Washington. Er ist einer der Top-Experten der USA zum Coronavirus: Anthony Fauci spricht nach Rekord-Zahlen von seinem „schlimmsten Albtraum“.
- US-Immunologe Anthony Fauci äußert sich zum Rekord-Anstieg der Corona-Newinfektionen in den USA
- Der 79-Jährige hat mehrfach Aussagen von US-Präsident Donald Trump über das Coronavirus widersprochen
- Einige US-Staaten hätten die Richtlinien außer Acht gelassen
Die ständig auf neue Rekorde steigenden Zahlen der Corona-Neuinfektionen in den USA sind nach Einschätzung von US-Immunologe Anthony Fauci in vielen Regionen auf die zu frühe Wiedereröffnung einiger Bundesstaaten zurückzuführen.
„In einigen Staaten sprangen die Gouverneure und Bürgermeister im wesentlichen über die Richtlinien und Kontrollpunkte und öffneten etwas zu früh“, sagte Fauci dem Podcast „FiveThirtyEight“, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Der Top-Experte und Regierungsberater nannte Florida als Beispiel, das einige Richtlinien außer Acht gelassen habe. Die USA gäben verglichen mit anderen Staaten momentan kein gutes Bild ab.
In anderen Staaten hätte zwar die Politik die Richtlinien umgesetzt, aber vor allem junge Leute seien zu sorglos gewesen und hätten sich nicht an die Regeln gehalten: So habe sich das Virus weiter verstärkt verbreiten können.
Top-Experte Fauci: Corona-Neuinfektionen Folge von politischen Entscheidungen
Dass die USA mit momentan täglich um die 60.000 nachgewiesenen Neuinfektionen hohe Anstiege verzeichnen, führte Fauci auch auf die Zerstrittenheit der amerikanischen Politik zurück: „Ich denke, man muss davon ausgehen, dass es ohne eine solche Spaltung einen koordinierteren Ansatz geben würde“.
Einigen Politikern in den Vereinigten Staaten, allen voran Präsident Donald Trump und einigen Gouverneuren, wurde mehrfach vorgeworfen, in der Pandemie Entscheidungen unter politischen und nicht gesundheitlichen Gesichtspunkten zu treffen.
Immunologe Fauci leitet das Nationale Institut für Allergien und Infektionskrankheiten der USA seit mehr als 35 Jahren. Seit Ausbruch der Pandemie warnt er vor den Konsequenzen von unvorsichtigen Verhaltensweisen auf die Ausbreitung des Coronavirus. Der 79-Jährige hat mehrfach Aussagen von US-Präsident Donald Trump über das Coronavirus widersprochen.
Donald Trump kritisiert Fauci: „Viele Fehler gemacht“
Trump kritisierte den Mediziner am Donnerstagabend: „Fauci ist ein netter Mann, aber er hat viele Fehler gemacht“, sagte er im Interview mit einem seiner Lieblings-Fernsehmoderatoren, Sean Hannity, auf dem Sender Fox. Die Experten hätten bei vielen Dingen Fehler gemacht.
Trump drängt seit Monaten auf eine schnelle Wiedereröffnung der Wirtschaft. Eine starke Ökonomie, die in den Vereinigten Staaten noch im Februar auf Rekordkurs war, sieht er als eines der besten Argumente für seine Wiederwahl im November.
In dem Podcast-Interview ging es auch um Reisebeschränkungen. Auf die Frage, ob er das Einreiseverbot für US-Bürgerinnen und Bürger in die EU für gerechtfertigt halte, sagte Fauci, er würde nicht das Wort „gerechtfertigt“ benutzen – aber sagen, dass es verständlich sei, da die Infektionsrate in Europa deutlich unter der in den USA liege. Fauci wies außerdem darauf hin, dass in den USA weiter ein Einreiseverbot für Europäer gelte. Lesen Sie im Newsblog alle aktuellen Nachrichten zum Coronavirus
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Fauci nennt Coronavirus „schlimmsten Albtraum“
Auf einer Veranstaltung des US-Mediums „The Hill“ bezeichnete Fauci das Coronavirus wegen seiner leichten Übertragbarkeit unterdessen als „schlimmsten Albtraum“. Die Effizienz, mit der das Virus Menschen anstecke, sei „wirklich bemerkenswert“, sagte Fauci. Er riet den besonders betroffenen Bundesstaaten, geplante Lockerungen der Corona-Auflagen auf Eis zu legen.
Die USA hätten es nach der ersten Zuspitzung der Pandemie im März nie geschafft, weniger als 20.000 Neuinfektionen pro Tag zu erreichen. Trotzdem hätten südliche Bundesstaaten ihre Beschränkungen schnell gelockert, erklärte Fauci. „Das müssen wir besser machen.“ Die Lage ist vor allem in den Bundesstaaten Florida, Texas, Kalifornien und Arizona ernst.
Eine der großen Herausforderungen des Coronavirus sei es, dass es viele Infizierte gebe, die den Erreger weiter verbreiteten, selbst jedoch keine Symptome zeigten, erklärte Fauci. Der Experte ist ein Mitglied der Corona-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses. Vergangene Woche hatte er bei einer Anhörung im Kongress gewarnt, ohne entschlossenes Gegensteuern könne die Zahl der Neuinfektionen pro Tag in den USA bald auf bis zu 100.000 steigen. (dpa/moi)