Berlin. Petfluencer bieten so einigen Influencern Konkurrenz in den Sozialen Medien. Aber was genau steckt hinter diesem Begriff eigentlich?

Ob auf Blogs, Instagram oder TikTok: Petfluencer erreichen mehr und mehr Nutzerinnen und Nutzer der Sozialen Medien. Von kleinen Accounts mit etwas mehr als tausend Followern, geht die Zahl der Tierliebhaber auf Instagram bis zu fast zehn Millionen. Die verstorbene Grumpy Cat ist schon lange nicht mehr das einzige beliebte Tier in den sozialen Netzwerken.

Nicht nur Menschen können als Influencer über die Sozialen Medien Follower an ihrem Leben teilhaben lassen und Produkte vermarkten. Als Petfluencer können dies auch die verschiedensten Tiere. Neben den häufigsten wie Hunden oder Katzen, gibt es auch seltenere Vertreter wie Igel, Füchse oder Insekten. Mal wird der Account aus der Sicht des Herrchens oder Frauchens mit Bildern und Texten bestückt, mal wird das Leben des Tieres aus seiner eigenen Perspektive dargestellt. Oft werden die Tiere für schöne Aufnahmen in Szene gesetzt, ihr Alltag, wie das Schlafen, Essen und Späße machen wird gefilmt und ihre Geschichten werden erzählt.

Die beiden Golden Retriever Lilly und Chicko stehen für Daniel und seinen Petfluencer-Account „goldenretriever_lilly“ häufiger vor der Kamera.
Die beiden Golden Retriever Lilly und Chicko stehen für Daniel und seinen Petfluencer-Account „goldenretriever_lilly“ häufiger vor der Kamera. © Privat

Der Mann hinter dem Petfluenceraccount „goldenretriever_lilly” beschreibt sich selbst nicht als den typischen Petfluencer. Daniel ist 46 Jahre alt und schon seit acht Jahren dabei. Der Account über seine beiden Hunde Lilly und Chicko sei ein reines Hobby. „Ich hatte nie den Anspruch damit Geld zu verdienen.“, beschreibt Daniel. Dennoch versucht er jeden Tag einen Post auf seinem Account zu veröffentlichen. Denn: „Die Follower kommen nicht von irgendwo.“, sagt Daniel.

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Sein Instagram-Account liegt mit rund 687.000 Followern weit vorne unter den deutschen Petfluencern. Manchmal sind es nicht die eigenen Golden Retriever, die den Inhalt der Posts ergeben, sondern Videos, die ihm zugeschickt worden sind. „Eine reine eigene Produktion artet schnell in einen Fulltime-Job aus.“ Und diese Zeit hätte er nicht.

Warum JiffPom der berühmteste Petfluencer ist

Einer der berühmtesten Petfluencer ist wohl JiffPom aus den USA. Der kleine Pomeranian oder auch Zwergspitz unterhält 9,5 Millionen Follower auf Instagram. Neben regelmäßigen Posts aus dem Alltag auch mal verkleidet als Spiderman, Einhorn und Löwe trat JiffPom auch schon in Musikvideos von Stars wie Katy Perry auf.

Ein weiterer berühmter Vierbeiner unter den Petfluencern ist die Füchsin Juniper. Sie teilt sich ihren Instagram-Account mit ihren weiteren, teilweise auch nicht ganz üblichen, tierischen Familienmitgliedern. Darunter zum Beispiel: Waschbär Newt oder auch Stinktier Jam. Alle sind laut der eigen geführten Website der Herrchen aus der Gefangenschaft in einer Pelztierfarm gerettet worden.

Der schon verstorbene Petfluencer Mr. Pokee: Als Igel war er einer der selteneren Tierarten auf Social Media.
Der schon verstorbene Petfluencer Mr. Pokee: Als Igel war er einer der selteneren Tierarten auf Social Media. © Mr.Pokee / Instagram

Eine etwas andere Art des Petfluencer-Daseins lebt der junge Insektenzüchter Adrian Kozakiewicz. Er stellt die tropischen Insekten auf seinen Social Media-Accounts zur Schau und begeistert dabei seine Follower mit riesigen Spinnen, Würmern oder auch Schmetterlingen. Wie JiffPom hatten auch dieser Petfleuncer bereits einen weiteren großen Auftritt abseits der Sozialen Netzwerke: in der 6. Folge von „Germany’s next Topmodel – by Heidi Klum“ im Jahr 2020.

Es geht auch ums Geschäft

Wie auch im Influencer-Business, gibt es Agenturen, die das Vermarkten außerhalb sowie den Auftritt innerhalb der Social-Media-Kanäle übernehmen. Die französische Agentur My Pet Agency zum Beispiel ist für einen der beiden Instagram-Accounts der berühmten Katze Choupette Lagerfeld verantwortlich. Einen Agenten für die sogenannten „Beeinflusser“ stellen, sehe die Agentur als eine innovative Idee. Und diese zahlt sich aus, denn die berühmten Tiere sind nicht nur bei Firmen in der Heimtierbranche gefragt, sondern auch in der Mode-, Auto- oder Filmbranche.

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Der Geschäftsführer der deutschen Petfluencer-Agentur TONY, André Karkalis, berichtet: „Primär geht es um alle Produkte rund ums Tier, aber wir haben auch diverse andere Kunden wie Staubsaugerfirmen oder Versicherungen.“ Die Agentur berät Unternehmen, vermittelt sie an Petfluencer-Accounts weiter und begleitet auch mal eine ganze Werbe-Kampagne. Die Betreuung der Social-Media Accounts übernimmt sie allerdings nicht. Dies würde nicht mehr ihrem Authentizitätsanspruch entsprechen, sagt Geschäftsführer André Karkalis.

André Karkalis ist der Geschäftsführer einer deutschen Petfluencer-Agentur.
André Karkalis ist der Geschäftsführer einer deutschen Petfluencer-Agentur. © TONY the petfluencer agency

Seine Agentur hat 2019 sogar den Deutschen Petfluencer Award ins Leben gerufen. Hier werden die erfolgreichsten Petfluencer in fünf Kategorien ausgezeichnet. Der Award sei eine symbolische Auszeichnung, beschreibt Sabrina Schreiber von TONY. „Petfluencer erstellen kreative, lustige und informative Inhalte rund um ihre Haustiere – und die Awards sind eine tolle Möglichkeit, die Mühe und das Engagement, das oft dahintersteckt, zu würdigen.“, betont die Agentur.

Petfluencing: Hobby oder Beruf?

Diesen Aufwand kennt der Petfluencer Daniel, auch wenn er seinen Account nur als Hobby betrachtet. Er ist mit seinem Petfluencer-Account „goldenretriever_lilly“ in der Datenbank einer New Yorker Agentur gelistet. „Aber meistens kommen die Leute unabhängig von einer Agentur zu mir.“, sagt Daniel. Im letzten Jahr habe er 120.000 Euro mit der Vermarktung von Produkten verdient.

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Seine Einnahmen über den Instagram-Account spende Daniel an den Tierschutz, wie er sagt. Hauptsächlich seien es Tierprodukte: Futter, Leinen, Spielzeug, etc. Aber auch eine Kampagne mit Samsung und dem Kuscheltier-Unternehmen Steiff waren dabei. Rund vier/fünf Stunden brauche er von der Ideenfindung bis zum fertigen Video für die Vermarktung eines Produktes.

Die Gefahr der Vermenschlichung der Tiere

Laut dem TONY-Gründer André Karkalis ist das Thema Petfluencing noch immer eine Nische, Haustiere hingegen seien ein großes Ding. Dies bestätigen auch die Zahlen einer Studie des Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) e.V. und des Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands (ZZF) e.V.: 2021 hielten die Deutschen rund 34,7 Millionen Haustiere. Den Unterschied zu der sicherlich populäreren und schon länger existierenden Influencer-Branche ergebe die Authentizität der Tiere, sagt der TONY-Gründer. „Auf Haustiere ist niemand neidisch und sie ziehen jeden an.“

Die Gewinner des German Petfluencer Awards 2022 mit der Jury auf der Bühne.
Die Gewinner des German Petfluencer Awards 2022 mit der Jury auf der Bühne. © 8in1 / GERMAN PETFLUENCER AWARDS 2022

Sowohl Daniel als auch André Karkalis sind sich einig, dass das Tierwohl bei der ganzen Sache im Vordergrund bleiben muss. Zu starke Verkleidung und damit Vermenschlichung sei für beide ein No-Go. „Es bleibt ein zwiegespaltenes Thema.“, sagt Daniel. „Manche übertreiben es. Der Anspruch an die Tiere ist zu groß.“

Was seitens Instagram angesichts des florierenden Business allerdings mal angepasst werden könnte, ist der Titel, den viele Petfluencer mit ihrem blauen Häkchen auf ihren Instagram-Seiten tragen. Aus „Person des öffentlichen Lebens“ müsste doch eigentlich „Tier des öffentlichen Lebens“ werden, oder?