Berlin. Sogenannte Christfluencer wie Jana Highholder sollen junge Menschen wieder näher zum Glauben führen. Aber ist das der richtige Weg?

Auf den ersten Blick hebt sich Jana Highholders YouTube-Kanal „Jana“ kaum von der Masse im Netz ab. Wie bei den erfolgreichsten YouTuberinnen Bianca Claßen von „Bibis Beauty Palace“ und Rebekah Wing treffen hochwertig produzierte Videos und perfekt drapierte Dekoration auf eine junge Frau.

Ihren Charme nutzt die 21-jährige Medizinstudentin jedoch nicht, um als „Großer-Schwester-Ersatz“ für Haarpflegeprodukte zu werben. Im Gegenteil: Highholder fühlt sich zu Größerem berufen, denn sie bezeichnet sich selbst als „Gottes Influencerin“.

Seit einem Jahr veröffentlicht die Medizinstudentin in Kooperation mit der Evangelischen Kirche (EKD) und der Marketingfirma „Mediakraft“ Videos auf YouTube.

Bevor sie zur Influencerin im Namen der Kirche wurde, war sie in den sozialen Medien schon als Poetry-Slammerin bekannt. So kam man bei Mediakraft auf sie. Übrigens auch die Agentur die YouTube-Stars wie LeFloid und Unge groß machte. Beide gehen inzwischen eigene Wege.

Kirche kann Werbung gebrauchen

Eine theologische Ausbildung hat Jana Highholder nicht. Ob sie die Richtige ist, für die Mission junge Menschen und Gott zusammen zu bringen? Die EKD und die Medizinstudentin glauben daran. Die Werbung kann die Kirche gut gebrauchen. Rund 220.000 Menschen sind 2018 aus der evangelischen Kirche ausgetreten, bei den Katholiken waren es 215.982 Gläubige.

„Natürlich ist nicht jede Kirche gleich, aber ich kann verstehen, dass manche Menschen die Kirche für einen liturgischen Ort halten an dem Flyer verteilt werden“, sagt Highholder unserer Redaktion. Für sie sei Kirche viel mehr. Tatsächlich formiere sich am Rande der Kirche eine große Jugendpräsenz. „Wenn du wolltest, könntest du jedes Wochenende irgendwo in Deutschland auf einem Jugendevent sein“, sagt sie.

Jana Highholder ist auch Poetryslammerin und Bloggerin.
Jana Highholder ist auch Poetryslammerin und Bloggerin. © Norbert Neetz

Glaubensrichtungen auf YouTube – es geht auch um Kirchenpolitik

Für die 21-Jährige sind YouTube und Instagram die Orte, an denen sie gegenwärtig den meisten Menschen begegnen kann. Das haben auch die anderen religiösen Gemeinschaften in Deutschland verstanden und verstärkt an ihrer Präsenz im Netz gearbeitet.

Bei Kanälen von Personen der Jüdischen Gemeinde wie „Thora in Frankfurt“ von Shlomo Raskin und dem Kanal der Deutschsprachigen Muslimischen Gemeinschaft e.V. stehen der Umgang mit dem eigenen Glauben und die Erklärung der Religion im Vordergrund. Die Katholische Kirche geht in ihren Video-Kanälen noch ein Stück weiter und spricht über Kirchenpolitik.

„Sowohl die sozialen Medien als auch das Thema Digitalisierung sind seit vielen Jahren in der katholischen Kirche angekommen“, bestätigt Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz. So sei die überwiegende Zahl der deutschen Bistümer mit Fan-Pages und Twitter-Accounts im Netz präsent. Und sogar die Deutsche Bischofskonferenz werde demnächst ihren Social-Media-Auftritt starten.

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Anders als bei Jana Highholder kommen die Formate „Glaube.Leben“ und „Klartext“ vom katholischen Pastor Christian Olding ganz ohne Kuschelsofa und Jugendsprache aus. Lässt man die Optik außen vor, erkennt man in dem charismatischen Pastor aber auch schnell einen Influencer in eigener Sache.

Kirche und Glauben auf Youtube – das gefällt nicht jedem

Während Olding im Portal von „Glaube.Leben“ über seine persönliche Beziehung zum Glauben spricht, geht es bei „Klartext“ um Themen der klassischen Kirchenpolitik. Seine Kritik zu Letzterem kann er in seinen Videos nicht verbergen: „Die Reaktionen sind natürlich ganz unterschiedlich, aber nicht alle Bischöfe klatschen bei meiner Meinung Beifall“, sagt Olding.

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Kritik bekam auch Jana Highholder zu spüren. Mehr als 117 Videos hat die Studentin seit der Einführung des Kanals veröffentlicht. Gesprochen wurde aber lange Zeit nur über einen einzigen Beitrag zum Rollenbild der Frau. In dem YouTube-Video sagte die Medizinstudenten, dass sie sich später einen Mann wünscht, der die gemeinsam getroffenen Entscheidungen nach außen trägt. Ein starkes Familienoberhaupt, der sie durch die gemeinsame Verbundenheit zur Kirche noch näher hin zum Kreuz führt.

Fast 25.000 Menschen klickten das Video an. Für viele Zuschauer stellte sich die Frage, ob eine junge Frau mit einem derart konservativen Weltbild das Gesicht der Evangelischen Kirche sein darf.

Highholder steht bis heute zur ihrer Meinung. Ihrem Erfolg hat die Debatte nicht geschadet. Die Fans stehen weiter hinter der Studentin. Und auch die Evangelische Kirche hat Ende April entschieden den YouTube-Kanal „Jana glaubt“ nach dem einjährigen Pilotprojekt weiterzuführen.

Erhebungen darüber, dass durch die Online-Präsenz mehr junge Leute der Kirche beitreten, gibt es nicht. Das sei aber auch nicht der Anspruch. „Ich denke, dass Social Media eine Möglichkeit ist, zu zeigen, was Kirche und Glaube bedeuten“, sagt Pastor Christian Olding, „Das war bei Jesus ja auch so: Er hat zwar auch zur Masse gepredigt, aber am Ende mehr Zeit mit einzelnen Menschen verbracht.“