Berlin/Tutzing. Peter Maffay steht im Mittelpunkt eines neuen Talkformats auf Magenta TV. Mit 71 Jahren wagt der Rock-Musiker Neues – und überrascht.

Peter Maffay, 71, hätte auch abwarten können oder sich ausruhen – als im Frühjahr 2020 seine gesamte Deutschland-Tournee wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde. Stattdessen hat er ein neues Album produziert, hat ein neues Kinderbuch geschrieben und ist für den Streaming-Dienst Magenta TV in den Ring der Talkmaster gestiegen. Was reizt einen der erfolgreichsten deutschen Musiker daran, jetzt unter die Moderatoren zu gehen?

Peter Maffay hat die Kinder-Musical-Figur Tabaluga erfunden, 20-Nummer-1-Alben veröffentlich und 50 Millionen Tonträger verkauft. In einer zum TV-Studio umgebauten Scheune auf Gut Dietlhofen in Bayern empfängt er nun Prominente wie Thomas Gottschalk, Pur-Urgestein Hartmut Engler, Moderatorin Laura Karasek, Investor Ralf Dümmel oder No Angel Jessica Wahls.

An diesem Sonntag begrüßt er Sahra Wagenknecht und Joey Kelly. Die acht Folgen der "Peter Maffay – Begegnungen" erscheinen bis Weihnachten immer sonntags. Dabei stimmt auch Lieder seines neuen Albums an und befragt seine Gäste liebevoll und tiefgründig. Im Interview erzählt er, was ihn daran fasziniert und was die Menschen gerade besonders brauchen.

Herr Maffay, was fehlt uns gerade als Gesellschaft?

Peter Maffay: Ich glaube, uns allen fehlt eine Normalität, die wir vor der Pandemie hatten.

Vor kurzem hat das ZDF eine Wiederauflage von "Wetten dass..?" gezeigt, die Quote war überragend. Können Sie das erklären?

Maffay: Ich denke, das liegt zum einen an der Popularität der Sendung und natürlich an der Person Thomas Gottschalk. Es gibt aber auch eine Sehnsucht nach Unkompliziertheit, nach Wärme, nach etwas, dass einem vertraut ist.

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Die noch neue Giovanni Zarella-Show hat so ein Konzept, Musik, Nähe und Emotionen – Sie selbst sind in seiner letzten Show aufgetreten.

Maffay: Für mich ist Giovanni Zarella ein Mensch, der ganz viel Verbindendes mitbringt. Er hat ein großartiges Talent, über stilistische Unterschiede hinweg Musik und Menschen miteinander zu verbinden. An ihm als Deutsch-Italiener zeigt sich auch die Vielschichtigkeit unserer Einwanderergesellschaft, das lässt mich als Rumänien-Deutscher natürlich nicht kalt, er ist durch die Sendung zu einer integrativen Figur im Land geworden. Der Erfolg seiner Show zeigt aber auch, dass Erfolg über alle Grenzen hinweg machbar ist.

Warum läuft Ihre Show auf Magenta TV und nicht im Öffentlich-Rechtlichen?

Maffay: Das hat einen einfachen Grund, wir haben einmal mit Magenta TV angefangen. Deshalb wollten wir mit unserem guten Partner weitermachen. Aber ich kann mir natürlich vorstellen, dass die Sendung irgendwann auch mal bei den Öffentlich-Rechtlichen laufen kann. Ich würde die „Begegnungen“-Serie gern fortsetzen. Aber konkrete Verhandlungen gibt es nicht.

"Begegnungen" sind eigentlich etwas Selbstverständliches, täglich begegnen sich Menschen, auch in anderen Talkshows – was macht Ihre Begegnungen zu etwas Besonderem?

Maffay: Ich werde mich jetzt nicht selbst loben. Aber es gibt vielleicht einen Unterschied, ich bin kein Moderator. Ich bin kein Markus Lanz, der ist ein Profi, der weiß, wie das geht. Ich bin ein Amateur, im Grunde könnte das jeder. Aber ich habe als Musiker einen Background, der möglicherweise etwas Besonderes ist. Begegnungen erzeugen Impulse, die einen nach vorne treiben, die etwas verändern können. Die Idee war unterschiedliche Menschen zusammenzubringen und damit spannende Gespräche zu schaffen.

Wonach wählen Sie Ihre Gäste aus?

Maffay: Ich habe zum Beispiel Frank Elstner eingeladen, weil ich ihn seit Jahren kenne und ich Hochachtung vor seiner Leistung habe, ich habe auch Sigmar Gabriel eingeladen, weil er ein guter Freund ist. Andere sind im Gespräch mit meinem Team erst Wunschkandidaten geworden.

In der ersten Folge von „Peter Maffay – Begegnungen“ war Entertainer Thomas Gottschalk zu Gast. Ganz am Anfang ihrer beider Karrieren sollen sie sich nicht gemocht haben.
In der ersten Folge von „Peter Maffay – Begegnungen“ war Entertainer Thomas Gottschalk zu Gast. Ganz am Anfang ihrer beider Karrieren sollen sie sich nicht gemocht haben. © Wolfgang Köhler/Red Rooster Musikproduktion GmbH | Wolfgang Köhler/Red Rooster Musikproduktion GmbH

Ganz ehrlich, ich hätte nie gedacht, dass Sie mal moderieren. Wie ist es dazu gekommen?

Maffay: Die Serie ist nach der pandemiebedingten Unterbrechung unserer Tour entstanden. Wir wollten nicht zu Hause sitzen und Däumchen drehen. Als Radioshow fing es an, das hat mir so viel Spaß gemacht, dass wir das Konzept zum TV-Format weiterentwickelt haben.

Was reizt Sie daran?

Maffay: Als ich das erste Mal als Musiker auf der Bühne stand, wusste ich, dass es für mich nichts anderes mehr geben kann. Das war meine Lebensentscheidung. Mich fasziniert der Kontakt mit dem Publikum. Das hat sich bis heute nicht verändert, ich ticke heute noch so wie als 18-Jähriger. Ich liebe Menschen. Auch wenn manchen meine Nase nicht passt, ändert sich nichts an meiner Grundhaltung. Warum sollten wir sonst 20 Jahre lang eine Stiftung betreiben, die sich um traumatisierte Kinder kümmert? Dasselbe passiert als Moderator, da muss ich mit den Menschen, mit denen wir zu tun haben, auf Augenhöhe begegnen, sonst geht es nicht.

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Sie wollen verbinden, Brücken bauen, warum?

Maffay: Lösungen sind fast immer nur im Kompromiss zu finden. Wenn wir alle zusammenkommen und zusammenhalten, entsteht daraus Kraft. Nur so erlangen wir Homogenität. Wenn wir ein bisschen mehr von dieser Bindung hätten, einander mehr Brücken bauen, könnten wir Probleme besser lösen.

Ist uns das Verständnis füreinander abhandengekommen?

Maffay: Soweit würde ich nicht gehen, ich bin kein Pessimist. Aber wir leben in schwierigen Zeiten mit vielschichtigen Auffassungen. Die Vermittlung dieser Unterschiede über klassische Medien und Social Media passiert in Sekundenschnelle und das überfordert viele. So kommt einiges zustande, was abstrus ist. Wir leben in einer komplexeren Welt als früher und wir müssen uns anstrengen, sie besser zu verstehen.

In der Folge mit Joey Kelly und Sahra Wagenknecht erzählt Kelly über die Beziehung seiner Familie zu US-Star Bruce Springsteen. Sie haben daraufhin das Video "Born in the USA" gespielt. Was haben Sie in dem Moment gefühlt?

Maffay: Für mich ist Bruce Springsteen ein Musiker, der mich seit vielen Jahren begleitet. Ich bin in den 80er-Jahren mit meinem lieben Freund Fritz Rau das erste Mal zu einem seiner Konzerte nach London geflogen. Und sein Auftritt hat mich total beeindruckt. Ich fühle eine Seelenverwandtschaft zu Bruce Springsteen, vor allem musikalisch natürlich, aber auch als Mensch. Ähnlich geht es mir auch mit Johannes Oerding, mit ihm verbindet mich sehr viel, und ein cooler Typ ist er auch noch.

Es gab einen zauberhaften Moment, als Sie mit der Tochter von Joey Kelly Ihr Tabaluga-Lied "Ich wollte nie erwachsen sein" angestimmt haben. War das spontan?

Maffay: Es war nicht ganz improvisiert. Joey Kelly erzählte mir, dass einige in seiner Familie Tabaluga lieben und Lilly dieses Lied liebt. Dann habe ich vorgeschlagen, es zusammen zu singen. Und es war wirklich zauberhaft und pur.

Das Beiprogramm der Sendung. Radfahren mit den Gästen Sahra Wagenknecht und Joey Kelly, beide sind extrem sportlich.
Das Beiprogramm der Sendung. Radfahren mit den Gästen Sahra Wagenknecht und Joey Kelly, beide sind extrem sportlich. © Wolfgang Köhler/Red Rooster Musikproduktion GmbH | Wolfgang Köhler/Red Rooster Musikproduktion GmbH

Erst im August ist Ihr Vater gestorben. Wie schwer ist es für Sie, im Gespräch eigene Emotionen zuzulassen?

Maffay: Wenn das Thema auf meinen Vater kommt, muss ich gelegentlich um Fassung ringen. Aber es wird langsam besser. Denn alles, was meinen Vater und mich verbindet, das bleibt. Er ist für mich ein Leuchtturm. Was neu für mich ist, ist nun die Gewissheit, dass ich aus der Familie der nächste bin, der geht. Aber auf eine Art stärkt mich das auch.

Die Corona-Pandemie ist nach eineinhalb Jahren nicht eingedämmt. Kann man irgendetwas Positives aus dieser Zeit ziehen.

Maffay: Worauf wir uns alle konzentrieren können, ist gesund zu bleiben. Sich zu schützen und sich umsichtig zu verhalten. Weil ich ein positiver Mensch bin, sehe ich das Glas meistens halbvoll, auch in schweren Zeiten. Dadurch dass unser Radius kleiner geworden ist, entdecken wir wieder mehr uns selbst und unsere Familien, das sollten wir rüber retten in die Zeit nach der Pandemie. Wir werden auch diese Zeit überstehen und ich bin mir ganz sicher: Irgendwann werden wir die Pandemie beherrschen.