Madrid. Großprozess in Spanien: Deutschlands Rockerboss Hanebuth wird angeklagt. Der Hells Angel soll auf Mallorca Verbrechen begangen haben.

Es ist der größte Prozess gegen die Rockergruppe Hells Angels, der je in Europa stattgefunden hat. 46 Angeklagte, die meisten aus Deutschland und Spanien, müssen sich von Montag (23. Januar) an vor dem Nationalen Gerichtshof in Madrid verantworten. Dieser Gerichtshof ist für organisierte Kriminalität zuständig.

Mammutprozess wegen Drogen- und Prostitutionsgeschäften auf Mallorca

Die berüchtigten „Höllenengel“ werden beschuldigt, die Urlaubsinsel Mallorca mit illegalen Aktivitäten unsicher gemacht zu haben. Vor allem mit Drogen- und Prostitutionsgeschäften in der Touristenhochburg im „Ballermann“-Vergnügungsviertel an der Playa de Palma.

Zu den Hauptangeklagten zählt der frühere deutsche Hells-Angels-Boss Frank Hanebuth. Er ist der wohl immer noch bekannteste Rocker Deutschlands, der in seiner Heimatstadt Hannover als Rotlicht-Größe gilt.

Der heute 58-jährige Hanebuth wird von Spaniens Ermittlern als der Strippenzieher der mutmaßlich illegalen Aktivitäten auf Mallorca angesehen. Ihm werden Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche, Drohungen und illegaler Waffenbesitz vorgeworfen.

Das könnte Sie auch interessieren: Mallorca: Rätsel um mysteriöse Kreise endlich gelöst

Hells-Angels-Boss droht lange Haft

Allein für Hanebuth, der alle Vorwürfe bestreitet, fordert der Staatsanwalt 13 Jahre Haft. Drei spanische Polizisten, welche die Hells Angels vor Ermittlungen und Durchsuchungen gewarnt haben sollen, müssen mit bis zu sieben Jahren Gefängnis rechnen.

Die spanischen Ermittler jagen den Hells Angels bereits seit 2009 hinterher. Damals wurden die Sicherheitsbehörden darauf aufmerksam, dass immer mehr „Höllenengel“ auf Mallorca auftauchten. Jahrelang wurden die Rocker auf der Insel beschattet.

Vier Jahre später, am Morgen des 23. Juli 2013, schlugen die Fahnder unter dem Codenamen „Operation Casablanca“ zu: 200 Polizisten, darunter auch einige deutsche Beamte, durchsuchten zahlreiche Villen, Wohnungen und Geschäftslokale auf Mallorca.

Rocker-Boss Frank Hanebuth  konnte den Prozessbeginn in Freiheit abwarten.
Rocker-Boss Frank Hanebuth konnte den Prozessbeginn in Freiheit abwarten. © imago/localpic | imago stock&people

Jahrelange Suche nach gerichtsverwertbaren Beweisen

27 Verdächtige wurden festgenommen. Darunter auch Hanebuth, dessen großzügiges Anwesen im mallorquinischen Dorf Lloret gestürmt wurde. Mehrere Autos, Motorräder und jede Menge Dokumente sowie digitale Datenträger wurden beschlagnahmt.

Das könnte Sie auch interessieren: Erkältungswelle auf Mallorca: Gesundheitssystem vor Kollaps?

Doch die Suche nach gerichtsverwertbaren Beweisen zog sich jahrelang hin. Auch, weil die Spuren, die auf Drogengeschäfte, Menschenhandel zum Zweck der Prostitution und millionenschwere Geldwäsche hinwiesen, über den ganzen Kontinent führten – nicht nur nach Deutschland, sondern zum Beispiel auch in die Türkei, nach Bulgarien, Luxemburg oder in die Schweiz.

Hanebuth schmorte zwei Jahre in spanischer Untersuchungshaft. Dann kam er gegen Kaution und mit Meldeauflagen frei. „Wir sind Männer, wir müssen dadurch“, sagte er, als sich die Gefängnistür öffnete. Auch die meisten anderen Beschuldigten konnten den Beginn des Prozesses, der nun fast zehn Jahre nach dem spektakulären Polizei-Einsatz gegen die Hells Angels startet, in Freiheit abwarten.

Mehr zum Thema: Razzia am Ballermann – Es geht um Macht, Sex und Korruption

Viele Zeugen können sich nicht mehr erinnern

Es ist in Spanien keine Seltenheit, dass Prozesse erst mit großer Verspätung beginnen. Die Justiz leidet unter Personalmangel und gilt als sehr langsam. Das spielt den Beschuldigten in die Hände. Zum Beispiel, weil sich viele Zeugen nicht mehr erinnern können. Oder weil die Delikte mittlerweile verjährt sind.

Vielleicht geben sich Hanebuth und seine Mitangeklagten auch deswegen so optimistisch, dass sich die meisten Vorwürfe gegen sie nicht aufrechterhalten lassen. „Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen“, erklärte Hanebuth schon vor Prozessbeginn.

Er sieht sich und die Hells Angels als Opfer staatlicher Verfolgung: „Das Bild von den Hells Angels, das die Behörden den Menschen glauben machen wollen, ist nun eben mal, dass wir alle Menschen-, Drogen- und Waffenhändler sind, damit wir in der Öffentlichkeit möglichst negativ dastehen“, sagte er nach seiner Entlassung aus der U-Haft der Mallorca Zeitung.

Auch interessant: Großrazzia: Berliner Hells Angels-Gruppe verboten

Frank Hanebuth: „Einer der führenden Chefs der Hells Angels in Europa“

Im Ermittlungsbericht liest sich dies anders: Dort ist von „krimineller Multiaktivität“ die Rede. Und davon, dass Hanebuth & Co versucht haben sollen, ins Drogen- und Rotlicht-Geschäft auf Mallorca einzusteigen. Hanebuth sei im mutmaßlichen Tatzeitraum „einer der führenden Chefs der Hells Angels in Europa“ gewesen.

Weiter heißt es: Die Hells Angels hätten junge Frauen aus Osteuropa mit falschen Versprechungen nach Mallorca gelockt und sie dort zur Prostitution gezwungen. Zeugen sollen ausgesagt haben, dass die Frauen eingesperrt worden seien, wenn sie sich den Anweisungen der Bandenmitglieder widersetzt hätten – zuweilen sogar in Hundekäfigen.