfoto mit den Liberalen um Christian Lindner?

Dahinter steckt ein Sketch aus einem Vorwurf von Markus Söder (CSU) an die FDP selbst. Diese, so Söder, bewege sich immer weiter nach links. Für Böhmermann offenbar eine perfekte Vorlage für seine Konstruktion um eine vermeintliche "rafdp", eine Fotomontage eines Lindner-Portraits in Che Guevara-Optik – und das besagte Fahdungsplakat. (reba)

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Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.