Berlin. Thermomix brachte Vorwerk traumhafte Umsätze. Das neue Modell soll den Hype wiederbeleben. Doch zunächst sorgt es nur für Ärger.

Der neue Thermomix TM6 ist noch gar nicht auf dem Markt, da sind viele schon über ihn verärgert. Die Kult-Küchenmaschine, die dem Hersteller Vorwerk traumhafte Umsatzzahlen bescherte, wurde ohne Wissen der Kunden neu aufgelegt. Nun beschweren sich viele Thermomix-Käufer, vor allem die, die erst gerade den „alten“ Thermomix TM5 gekauft haben.

Ihr Argument: Hätte man gewusst, dass bald ein neues Modell auf den Markt kommen würde, hätte man mit dem Thermomix-Kauf noch gewartet. Außerdem fürchten viele Besitzer des TM5 jetzt einen Wertverlust ihres Geräts - und einige klagen, dass Vorwerk-Vertreter trotz gezielter Nachfragen nichts von dem neuen Modell erwähnten. Vorgestellt wurde das neue Gerät am 8. März, ab 1. April wird es ausgeliefert.

Vorwerk nicht nur für Thermomix-Einführung kritisiert

Vorwerk treffen diese Vorwürfe nicht zum ersten Mal. Auch beim Vorgängermodell TM5 - und auch bei anderen Geräten wie den Kobold-Staubsaugern - musste das Wuppertaler Unternehmen Kritik wegen seiner Modellpolitik einstecken.

Auf Anfrage unserer Redaktion teilte Vorwerk mit, verärgerten Kunden ein „Wechselangebot“ machen zu wollen – gegen Aufpreise sollen TM5-Nutzer auf den neuen TM6 umsteigen können. Wie genau diese Angebote aussehen, darauf wollte Vorwerk uns gegenüber nicht eingehen. Das kann der Thermomix TM6 im Test.

15.000 Kunden seien angeschrieben worden, die zwischen dem 20. Februar und dem 8. März diesen Jahres einen „alten“ Thermomix TM5 bestellt haben, um ihnen ein „individuelles Wechselangebot auf den Thermomix TM6“ zu machen. Die ersten dieser Angebote seien bereits am 9. März per Mail verschickt worden.

Thermomix-Kunden verärgert: Vorwerk-Angebot lässt Fragen offen

Vorwerk preist auf seiner Internetseite jetzt ein weiteres Angebot an. Unter dem Namen „TM5 Abschiedsspecial“ bewirbt das Unternehmen eine Aktion, in der man den älteren TM5 günstiger bekommt – zumindest, wenn man auch bereit ist, die Extras mitzukaufen.

Denn wer das „Abschiedsspecial“ nutzen will, muss am Ende auch 1359 Euro bezahlen – den Neupreis des TM6. Vorwerk weist bei diesem Angebot auch darauf hin: „Seit dem 08.03.2019 ist das Modell Thermomix® TM6 auf dem Markt.“

Die Maschine ist nur über Berater erhältlich – diese hätten auf Nachfrage behauptet, es würde kurzfristig kein neues Modell geben. Jetzt ist es da. Und kann sogar anbraten und karamellisieren. Wegen des vermuteten enormen Werteverlusts wird bei Facebook nun schon über die Möglichkeiten einer Musterfeststellungsklage gesprochen.

In der Facebook-Gruppe mit dem Namen „Musterfeststellungsklage Thermomix TM5 TM6“ tauschen sich einige Nutzer des Geräts über die Möglichkeiten einer Klage aus, weil sie einen Wertverlust von mindestens 700 Euro befürchten. Vor allem Kunden, die erst kürzlich das Vorgängermodell erworben haben, ärgern sich massiv.

Der neue Thermomix sorgt bei Kunden für Ärger: Sie hatten sich erst kürzlich ein Gerät zugelegt. (Symbolbild)
Der neue Thermomix sorgt bei Kunden für Ärger: Sie hatten sich erst kürzlich ein Gerät zugelegt. (Symbolbild) © imago/Marc Schüler | imago stock&people

In sozialen Netzwerken wie Facebook werfen Nutzer Vorwerk vor, auch auf gezielte Nachfrage hin keine Infos zum TM6 preisgegeben zu haben. Der Ärger dürfte für Vorwerk ungelegen kommen: Die Absatzzahlen des Thermomix-Herstellers gingen 2017 erstmals seit Erscheinen des TM5 zurück.

Ärger um Thermomix: Das rät die Verbraucherzentrale

Auf Anfrage unserer Redaktion teilte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit, derzeit keine Kapazitäten für weitere Musterfeststellungsklagen zu haben. Man werde künftig prüfen, in welchen Fällen diese Art der Sammelklage genutzt werden könnte. Zurzeit jedoch konzentriere man sich auf die Klage der durch den Dieselskandal geschädigten VW-Fahrer.

Generell gibt es aus Sicht der Verbraucherschützer allerdings keine rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit der Modellpolitik von Vorwerk. „Es gibt aus unserer Sicht keine Pflicht für Anbieter, neue Modelle vorher anzukündigen“, teilte uns die Verbraucherzentrale NRW mit.

Einziger rechtlicher Ansatz für betroffene Käufer sei eine mögliche Vertragsauflösung wegen arglistiger Täuschung, wenn sich beweisen ließe, dass ein Verkäufer wider besseres Wissen und auf konkrete Nachfrage hin das Erscheinen eines neuen Modells in naher Zukunft verschwiegen hat. Das allerdings müsse in jedem Einzelfall mit Aussagen belegt werden.

Auch in anderen sozialen Netzwerken wird seit Tagen über den Thermomix und die Modellpolitik von Vorwerk diskutiert. Viele Nutzer empören sich umfassend, einige Nutzer sind aber auch kritisch mit den Kritikern: Ob sie sich auch klagen würden, wenn sie von der Tankstelle fahren und es kurz darauf günstiger Benzin gibt, fragt einer.

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Vorwerk-Kunden beschweren sich über Thermomix TM6

Die Kunden beschweren sich darüber, dass Vorwerk schon länger von der Einführung gewusst und seine Kunden nicht informiert habe. „Das hat den Anschein von absichtlicher Irreführung“, zitiert das „Handelsblatt“ einen Nutzer.

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Eine Auswahl der Kommentare in den sozialen Netzwerken:

• „Find ich eine Frechheit ich und meine Familie haben Anfang des Jahres und Weihnachten einen gekauft und die Vertretung sagt, es gibt in den nächsten Jahren keinen neuen und jetzt so was?“

• „Das macht ihr immer sehr geschickt. Ich habe mir damals den TM31 gekauft, da hieß es auch, es kommt erst mal nix Neues nach.“

Thermomix: Vorwerk nimmt Servicemitarbeiter in Schutz

Der neue Thermomix TM6 von vorne. Ab 1. April ist der neue Küchenhelfer für 1359 Euro zu haben.
Der neue Thermomix TM6 von vorne. Ab 1. April ist der neue Küchenhelfer für 1359 Euro zu haben. © Vorwerk | Vorwerk

Auf Anfrage unserer Redaktion verteidigte das Wuppertaler Unternehmen die Art und Weise der Modelleinführung. „Generell ist bei einem Modellwechsel eine Übergangsphase nicht zu vermeiden. Auch bei einer früheren Ankündigung wären einige jener Kunden enttäuscht gewesen, die kurz vor dieser Ankündigung gekauft haben. Eine frühere Ankündigung des Produkts hätte das Thema also nur verschoben“, teilte uns Vorwerk mit.

Vorwerk betonte allerdings, dass auch der Support für den TM5 wie bisher weitergeführt werde, dass also auch für das „alte“ Modell neue Rezepte entwickelt und Software-Updates bereitgestellt werden sollen.

Auch auf Facebook hat Vorwerk auf die Kritik reagiert und seine Servicemitarbeiter in Schutz genommen. Diese seien nicht über die Einführung des TM6 informiert gewesen und hätten daher auch keine Informationen weitergeben können. „Sie haben alle ehrlich und rechtschaffen gehandelt!“, versichert Vorwerk.

Weltweit vertreibt das Unternehmen seine Produkte mit einem Heer von über 630.000 meist selbstständigen Vertretern. Damit zählt Vorwerk nach eigenen Angaben zu den führenden Unternehmen der sogenannten Direktvertriebsbranche. In Australien sorgte der Vorwerk 2018 für eine Millionenstrafe.

Es sei „Teil der Unternehmensphilosophie, dass neue Produkte [...] eine Überraschung für jedermann“ seien. Das betrifft demnach offenbar auch Verkäufer der Produkte.

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Thermomix-Preis: TM6 kostet 1359 Euro

Thermomix-Geräte von Vorwerk sind bei Kunden beliebt.
Thermomix-Geräte von Vorwerk sind bei Kunden beliebt. © imago/PanoramiC | NICOLAS GUYONNET

Käufer des „alten“ Thermomix müssen sich wohl aber auch mit einem der Wechselangebote auf eine nicht geringe zusätzliche Investition einstellen. Während der TM5 derzeit für 1199 Euro zu bekommen ist, geht der TM6 mit einem Preis von 1359 Euro auf den Markt.

Dafür bringt er mehrere neue Kochfunktionen mit:

• Anbraten

• Karamellisieren

• Fermentieren

• Sous-vide-Garen

• Slow Cooking

• Erhitzen bis auf 160 Grad

Auf dem neuen, größeren Display kann man sich unter anderem Ideen vom Rezept-Portal Cookidoo liefern lassen. Updates und Rezepte zieht sich das Wlan-fähige Gerät automatisch aus dem Netz. Auch der Prozessor soll leistungsfähiger sein als im Vorgängermodell.

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Thermomix-Umsatz war zuletzt deutlich zurückgegangen

Der neue Küchenhelfer kommt zu einer Zeit, in der Vorwerk eine neue Erfolgsgeschichte gut gebrauchen kann. Der Hype um den „alten“ Thermomix TM5 schien 2017 nach drei Jahren nämlich endgültig vorbei zu sein. Weltweit ging der Umsatz, den die Wuppertaler mit der Küchenmaschine machten, um 12,9 Prozent auf rund 1,1 Milliarden Euro zurück.

Im wichtigsten Markt Deutschland lag das Umsatzminus sogar bei 22,1 Prozent. 2015 hatte der Thermomix dem Traditionsunternehmen noch ein Umsatzplus von 49,4 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro und Rekordbilanzen beschert.

Update vom 21. Dezember 2019: Eine Kundin verklagt Thermomix-Hersteller Vorwerk wegen des TM6.