Berlin. Das Infektionsschutzgesetz sieht neue Regeln zu Corona-Tests in Arztpraxen vor. Warum einige Mediziner nun mit der Schließung drohen.

  • Die Corona-Testpflicht in Arztpraxen sorgt für deutliche Kritik
  • Viele Praxen senden eine deutliche Warnung ab und drohen mit Schließung
  • Nun stellen auch die Gesundheitsminister der Länder Forderungen an den Bund

Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz sind schärfere Corona-Maßnahmen in Kraft getreten. So gilt nun am Arbeitsplatz und in Bus und Bahn die 3G-Regel. Doch auch für Arztpraxen und andere Gesundheitseinrichtungen gibt es neue Vorgaben – die jetzt für Ärger sorgen. Der Protest ist so groß, dass die Gesundheitsminister der Länder bereits zurückrudern. Sie fordern eine erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes.

Welche Corona-Regeln gelten jetzt in Arztpraxen?

Mit dessen Novelierung sind Beschäftige und Besucher von Arztpraxen oder ähnlichen Einrichtungen nämlich seit Kurzem verpflichtet, täglich einen tagesaktuellen Antigentest – oder alternativ zwei PCR-Tests pro Woche – vorzulegen. Die Regel gilt auch für Geimpfte und Genesene, Patienten sind allerdings ausgenommen.

So soll die 3G-Regel am Arbeitsplatz funktionieren

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    Geimpfte und Genesene dürfen den Antigen-Test in Eigenregie ohne Überwachung durchführen, bei Ungeimpften muss er zwingend von einer dritten dazu berechtigten Person durchgeführt werden.

    Wer übernimmt die Kosten für die Corona-Tests?

    Laut Corona-Testverordnung des Bundes können Praxen für ihre Beschäftigten nur zehn Tests pro Person abrechnen – pro Monat. Bei mehr als zehn Tests müssen die Praxen die Kosten selbst tragen. Beschäftigte haben allerdings noch die Möglichkeit des kostenlosen Bürgertests.

    Eine Kostenübernahme für PCR-Tests ist aktuell nicht möglich. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert, dass die Anzahl der kostenfreien Tests umgehend erhöht werden soll.

    Warum wird die neue Regel kritisiert?

    Die Bundesärztekammer hat die neue Test-Regel scharf kritisiert. "Es ist völlig unverständlich und medizinisch nicht nachvollziehbar, warum dreifach geimpfte Teams einer Praxis täglich getestet werden sollen", zitierte das "Handelsblatt" am Mittwoch aus einem Brief der Bundesärztekammer an den geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Zudem stünden nicht ausreichend Tests zur Verfügung, um die Regelung umzusetzen.

    "Vergangene Woche erlebten wir ein kommunikatives Desaster zur Impfstoffbestellung und jetzt diese, als bürokratische Gängelung empfundene Entscheidung“, heißt es in dem Schreiben weiter. "Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten mit ihren Teams am Limit, lassen sich von unbelehrbar Ungeimpften beschimpfen und halten – nebenbei – die Versorgung aufrecht. Was passiert, wenn diese Berufsgruppen nun aufgeben?"

    Kinder- und Hausärzte drohen mit Schließungen

    Auch Kinderärzte protestieren vehement gegen die neue Verordnung. Die Kinderärzte seien fassungslos über die medizinisch unsinnige Neuregelung im geänderten Infektionsschutzgesetz, die zur Schließung vieler Praxen führen könnte, warnte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in NRW.

    "99 Prozent unserer Patienten werden von ihren Eltern begleitet", sagte die BVKJ-Vorsitzende Nordrhein, Christiane Thiele, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Auch wenn die Eltern geimpft seien, müssten sie nun einen Test vorlegen, bevor sie Zutritt zur Kinderarztpraxis bekommen – oder dort vor Ort getestet werden. Zudem müsse das gesamte Praxispersonal täglich getestet werden. "Dabei sind die meisten geboostert" – also dreifach gegen das Coronavirus geimpft.

    "Wenn Eltern nur noch getestet in die Praxis dürfen, also täglich über 100 Personen, bedeutet dies, dass für Behandlung und Versorgung der Kinder keine Zeit mehr bleibt. Es scheint, dass die Politik gar nicht mehr versucht, Gesetze und Verordnungen, die beschlossen werden, auf die Anwendbarkeit in der Praxis zu prüfen", kritisierte der BVKJ in NRW in einer Erklärung.

    Streit um Testpflicht: Gesundheitsminister der Länder reagieren

    Das Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen reagierte bereits auf die Beschwerden der Ärzteschaft. Eine allgemeine Testpflicht für Begleitpersonen von Patienten und Patientinnen gäbe es nicht, hieß es von Seiten des Ministeriums – auch nicht für Eltern beim Kinderarzt.

    Auch die Gesamtheit der Gesundheitsminister der Bundesländer wollen auf die Forderungen aus den Praxen reagieren. Sie fordern vom Bund eine Lockerung der Testpflicht in Arztpraxen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen.

    Für geimpfte und genesene Beschäftigte sei eine Testung zwei Mal wöchentlich mittels einem vom Arbeitgeber bereitgestellten Selbsttest ausreichend, heißt es in einem einstimmigen Beschluss vom Donnerstag. Die Gesundheitsministerkonferenz forderte den Bund darin zu einer Korrektur des von SPD, Grünen und FDP vorgelegten und erst am Donnerstag beschlossenen Infektionsschutzgesetzes auf.

    (dpa/lhel)