Tel Aviv/Gaza. Wenige Tage vor dem Eurovision Song Contest in Israel eskaliert die Gewalt in Nahost: Palästinenser feuern Hunderte Raketen ab.

Nach dem schwersten Ausbruch militärischer Gewalt seit dem Gaza-Krieg vor fünf Jahren hat der Chef der im Gazastreifen herrschenden Hamas Bereitschaft zu einer neuen Waffenruhe mit Israel signalisiert.

Ismail Hanija teilte am Sonntagabend in einer Stellungnahme mit, eine neue Feuerpause sei möglich, wenn Israel sich einer Waffenruhe ebenfallls verpflichtet zeige.In der Stellungnahme forderte er eine Aufhebung der seit mehr als zehn Jahren dauernden israelischen Blockade des Gazastreifens, die inzwischen von Ägpyten mitgetragen wird.

Anderenfalls werde es weitere Konfrontationen geben.Der Konflikt zwischen Israel und den militanten Palästinenserorganisationen im Gazastreifen hat erneut viele Todesopfer gefordert. Mindestens vier Israelis wurden am Sonntag bei massiven Raketenangriffen aus Gaza getötet und mehr als hundert verletzt, wie israelische Medien berichteten.Bei Gegenangriffen der israelischen Armee wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza am Sonntag mindestens 16 Palästinenser getötet.

Israel: Sind nicht am Tod der schwangeren Palästinenserin schuld

Damit stieg die Zahl der seit Samstag im Gazastreifen getöteten Palästinenser auf 22; rund 150 wurden verletzt.Seit Samstag feuerten militante Palästinenser nach Angaben der israelischen Armee mehr als 650 Raketen auf israelische Ortschaften ab. Israels Luftwaffe bombardierte als Reaktion auf die Angriffe mehr als 250 Ziele in dem Küstenstreifen.

In dem Palästinensergebiet wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza seit Samstag mindestens neun Palästinenser getötet, darunter eine schwangere Frau und ihr einjähriges Kind. 80 weitere Palästinenser seien verletzt worden.

Die israelische Armee bestritt am Sonntag, für den Tod der Palästinenserin und ihres Kindes verantwortlich zu sein. Der Militärsprecher Jonathan Conricus sagte, die beiden seien von einer fehlgeleiteten Rakete der Hamas getötet worden. Diese Einschätzung basiere auf „Geheimdienstinformationen aus verschiedenen Quellen“, sagte er. „Wir sind 100 Prozent sicher, dass es nicht durch Waffen der israelischen Armee war.“

Bei den Agriffen auf Israel wurden unter anderem eine Fabrik in der Küstenstadt Aschkelon und ein Auto in Jad Mordechai direkt getroffen. In Aschkelon war zuvor ein Mann bei einem Raketenangriff auf sein Haus getötet worden. Es war nach Armeeangaben das erste Mal seit dem Gaza-Krieg 2014, dass ein israelischer Zivilist bei einem Raketenangriff ums Leben kam. Bei den Raketenangriffen auf Israel wurden seit Samstag mehr als 80 Menschen verletzt.

Militante Palästinenser sollen 450 Raketen auf Israel abgefeuert haben

Seit Samstag haben militante Palästinenser nach israelischen Militärangaben Hunderte Raketen und Mörsergranaten auf israelische Ortschaften abgefeuert. Am Sonntag dauerten die Raketenangriffe an.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu versammelte seine Minister am Sonntag zu einer Dringlichkeitssitzung. „Ich habe die Armee heute Morgen angewiesen, die massiven Angriffe auf Terrorziele im Gazastreifen fortzusetzen und die Streitkräfte am Rande des Gazastreifens mit Panzer-, Artillerie- und Infanterietruppen zu verstärken“, sagte Netanjahu. Die Hamas trage die Verantwortung für alle Angriffe aus dem Küstenstreifen und zahle bereits einen hohen Preis dafür.

Eurovision Song Contest am 18. Mai in Tel Aviv

Die Eskalation passiert nur eine Woche vor dem internationalen Gesangswettbewerb Eurovision Song Contest (ESC) in Tel Aviv. Bisher blieb Tel Aviv von der jüngsten Runde der Gewalt verschont. Militante Palästinenserorganisationen drohten jedoch nach Medienberichten mit einer Ausweitung der Angriffe auch auf die Küstenmetropole. Ägypten bemühe sich um eine Waffenruhe.

Ein Sprecher der Europäischen Rundfunkunion (EBU), Veranstalterin des ESC, sagte am Samstag: „Sicherheit steht für die EBU immer an erster Stelle.“ Man arbeite mit der israelischen Rundfunkanstalt KAN und der Armee zusammen, „um die Sicherheit all jener zu gewährleisten, die mit uns in der Veranstaltungshalle Expo Tel Aviv zusammenarbeiten und sich uns anschließen“. Man verfolge die Lage aufmerksam und die ESC-Proben gingen normal weiter, sagte Sprecher Jon Ola Sand. (dpa/moi)