Berlin. Knapp 1,74 Millionen deutsche Renten fließen ins Ausland. Doch wer seinen Alterssitz dorthin verlegt, muss nun mit Kürzungen rechnen.

  • Viele Rentner kehren Deutschland den Rücken
  • Allerdings drohen damit Kürzungen der Rente
  • Wie man das umgehen kann, zeigen wir hier

Das Ehepaar Inge und Peter Brielmaier hat sich schon vor Jahren einen Traum erfüllt: Seit 2005 leben die beiden für etwa die Hälfte des Jahres auf der tunesischen Mittelmeerinsel Djerba. Die Eheleute verbringen ihren Ruhestand also dort, wo andere Urlaub machen.

Durchschnittliche Jahrestemperatur 23 Grad, wenig Regen, viel Sonne, herrliche Strände. „Wir hatten schon lange eine Vorliebe für Tunesien“, erzählt der 75-jährige Peter Brielmaier.

Ruhestand im Ausland: Schönes Wetter, geringere Kosten

Neben dem Klima seien auch die geringeren Lebenshaltungskosten ein Grund gewesen, sich dort niederzulassen. „Für ein ganzes Haus zahlt man hier im Monat umgerechnet 160 Euro. Mit 1200 Euro Rente kann man also sehr gut leben“, erzählt der Ruheständler aus der Eifel.

Auf seine monatlichen Rentenbezüge aus Deutschland greift Brielmaier im Alltag über ein eigens eingerichtetes tunesisches Bankkonto zu.

Peter und Inge Brielmaier verbringen seit 2005 die Hälfte des Jahres in Tunesien.
Peter und Inge Brielmaier verbringen seit 2005 die Hälfte des Jahres in Tunesien. © Privat | Privat

Immer mehr Deutsche wandern im Ruhstand aus

Das Ruhestandsmodell des Ehepaars Brielmaier erfreut sich seit Jahren wachsender Beliebtheit in Deutschland. Nach Informationen der Deutschen Rentenversicherung hat die Zahl der ins Ausland überwiesenen Altersbezüge in den vergangenen 20 Jahren um etwa 50 Prozent zugenommen.

Rund 1,74 Millionen Renten gingen 2020 ins Ausland. Dies entspricht nahezu sieben Prozent aller Rentenzahlungen. Im Jahr 1999 waren es nur 1,16 Millionen Renten, die in andere Staaten überwiesen wurden.

Auch interessant: Kommentar zur Rente – Warum in Deutschland schon bald ein Kollaps droht

Rund 14 Prozent der Auslandsrenten werden an deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ausgezahlt, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Land haben. Den höchsten Anteil deutscher Rentenempfänger zählt Österreich. Dorthin werden mehr als 27.000 Renten überwiesen, gefolgt von der Schweiz mit 27.000 und den USA mit 23.000 Rentenzahlungen.

Außerhalb der EU drohen Rentenempfängern Nachteile

Das Gros aller Auslandsrenten – knapp 86 Prozent – geht derweil an Staatsangehörige anderer Länder, die während ihres Berufslebens in Deutschland in die Rentenversicherung eingezahlt haben und nun den Ruhestand in der alten Heimat verbringen.

Knapp drei Viertel der Auslandsrenten gehen in ein EU-Land. Der Rest fließt in Länder weltweit. Und gerade dort kann es unter Umständen zu bösen Überraschungen kommen. Genauer gesagt: zu niedrigeren Zahlungen.

Lesen Sie auch: Besteuerungen von Renten – Diese neuen Regeln soll es geben

Denn im Unterschied zu Rentnern, die dauerhaft in einem EU-Land oder in Island, Norwegen, Liechtenstein und der Schweiz leben und damit die vollen Bezüge aus Deutschland überwiesen bekommen, kann es beim Altersruhesitz in nichteuropäischen Staaten kompliziert werden. Das ist vor allem der Fall, wenn der dortige Aufenthalt länger als sechs Monate dauert. Denn dann stuft der deutsche Fiskus die deutschen Ruheständler als „beschränkt steuerpflichtig“ ein.

Was zunächst wie ein Vorteil klingt, ist in Wirklichkeit ein Nachteil, der all diejenigen trifft, die für weniger als 183 Tage im Jahr in Deutschland leben und sich für die meiste Zeit im Jahr außerhalb Europas niedergelassen haben. Für diese Gruppe können die Altersbezüge niedriger ausfallen, weil für sie der steuerliche Grundfreibetrag wegfällt, der auch für Renten gilt.

Antrag auf „unbeschränkte Steuerpflicht“ möglich

Für Singles liegt dieser Betrag im laufenden Jahr bei 9744 Euro, für 2022 steigt er auf 9984 Euro. Wenn dieser Freibetrag wegfällt, bedeutet das im Umkehrschluss, dass mehr Steuern zu entrichten sind. In der Folge fällt der überwiesene Rentenbetrag geringer aus. Auch bei Pensionen, die in bestimmte Länder gezahlt werden, greift diese Regelung.

Unter bestimmten Voraussetzungen können Ruheständlerinnen und Ruheständler mit Wohnsitz außerhalb der EU einen Antrag auf „unbeschränkte Steuerpflicht“ in Deutschland stellen. Damit profitieren sie weiterhin von den Freibeträge – etwa wenn sie nachweisen können, dass sie 90 Prozent ihres Einkommens aus Deutschland erhalten beziehungsweise nur geringe Einkünfte aus dem Ausland haben.

Immer mehr Rentner verbringen ihren Ruhestand im Ausland.
Immer mehr Rentner verbringen ihren Ruhestand im Ausland. © iStock | istock

Bei Wohnsitz innerhalb der EU drohen kaum Nachteile

Mit vielen Staaten außerhalb der EU hat Deutschland zudem Sozialversicherungsabkommen geschlossen. Sie verhindern, dass es zu Abzügen bei den deutschen Renten kommt, etwa, indem der ausländische Staat die Bezüge ebenfalls besteuert. Beachten sollten Ruheständler auch, dass es in manchen Ländern zu Schwankungen bei den Wechselkursen kommen kann. Mehr zum Thema: Rente mit 68 – Darum geht es in der Debatte

Um Steuernachteile zu vermeiden, verbringt das Ehepaar Brielmaier nur knapp die Hälfte des Jahres in der Zweitheimat. Während der restlichen Monate besucht das Paar seine Kinder, Enkel und Urenkel in Deutschland. „Wir haben dort nach wie vor einen Wohnsitz“, sagt Peter Brielmaier.

Falls es seiner Frau und ihm aber irgendwann gesundheitlich schlechter gehen sollte „und wir pflegebedürftig werden, wollen wir nicht in Tunesien bleiben. Da möchten wir dann nach Deutschland zurück“.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.