Los Angeles. Bei den Oscars schlug Will Smith Comedian Chris Rock. Nun wurde er für zehn Jahre von den Oscar-Galas ausgeschlossen.

  • Bei den 94. Oscars sorgte Schauspieler Will Smith für einen Eklat
  • Er ohrfeigte den Comedian Chris Rock, nachdem dieser einen Witz über Smiths Frau Jada Pinkett gemacht hatte
  • Der Schauspieler trat jetzt freiwillig aus der Academy aus
  • Nun schloss auch die Akademie den Schauspieler von den Galas aus

Hollywood-Star Will Smith wird nach dem Ohrfeigen-Eklat bei der diesjährigen Oscar-Gala für zehn Jahre von allen Oscar-Zeremonien ausgeschlossen. Der Schauspieler und Oscar-Preisträger wird in der Zeit auch keine andere Veranstaltung der Academy of Motion Picture Arts and Sciences besuchen dürfen, wie die Leitung der Organisation am Freitag in Los Angeles mitteilte. Sie warf Smith dabei ein „inakzeptables und schädliches Verhalten“ bei der Vergabe des Filmpreises Ende März vor.

Die 94. Oscars wurden zuvor unverhofft zu einem Abend, der in die Filmgeschichte eingehen dürfte – und das mal ausnahmsweise nicht wegen der Verleihung der goldenen Statue: Der Abend wurde von einer filmreifen Prügelszene auf offener Bühne, in die der beste männliche Darsteller Will Smith verwickelt war, überschattet.

Ohne Worte war das ungläubige Staunen und Erschrecken, das der Aufreger des Abends hervorrief: Will Smith, nominiert für das Tennis-Epos "King Richard", in dem er den Vater der Filzball-Ikonen Venus uns Serena Williams spielt, ging vor laufender Kamera auf die Bühne und schlug dem für die Kategorie "Bester Dokumentarfilm" aufgebotenen Presenter Chris Rock mit voller Wucht ins Gesicht.

Schauspieler Will Smith (r.) sorgte bei den Oscars für eine filmreife Prügelszene: Er schlug dem Comedian Chris Rock mit voller Wucht ins Gesicht.
Schauspieler Will Smith (r.) sorgte bei den Oscars für eine filmreife Prügelszene: Er schlug dem Comedian Chris Rock mit voller Wucht ins Gesicht. © Robyn Beck / AFP

Smith tritt aus der Academy aus –Disziplinarverfahren geht weiter

Am Freitag, 1. April, wurde bekannt, dass Will Smith nach dem Ohrfeigen-Vorfall bei der Oscar-Verleihung aus der Academy of Motion Pictures Arts and Sciences austritt. Er werde auch jede weitere von der Academy verhängte Strafe akzeptieren, erklärte der Schauspieler.

Sein Verhalten sei "empörend, schmerzhaft und unentschuldbar", schrieb der Oscar-Preisträger in einer Erklärung, die das Branchenblatt "Variety" veröffentlichte. Er habe das Vertrauen der Academy enttäuscht und andere Nominierte und Gewinner der Möglichkeit beraubt, zu feiern und gefeiert zu werden. "Ich bin untröstlich", heißt es weiter.

Präsident der Academy David Rubin zufolge habe Smiths Rücktritt akzeptiert. "Wir werden unser Disziplinarverfahren gegen Herrn Smith wegen Verstößen gegen die Verhaltensregeln der Academy fortsetzen, und zwar vor unserer nächsten geplanten Vorstandssitzung am 18. April."

Smith hätte ausgeschlossen werden können

Wenn Smith nicht freiwillig gegangen wäre, hätte das Verfahren ohnehin zu einer Suspendierung oder einem Ausschluss führen können. Er hätte sich einer kleinen Gruppe unrühmlicher Männer angeschlossen: Harvey Weinstein, Roman Polanski, Bill Cosby und dem Schauspieler Carmine Caridi, von denen letzterer aus der Academy ausgeschlossen wurde, weil er Details über das Auswahlverfahren enthüllt hatte, die anderen drei wegen sexuellen Missbrauchs.

Mit dem Austritt aus der Filmakademie büßt Smith nicht nur sein Stimmrecht dort ein. Die Mitgliedschaft in Hollywoods prestigeträchtiger Organisation hat auch einen weniger greifbaren Vorteil: Sie verleiht ihren Mitgliedern Glaubwürdigkeit in der Branche. Die Mitgliedschaft ist nur auf Einladung möglich und wird einmal im Jahr überprüft.

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Regina Hall, Amy Schumer und Wanda Sykes (v.l.n.r.) führten mit fiesen Spitzen und Showeinlagen durch den Abend.
Regina Hall, Amy Schumer und Wanda Sykes (v.l.n.r.) führten mit fiesen Spitzen und Showeinlagen durch den Abend. © Robyn Beck / AFP
Schauspieler Will Smith (r.) sorgte bei den Oscars für eine filmreife Prügelszene: Er schlägt dem Comedian Chris Rock mit voller Wucht ins Gesicht.
Schauspieler Will Smith (r.) sorgte bei den Oscars für eine filmreife Prügelszene: Er schlägt dem Comedian Chris Rock mit voller Wucht ins Gesicht. © Robyn Beck / AFP
Jessica Chastain hält ihren Oscar in der Hand. Die Schauspielerin bekam die Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle in dem Film
Jessica Chastain hält ihren Oscar in der Hand. Die Schauspielerin bekam die Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle in dem Film "The Eyes of Tammy Faye". © David Livingston/Getty Images
Tristan Myles, Brian Connor, Paul Lambert, Gerd Nefzer jubeln über ihren Oscar für die visuellen Effekte im Sci-Fi-Epos
Tristan Myles, Brian Connor, Paul Lambert, Gerd Nefzer jubeln über ihren Oscar für die visuellen Effekte im Sci-Fi-Epos "Dune". © Mike Coppola/Getty Images
Oscar-Preisträgerin Billie Eilish sang ihren Song
Oscar-Preisträgerin Billie Eilish sang ihren Song "No time to die" in einer Gänsehaut-Performance live. © Robyn Beck / AFP
Ihm gehörte mit der bewegendeste Moment des Abends: Troy Kotsur. Der gehörlose Schauspieler ist bester Nebendarsteller.
Ihm gehörte mit der bewegendeste Moment des Abends: Troy Kotsur. Der gehörlose Schauspieler ist bester Nebendarsteller. © VALERIE MACON / AFP
Für Will Smith war es ein besonders denkwürdiger Abend. Zuerst verpasste er Chris Rock vor der Weltöffentlichkeit eine schallende Ohrfeige - dann gewann er für
Für Will Smith war es ein besonders denkwürdiger Abend. Zuerst verpasste er Chris Rock vor der Weltöffentlichkeit eine schallende Ohrfeige - dann gewann er für "King Richard" den Oscar als bester Hauptdarsteller. © Chris Pizzello/Invision/AP/dpa
Die Ukraine-stämmige Mila Kunis erinnerte an die instabile Weltlage.
Die Ukraine-stämmige Mila Kunis erinnerte an die instabile Weltlage. © Robyn Beck / AFP
Die Sängerin H.E.R. im Backstagebereich.
Die Sängerin H.E.R. im Backstagebereich. © Al Seib/A.M.P.A.S. via Getty Images
Die gehörlose Schauspielerin Marlee Maitlin bei den Academy Awards.
Die gehörlose Schauspielerin Marlee Maitlin bei den Academy Awards. © Al Seib/A.M.P.A.S. via Getty Images
Zooey Deschanel und Jonathan Scott posieren bei der Vanity Fair Oscar-Party für die Fotografierenden.
Zooey Deschanel und Jonathan Scott posieren bei der Vanity Fair Oscar-Party für die Fotografierenden. © Frazer Harrison/Getty Images
Schauspielerin Ariana De Bose auf dem Governors Ball in Hollywood. Kurz zuvor bekam sie den Oscar als beste Nebendarstellerin in
Schauspielerin Ariana De Bose auf dem Governors Ball in Hollywood. Kurz zuvor bekam sie den Oscar als beste Nebendarstellerin in "West Side Story". © VALERIE MACON / AFP
Die Neuseeländerin Jane Campion mit ihrem Oscar für die beste Regie bei
Die Neuseeländerin Jane Campion mit ihrem Oscar für die beste Regie bei "The Power of the Dog". © Handout/A.M.P.A.S. via Getty Images
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Haarlos durch Krankheit: Jada Pinkett Smith leidet an Alopezie

Doch was war passiert? Der Comedian Chris Rock, bekannt für seine flinke Zunge, hatte eine von Smith als ehrenrührig und geschmacklos empfundene Bemerkung über die kurzen Haare von Smiths Frau Jada Pinkett Smith gemacht. Er verglich ihre Frisur mit dem kahlgeschorenen Haupt von Demi Moore's 97er Film-Charakter "G.I. Jane". Pinkett Smith verdrehte die Augen, blickte zu ihrem Ehemann. Die Schauspielerin leidet an Alopezie (kreisrunder Haarausfall). Smith, der anfangs lachte, stand auf, ging auf die Bühne und schlug zu.

Für einige Schrecksekunden war der Ton der Liveübertragung in den USA ausgeschaltet. Smith ging zurück an seinen Platz, schimpfte weiter lautstark: "Nimm den Namen meiner Frau nicht in deinen verdammten Mund." Das Publikum im Dolby Theatre von Hollywood war geschockt. Auch Rock selbst stammelte hilflos grinsend etwas von der "größten Nacht in der Geschichte des Fernsehens". Danach versuchten Schauspiel-Titan Denzel Washington und andere Smith zu beruhigen.

Trotz Ohrfeige: Will Smith nimmt Oscar entgegen

Als der 53-jährige Hollywood-Star wenige Minuten später den Hauptpreis für "King Richard" bekam, herrschte sekundenlang betretenes Schweigen im mit 2700 Leuten gefüllten Saal. Smith hatte Tränen in den Augen, als er sich für die Auszeichnung bedankte; die "echten" Venus und Serena Williams sahen zu.

Er stilisierte sich als Opfer von Zweifel, Spott und Beleidigungen und entschuldigte sich mit pathetischen Worten umständlich bei Academy und Kollegen für den Gewaltausbruch, nicht aber bei Chris Rock.

Smith versuchte nach seiner Ohrfeigen-Attacke Parallelen zur Hauptfigur seines Filmes zu ziehen. "Richard Williams war ein wilder Verteidiger seiner Familie", erklärte Smith. Die Liebe lasse einen verrückte Dinge machen.

Will Smith entschuldigte sich auf Instagram bei Chris Rock

Smith entschuldigte sich erst am nächsten Tag via Instagram nicht nur bei den Veranstaltern der Oscars, den Zuschauern und allen Beteiligten rund um den Film "King Richard", sondern diesmal auch bei Chris Rock. Der Vorfall sei ihm peinlich. "Mein Verhalten bei den gestrigen Academy Awards war inakzeptabel und unentschuldbar", schrieb Smith. "Witze auf meine Kosten sind Teil des Jobs, aber ein Witz über Jadas Gesundheitszustand war zu viel für mich zu ertragen und ich habe emotional reagiert."

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Jada Pinkett Smith äußerte sich am Dienstag (Ortszeit) auf Instagram mit einem Bild mit dem Schriftzug: "Dies ist eine Zeit der Heilung, und ich bin bereit dafür." Eine weitere Erklärung gab sie nicht ab.

Smith: Eine Aberkennung des Oscars ist unwahrscheinlich

Vor seinem digitalen Mea Culpa wusste Smith allerdings bereits, dass sein beispielloser Akt, der sich vor rund 16 Millionen Fernseh-Zuschauern in den USA ereignete hatte, ein Nachspiel haben würde. "Wir haben eine formelle Untersuchung begonnen und informieren uns über mögliche Konsequenzen nach unseren Regeln, unserem Verhaltenskodex und den kalifornischen Gesetzen", hatte die Academy-Spitze schon am Montagmorgen verkündet.

So gut wie ausgeschlossen scheint die in sozialen Medien erhobene Maximalstrafe: Entzug des Oscars. "Wir werden ihm den Oscar nicht abnehmen, aber es wird Konsequenzen geben", sagte die frühere Oscar-Preisträgerin und Academy-Verwaltungsrätin Whoopi Goldberg. In der bald 100-jährigen Geschichte der Oscars ist keinem einzigen Superstar, der mit massiven Fehlbarkeiten aufgefallen war, die prestigeträchtigste Auszeichnung der Filmbranche nachträglich aberkannt worden.

Nicht dem wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs zu über 20 Jahren Haft verurteilten Film-Produzent Harvey Weinstein. Nicht dem Regisseur Roman Polanski. Polanski bekam seinen Oscar sogar 26 Jahre nachdem er sich schuldig bekannt hatte, mit einer Dreizehnjährigen geschlafen zu haben. Woody Allen erhielt einen seiner vier Oscars, als die Missbrauchsvorwürfe seiner Adoptiv-Tochter Dylan Farrow schon lange in der Welt waren. Die Liste von "Oscarianern" unter Missbrauchsverdacht ist lang: Casey Affleck, Jared Leto, Sean Penn, Kevin Spacey…

Chris Rock sieht offenbar von einer Anzeige ab

Den heftigsten Schlag bekam Will Smith übrigens von Richard Williams persönlich ab. Der Vater der Tennis-Superstars Serena und Venus Williams, früher gewiss kein Kind von Traurigkeit, ließ mitteilen: "Wir können nicht billigen, wenn jemand jemanden schlägt, es sei denn zur Selbstverteidigung." Smith hatte den 80-Jährigen in seiner Ich-bin-das-eigentliche-Opfer-Dankesrede als "unerschütterlichen Beschützer seiner Familie" bezeichnet und sich indirekt mit ihm verglichen.

Vonseiten der Polizei drohen dem Schauspieler dagegen zunächst keine Konsequenzen. Komiker Rock habe zumindest vorerst keine Anzeige erstatten wollen, zitierte der TV-Sender CNN die Polizei in Los Angeles. (diha/san/bml/dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de