Palma. Mallorca greift erstmals gegen Alkohol-Touristen durch und macht acht Lokale dicht. Aber wo eigentlich? Eine Spurensuche am Ballermann.

Der Kampf gegen die Windmühlen geht auf Mallorca in die nächste Runde. Die Behörden haben angekündigt, vier Läden am berüchtigten Ballermann dicht zu machen, weil sie gegen Suff-Gesetze verstoßen haben sollen. Insgesamt wurden in über 90 Fällen Ermittlungen eingeleitet.

Die Inselregierung hatte Anfang 2020 ein Gesetz verabschiedet, dass den Alkohol-Ausschank in den Party-Hotspots neu regelt. So sind Angebote wie Happy Hour und Freibier untersagt, das All-Inclusive-Angebot ist auf insgesamt drei kostenlose alkoholische Getränke am Tag eingeschränkt. Außerdem ist es Supermärkten, Restaurants und Bars verboten, in Schaufenstern oder auf Plakaten und Schildern mit Alkohol zu werben.

Jetzt rätseln die Gastronomen, wen es auf der Deutschen liebsten Partymeile erwischt haben könnte. Die Namen der betroffenen Einrichtungen wurden aus Datenschutzgründen von den Behörden bisher nicht mitgeteilt. Mehr zum Party-Urlaub auf Mallorca: Nach Feuer am Ballermann – Mallorca droht Sauftouristen

Mallorca: Wirte haben mit Anti-Alkohol-Gesetz zu kämpfen

Juan Ferrer (53) gilt als jemand, der außergewöhnlich gut vernetzt ist auf Mallorca. Der Gastronom besitzt vier Restaurants an der Playa de Palma und ist Mitbegründer der sogenannten Qualitätsoffensive „Palma Beach“, die sich mehr Stil und Niveau ausgerechnet an dem Ort wünscht, an dem schlechtes Benehmen bisher zum guten Ton gehörte: am Ballermann.

Ferrer kennt die Läden genau, die sich nicht an die Auflagen halten. Die Alkohol an Minderjährige verkaufen oder es mit den Ausschank-Regeln nicht so genau nehmen. Aber er zuckt nur mit den Schultern. „Wir wissen nicht, wer schließen muss. Nicht die geringste Ahnung“, sagt er auf Nachfrage dieser Redaktion.

Mallorca in der Nacht: Die Balearen-Regierung hat acht Lokale zwangsgeschlossen.
Mallorca in der Nacht: Die Balearen-Regierung hat acht Lokale zwangsgeschlossen. © dpa | Clara Margais

Auch andere Gastronomen sind ratlos. Und so wird spekuliert. „Ich kann mir nur vorstellen, dass es sich um Nachtlokale handelt, alles andere wüsste ich“, sagt Marc Borck, der seit 27 Jahren das „Steakhouse Tango“ in Arenal betreibt. Ähnlich geht es Wirtin Gerlinde Weniger. Die 65-Jährige führt seit 1988 das Restaurant „Münchner Kindl“. Sie musste schon schmerzhaft an der Außendarstellung des Lokals arbeiten, um Strafen zu verhindern.

Jahrzehntelang zierte das Logo des Kindls ein Weißbier-Glas. Das musste auf Anordnung der Behörden entfernt werden. Von den angekündigten Schließungen habe sie nur aus der Presse erfahren. „Wir tappen alle im Dunkeln und wissen von nichts.“ Lesen Sie hier:Mallorca ist heiß wie nie – Hitzewelle bricht alle Rekorde

Mallorca-Schließungen: Ballermann und Magaluf betroffen

Etwas schlauer sind die Gastronomen in Magaluf. Am Briten-Ballermann wurden ebenfalls vier Unternehmen mit Öffnungsverboten belegt. Darunter sind zwei Table-Dance-Läden an der berüchtigten Ausgehmeile Punta Balena. Den Keller-Läden wird unter anderem vorgeworfen, ihre Angestellten in Unterwäsche vor die Tür gestellt zu haben, um Kunden anzulocken.

Trotz mehrfacher Ermahnungen sei dieses Verhalten nicht beendet worden, heißt es. Table-Dance-Bars sind auf Mallorca häufig inoffizielle Bordelle, in denen nicht nur getanzt wird. Den Behörden missfällt besonders, dass die Bars mit Flyern geworben haben sollen, auf denen Frauen als Objekte dargestellt wurden.

Geschlossen wurde auch eine Kneipe, die Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt haben soll. Zudem muss ein Partyboot seinen Betrieb aufgeben. Als Begründung heißt es, die Veranstalter hätten sich nicht an die Lärmschutzverordung gehalten. Außerdem sollen sie nach 21.30 Uhr noch Alkohol ausgeschenkt haben, was nicht erlaubt ist. Auch interessant: Urlaub auf Mallorca: Insel will harte Benimmregeln einführen

„Das mit dem Alkohol nach 21.30 Uhr ist so eine Sache“, sagt Beatrice Ciccardini, Besitzerin des Restaurants „Zur Krone“ unweit des Ballermann 6. „Im Laden dürfen wir bis 2.30 Uhr nachts Alkohol ausschenken, wenn die Leute im Lokal sitzen. Wenn sie allerdings die Drinks mit an den Strand nehmen wollen, dann dürfen wir ihnen nur bis halb zehn Alkohol verkaufen.“

Ciccardini schätzt, dass die vier Übeltäter am Ballermann über exakt diese Regel gestolpert sind. Wobei sie vermutet, dass es sich bei den betroffenen Einrichtungen um kleine Supermärkte handelt, die sich über die Alkoholverbote hinweg gesetzt haben – und nicht um Lokale.

Party-Touristen wollen weiter nach Mallorca kommen

„Wer auch immer es ist, ich vermute stark, dass hier ein Exempel statuiert werden soll“, sagt Marc Borck vom „Steakhouse Tango“. Fraglich nur, ob diese Verbote auch in der Kernzielgruppe ankommen, den Party-Touristen. Eine kurze Umfrage am Strand ergibt da ein eindeutiges Bild: Nein.

„Was soll das groß ändern?“, fragt Jan, ein nicht mehr ganz nüchterner, junger Urlauber aus Dortmund. Die Party-Szene werde man mit so einer Maßnahme nicht abschrecken, meint er. Sein Kumpel Alex ergänzt: „Da muss man schon die großen Läden dichtmachen, also ,Megapark’ und ,Bierkönig’.“ Doch genau die halten sich derzeit haarklein an jede Verordnung. Sie werden von den Behörden genauestens beobachtet.

Viel dramatischer, finden die beiden Touristen, sei die Preisentwicklung. „Die können ein Gesetz nach dem anderen erlassen, das schreckt uns nicht ab“, sagt Jan. „Aber wenn das Bier, der Flug, das Hotel langsam unbezahlbar wird, werden wir uns Mallorca bald nicht mehr leisten können.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.