London. König Charles ist erst seit ein paar Tagen im Amt, doch mehrere unglückliche Auftritte säen Zweifel an seiner königlichen Haltung.

Für den neuen König ist es kein leichter Start in den neuen Job. Unmittelbar nach dem Tod seiner Mutter muss Charles III. endlose öffentliche Auftritte bestreiten, Zeremonien absolvieren und Ansprachen halten – und alles wird live im Fernsehen übertragen. Wahrhaft schwierige Bedingungen, das muss man anerkennen. Unter dieser Dauerbeobachtung wahrt er nicht immer Haltung, wenn es nicht nach Plan geht.

Etwa wenn der Füllfederhalter mal ausläuft. „Ich kann dieses verdammte Ding nicht ausstehen“, murmelt der frustrierte König, als er sich am Dienstag ins Gästebuch im nordirischen Schloss Hillsborough eintragen will und sein Griffel kleckert. Genervt steht er auf und flucht: „Jedes verflixte Mal!“ Seine Frau Camilla steht daneben und weist auf die Schmiererei: „Oh schau, es läuft überall hin.“ Lesen Sie auch: Queen Elizabeth II.: Wo man die Trauerfeier live sehen kann

Es war nicht das erste Mal, dass Charles in den ersten Tagen seiner Regentschaft eine etwas unglückliche Figur abgab. Während seiner würdevollen Proklamation am Samstag regte er sich auf über ein Tintenfass auf, das ihm auf dem Tisch im Weg stand. Unwirsch bedeutete er einem Diener, das Objekt gefälligst aus dem Weg zu räumen. In den sozialen Netzwerken wurde die Episode argwöhnisch diskutiert, dem neuen König warfen manche Überheblichkeit vor.

Neuer König: Charles III. entlässt Mitarbeiter

Auch abgesehen von diesen doch eher kleinen Zwischenfällen ist bereits handfestere Kritik am Regenten laut geworden. Am Sonntag erhielten bis zu 100 Angestellte von Clarence House, der bisherigen Residenz von Charles, ihre Kündigung. Das hat Kopfschütteln ausgelöst. Viele Mitarbeiter hatten erwartet, dass sie im neuen Haushalt des Königs automatisch eine neue Anstellung finden würden. Ein betroffener Angestellter sagte gegenüber der Zeitung „Guardian“: „Alle sind stinksauer.“

König Charles III. erzürnt seine Untertanen.
König Charles III. erzürnt seine Untertanen. © AFP | HENRY NICHOLLS

Zudem haben Monarchiegegner in den vergangenen Tagen ihrem Unmut über den undemokratischen Wechsel an der Spitze des Königreichs Luft verschafft. In Oxford beispielsweise rief ein junger Friedensaktivist während der Proklamation: „Wer hat ihn gewählt?“ Prompt wurde er in Handschellen abgeführt. Auch in Edinburgh wurde ein Mann verhaftet, nachdem er bei einer Prozession lautstark über Prinz Andrew geschimpft hatte, Charles’ Bruder, dem Missbrauch einer Minderjährigen vorgeworfen wird.

Der Anwalt Paul Powlesland geriet ebenfalls in Konflikt mit der Polizei, als er am Parliament Square in London als Geste des Protests ein leeres Stück Papier in der Hand hielt. Die Beamten hätten ihn gewarnt, dass sie ihn verhaften könnten, wenn er darauf die Botschaft „Nicht mein König“ schreibe. Im Fernsehen sagte der 36-Jährige später: „Wir müssen eine klare Trennlinie ziehen zwischen Respektlosigkeit gegenüber den Trauerkundgebungen für die Queen und Protesten gegen die Thronbesteigung von Charles.“ Er müsse zumindest die Möglichkeit haben, seine Meinung über den neuen König zum Ausdruck zu bringen, findet Powlesland.

Königsgegner erleben Zulauf

Republikanisch gesinnte Menschen sind zwar eine deutliche Minderheit in der britischen Gesellschaft – eine neuere Umfrage hat ergeben, dass rund ein Viertel der Bevölkerung lieber eine Republik hätte, unter jungen Leuten sind es etwa ein Drittel. Dass aber jetzt diesem Teil der Öffentlichkeit die Möglichkeit genommen wird, seine Überzeugung öffentlich zu artikulieren, alarmiert Bürgerrechtskampagnen und Politiker – sie sehen es als einen groben Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung.

„Das Recht zu Protestieren ist eine Grundlage unserer Demokratie und sollte ermöglicht werden“, erklärt die Abgeordnete Joanna Cherry von der Schottischen Nationalpartei SNP. Graham Smith, der Vorsitzende der Anti-Monarchie-Kampagne Republic, sagt: „In einer Zeit, wenn die Medien voll sind von Speichelleckerei für einen König, der ohne Diskussion oder Zustimmung ernannt worden ist, ist Redefreiheit noch wichtiger als sonst.“

Das rigorose Vorgehen der Behörden hat sogar dazu geführt, dass manche Anhänger der Monarchie nunmehr zu Königsgegnern geworden sind – zumindest trifft dies auf Paul Powlesland zu: Er habe die Monarchie zuvor für eine „etwas merkwürdige Idee“ gehalten, aber er habe das Gefühl gehabt, sie funktioniere. „Aber nach dem, was ich in der letzten Woche gesehen habe, bin ich jetzt ein Republikaner.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.