Berlin. Das Instrument zum Aufspüren von Infektionsketten hat die Erwartungen noch nicht erfüllt. Es ist sogar zu Falschmeldungen gekommen.
Grün, wenn der Kontakt mit einem Infizierten nur flüchtig war – Rot, wenn sich ein Test empfiehlt: Wer die Corona-Warn-App der Bundesregierung auf seinem Handy hat, könnte in den vergangenen Wochen vermehrt Benachrichtigungen über eine Risikobegegnung bekommen haben.
Die Zunahme der Warnungen liegt zum einen an den steigenden Infektionszahlen – vor allem in Risikogebieten. Allerdings haben auch App-Nutzer in Regionen mit vergleichsweise wenigen Corona-Fällen Meldungen über Risikobegegnungen bekommen – teilweise aus ganz anderem Grund: Ein Update des Apple-Betriebssystems im September hat zu Falschmeldungen geführt.
Apple-Update führt zu Verwirrung
Der Fehler sei behoben, meldete das Entwickler-Team. Ohnehin sei nur eine geringe Zahl von Nutzern und Nutzerinnen betroffen gewesen. Trotzdem hat die unrühmliche Episode zu Verwirrung geführt. Und es passt ins Bild: Die großen Erwartungen, die in die Anwendung gesetzt wurden, haben sich bisher nicht erfüllt.
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Der Start der App im Sommer war verbunden mit der Hoffnung, die Anwendung könnte eines der zentralen Instrumente im Kampf gegen die Pandemie werden. Doch um einen entscheidenden Beitrag bei der Nachverfolgung von Kontakten leisten zu können, muss eine große Zahl von Menschen die Anwendung tatsächlich nutzen, damit ausreichend viele Begegnungen dokumentiert werden.
Corona-Warn-App: Keine konkrete Mindestzahl an Downloads bekannt
Laut Gesundheitsministerium ist keine konkrete, wissenschaftlich fundierte Mindestzahl an Downloads bekannt. Es sei auch „nicht zielführend“, eine untere Schwelle zu definieren. Doch die bislang 19,4 Millionen Menschen, die die Anwendung heruntergeladen haben, machen nur knapp 30 Prozent der Smartphone-Nutzer aus.
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Nach Ansicht von Experten ist das zu wenig, zumal manche Anwender die App auch wieder deinstalliert oder die Bluetooth-Signale abgestellt haben und so die Zahl der aktiven Benutzer niedriger ausfällt. Auch Amtsärzte schätzen die Wirksamkeit der Corona-Warn-App bei der nationalen Pandemie-Bekämpfung als eher gering ein.
Corona: Mehr als ein Drittel aller Infizierten teilt Informationen nicht mit
Dazu kommt: Nicht alle positiv getesteten Nutzer und Nutzerinnen tragen diese Information auch in die App ein. Nach einer Auswertung der Entwickler teilten 38 Prozent der positiv Getesteten ihren Infektionsstatus nicht mit anderen Anwendern. Das ist aber die Voraussetzung, dass diese gewarnt werden können.
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Dass Nutzer und Nutzerinnen ihren Infektionsstatus selbst in die App eintragen, ist Teil des dezentralen Konzepts der Anwendung. Um datenschutzrechtliche Bedenken auszuräumen, hatte man sich bei der Entwicklung für ein Konzept entschieden, bei dem Handys wechselnde, anonymisierte IDs zugewiesen werden.
Daten über Begegnungen werden nicht zentral, sondern lokal auf den Geräten erfasst. Aus diesem Grund ist auch nicht bekannt, wie viele Risikobegegnungen seit dem Start insgesamt über die App gemeldet wurden.
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Corona-Warn-App wegen hoher Entwicklungskosten unter Beschuss
Zuletzt war die Anwendung auch wegen der hohen Entwicklungskosten unter Beschuss geraten. Nach Berechnungen des fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Uwe Kamann, ehemals AfD, laufen bis Ende 2021 Gesamtkosten von 67,45 Millionen Euro auf. Kamann sprach von einem „goldenen Regen“ für die Entwickler und Betreiber von T-Systems und SAP. Trotzdem ist die App etwas billiger als gedacht: Ursprünglich hatte das Finanzministerium mit bis zu 69 Millionen Euro kalkuliert. Lesen Sie auch: Corona-Krise: Soll es die Grippe-Impfung für alle geben?
Mit der zweiten Welle der Corona-Pandemie kann sich Beobachtern zufolge zeigen, welches Potenzial die App zur Nachverfolgung von Kontakten wirklich hat. Die App werde unterschätzt, sagte etwa Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, schon 100 Tage nach dem Start der Anwendung. „Für die erste Welle kam sie zu spät, für die zweite Welle zu früh.“ Die App könne noch einen großen Beitrag leisten, weil sie in der besonders betroffenen Altersgruppe stark genutzt werde. (mit dpa)
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