Berlin. Bei „Markus Lanz“ diskutierte der Tui-Chef mit einer Klimaaktivistin über Kreuzfahrten. Und zeigte mit dem Finger lieber auf andere.

Kann denn Kreuzfahrt Sünde sein? Während Greta Thunberg auf einer Jacht den Atlantik überqueren und zur Klimakonferenz will, haben Hunderttausende andere Vorstellungen von einer Bootsreise – das Geschäft mit den immer größeren Passagierschiffen wächst und wächst. Und das geht, zum Ärger der Umweltaktivisten und Bewohner beliebter Destinationen meist auf Kosten der Umwelt.

Was passiert also, wenn der Chef des weltgrößten Reiseveranstalters seine Kreuzfahrten gegen die Kritik einer Klimaretterin verteidigen muss? Bei „Markus Lanz“ ließ sich das am Dienstagabend beobachten: Auf der einen Seite Fritz Joussen von Tui, auf der anderen Seite die Fridays-for-Future-Aktivistin Clara Mayer.

Diskutiert wurden unter anderem die Folgen des Booms bei den Kreuzfahrten: 2018 haben weltweit rund 28 Millionen Menschen auf diese Weise Urlaub gemacht – rund zwei Millionen davon kamen aus Deutschland.

TUI-Chef Fritz Joussen bei Lanz – Druck von „Friday for Futures“

  • Markus Lanz hatte den Tui-Chef Fritz Joussen zu Gast
  • Auch Fridays-for-Futures_aktivistin Clara Mayer nahm teil
  • Sie setzte Joussen in Sachen Kreuzfahrttourismus unter Druck
  • Der sieht sich nicht in der Verantwortung – es sei ja nur ein kleiner Teil des CO2-Ausstoßes, der von den Schiffen komme

„Markus Lanz“: Klimaaktivistin setzt Tui-Chef unter Druck

Klimaaktivistin Clara Mayer forderte bei „Markus Lanz“, die Zahl der Kreuzfahrtschiffe zu reduzieren. TUI-Chef Fritz Joussen hielt dagegen, dass andere viel schlimmer seien.
Klimaaktivistin Clara Mayer forderte bei „Markus Lanz“, die Zahl der Kreuzfahrtschiffe zu reduzieren. TUI-Chef Fritz Joussen hielt dagegen, dass andere viel schlimmer seien. © ZDF Mediathek | Screenshot

Diese Art des Reisens wurde von Clara Mayer mit deutlichen Worten kritisiert. „Es gibt keine umweltschädlichere Art, sich durch die Welt zu bewegen“, sagte die Klimaaktivistin. Tatsächlich laufen viele der Schiffe auch heute noch mit schädlichem Schweröl. Und auch modernere Antriebsvarianten, etwa Flüssiggas, stehen wegen des CO2-Verbrauchs in der Kritik.

Entsprechend einfach, aber zugleich auch einleuchtend waren die Argumente von Mayer: Es sei völlig unverständlich, warum man ganze Vergnügungsparks übers Meer schippere, führte die 18-Jährige aus. Und forderte, die Anzahl der Schiffe zu reduzieren. Diese 21 neuen Kreuzfahrtschiffe stechen 2019 in See.

Zugleich setzte sie auch den Tui-Chef, der viel mehr Redezeit bekam, geschickt unter Druck: Ob er seinem Konzern denn strengere Klimaziele setzen werde – und davon auch seinen Bonus abhängig machen wolle, wollte Mayer von Joussen wissen.

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Klimaschädliche Kreuzfahrten? Schlimmer sind immer die anderen

Auf seinen Bonus ging der so attackierte Tui-Chef leider nicht ein. Allerdings verstand sich Joussen darauf, die Relevanz der Kreuzfahrtschiffe kleinzureden. Am weltweiten CO2-Aufkommen mache die Schifffahrt nur etwa zweieinhalb Prozent aus, führte der Tui-Chef aus.

Innerhalb dieser Gruppe seien Kreuzfahrtschiffe die innovativsten Schiffe: „Weil dort die Kunden an Bord sind, die den Geruch nicht wollen.“ Soweit so klar, nur liegt exakt in dieser Haltung das Problem.

Die anderen sind immer größere Sünder – und man selbst will sich nur langsam bewegen. Allerdings hatte Joussen der grundsätzlichen Kritik am Tourismus ein weiteres, durchaus passables Argument entgegenzusetzen.

Dramatisches Video- Kreuzfahrtschiff gerät in Hurrikan

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    „Nicht zu viel, sondern zu wenig Tourismus ist für viele Ziele ein Problem“, sagte der TUI-Chef mit Blick auf die enormen Geldmittel, die mit den Reisenden in die Länder kommen.

    Haben Kreuzfahrten überhaupt noch eine Zukunft?

    In vielen beliebten Reisezielen ist die Wahrnehmung inzwischen eine andere. Ein Fallbeispiel für ein extrem von Kreuzfahrten betroffenes Ziel lieferte Dirk Schümer. Der Welt-Autor berichtete über seine Wahlheimat Venedig, in der die Einwohner wegen der schieren Menge der Schiffe und Menschen resignieren würden. „Wir sind hier nur noch im Zoo“ – dieses Gefühl würde vorherrschen.

    Als Schutzmaßnahme erhebt Venedig nun „Eintrittsgeld“ von Tagestouristen. Anfang Juli hatte das Kreuzfahrtschiff „Costa Deliziosa“ fast einen Unfall in der Lagunenstadt gebaut. Nun sollen bald schärfere Regeln greifen: Kreuzfahrtschiffe werden ganz aus dem Zentrum von Venedig verbannt. Auch am Gardasee kippt so langsam die Stimmung wegen zu vieler Touristen.

    Hier schrammt ein Kreuzfahrtschiff am Pier von Venedig vorbei

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      Der Förster und Autor Peter Wohleben („Das geheime Leben der Bäume“) war sich bei „Lanz“ schließlich sicher, dass die Kreuzfahrerei keine Zukunft hat. „In 30 Jahren wird es das nicht mehr geben“, prognostizierte der Förster, der sich viel mit dem Klimawandel beschäftigt. Durch diesen würden die Menschen gezwungen, auf solche und andere Umweltsünden zu verzichten.

      Das Fazit

      Die radikale Klimaaktivistin auf der einen, der bremsende, auf andere zeigende Manager auf der anderen Seite: Es war nicht ganz überraschend, was da in dieser Ausgabe von „Markus Lanz“ für Standpunkte vertreten wurden. Allerdings, die Argumente kamen auf beiden Seiten gut zur Geltung.

      Und es zeigte sich, dass auch die Konzerne nicht mehr umhin kommen, sich mit dem Thema ernsthafter zu beschäftigen: „Das ist eine richtige und gute Bewegung“, sagte Joussen über Fridays for Future. Recht hat er. Dass die meisten Menschen demnächst wie Greta Thunberg klimaneutral über die Weltmeere segeln, ist aber vorerst doch noch eine Utopie.

      Zur Ausgabe von „Markus Lanz“ in der ZDF-Mediathek